Kandidateninterview – #08 – Christopher Lauer

In unserer Reihe der  Kandidateninterviews wollen wir euch die Kandidaten für den Bundesvorstand und das Bundesschiedsgericht vorstellen. Heute geht es mit Christopher Lauer weiter, der für den Posten des Vorstandsvorsitzenden im Bundesvorstand kandidiert.

Flaschenpost: Auch wenn dich schon viele kennen, stell dich bitte trotzdem noch in kurzen Fakten vor. Wer bist du, was machst du, wie alt bist du?

Christopher: Mein Name ist Christopher Lauer, ich bin 26. Im Momnt studiere ich noch an der TU Kultur und Technik, was sich natürlich durch meine Tätigkeit bei der Piratenpartei ein bisschen verzögert hat. Ich hab jetzt auch angefangen, bei einer kleinen Firma in Berlin zu arbeiten. Ansonsten bin ich seit 2009 bei der Piratenpartei. Bin also im Juni beim Bundestagswahlkampf dazu gestoßen. Und seit Mai 2010 bin ich im BuVo.

Flaschenpost: Warum bist du zu den Piraten gekommen? Gab es irgendein Auslöserthema, wie z. B. die Zensursula-Debatte?

Christopher: Ich wollte mich eigentlich immer schon politisch engagieren. Aber die anderen Parteien waren einfach für mich nicht richtig. Ich hab mir gedacht, mit den ganzen Ebenen und Formalien macht mir das nicht so richtig Spaß. 2008 war ich ein Jahr lang in China, was mich mehr politisiert hat, weil man da eigentlich schön gesehen hat, wie so eine Diktatur mit Kapitalismus funktioniert. Ich hab das alles von außen beobachtet und mir gedacht, „Ne, wenn du jetzt zurückkommst, musst du dich in irgendeiner Form engagieren!“. Ich hab diesen Anfang dieser Netzsperrendebatte noch aus China miterlebt und mir gedacht, dass das jetzt eigentlich so nicht sein kann, dass man das, was man in China hat – da gibt es ja auch Netzsperren und dieses eine Jahr musste ich mich auch damit rumschlagen – jetzt in Deutschland einführen will, fand ich ein bisschen schräg. Und so bin ich dann zu den Piraten gekommen.

Flaschenpost: Du hast jetzt schon einen politischen Interessensschwerpunkt erwähnt. Hast du noch mehr Schwerpunkte oder Akzente, die du politisch setzen willst?

Christopher: Also ich meine, wir haben ein Programm, das ich so in Ordnung finde. Ich finde gut, dass wird das in Chemnitz so weiterentwickeln konnten. Dieser Antrag auf Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe ist ein sehr interessanter Ansatz und den wir meiner Meinung nach pushen sollten. Da wir uns quasi als erste Partei damit auseinandersetzen. Man kennt das ja, heutzutage hat man nicht mehr 40 Jahre lang einen Arbeitsplatz und wir haben aber gleichzeitig auch eine sehr hohe Arbeitslosigkeit und irgendwie versuchen die anderen Parteien, dies in irgendeiner Form zu verwalten. Da finde ich es schon interessant, dass wir ein anderes Konzept entwickeln und das ein bisschen positiver wäre, wo man sagen könnte, dass die Leute sich informieren und wieder eigenverantwortlich leben kann. Ich denke, da passt dieser Beschluss auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe eigentlich ganz gut rein. Das wäre ein Schwerpunkt, der mir persönlich am Herzen läge, der entwickelt wird. Wir haben andere Sachen im Programm, also gerade bei den Internetthemen wie Netzneutralität, ist es total wichtig, dass wir da auch konkretere Positionen entwickeln.

Flaschenpost:Da kommen wir jetzt schon zu den Perspektiven. Dazu kommen wir später noch im Detail. Du hast ja schon angerissen, dass du Beistizer im BuVo bist. Was hast du denn schon innerhalb der Partei gemacht?

Christopher: Bevor ich in den BuVo gekommen bin, hab ich mich sehr stark im Berliner Wahlkampf bei der Bundestagswahl engagiert. Dem kam natürlich eine besondere Rolle insofern zu, als die gesamte Hauptstadtpresse in Berlin ist und wir daher auch ein paar Events gemacht haben, die ein bisschen Strahlkampf über die Landesgrenzen von Berlin hinaus hatten. Ich hab damals diese Bootsfahrt auf der Spree, wo wir ein Piratenschiff hatten, mit organisiert, wovon man heute noch bei Artikeln über die Piratenpartei Fotos sehen kann. Diese Aktion hat uns vielleicht 300 Euro gekostet und diese Bilder sieht man heute noch überall. Ich hab damals mich darum gekümmert, dass wir diese Bundgeschäftsstelle kriegen.

Wir haben in Berlin gesagt, dass wir eine schönere Bundesgeschäftsstelle als die, die wir zu dem damaligen Zeitpunkt hatten, brauchen. Dann gab es dieses Zukunftsministerium, „Ministerium für die Bildungs- und Wissensgesellschaft“, was ich zusammen mit Pavel entwickelt und konzipiert habe. Wir haben damals eine Woche vor der Bundestagswahl noch eine Pressekonferenz gemacht, die wieder über die Grenzen Berlins hinaus Wellen geschlagen hat und ganz viele Piraten gefragt haben, wie wir das machen konnten. Wir haben noch den Wahlkampf-Kickoff in der Bar 25 mit organisiert. Wir haben im Wahlkampf relativ viel gemacht, Aktivitäten auf Bundesebene. In Berlin hab ich zusammen mit anderen Piraten die Satzung neu geschrieben. Ich hab Liquid Feedback-Vorträge gehalten, bevor es das in vielen Landesverbänden und Bundeseben gab. Ich war also, seit ich bei den Piraten bin, relativ untriebig und habe sehr viel Lebenszeit und Arbeitskraft investiert.

Flaschenpost:Du hast auch im letzten Jahr bekanntermaßen sehr viel Zeit in den BuVo invesitert. Man hat dich, denke ich, in der Presse durchaus wahrgenommen. Kannst du nochmal kurz drauf eingehen, was im BuVo deiner Ansicht nach deine herausragenden Leistungen waren?

Christopher: Ich habe bekanntermaßen mich um die Einführung von LF eingeführt, was ein hartes Stück Arbeit war. Wir erinnern uns: Es gab einen Bundesparteitag in Bingen, wo beschlossen wurde, LF zur Meinungsfindung und -bildung unverbindlich zu nutzen. Um diese Einführung habe ich mich gekümmert, was sehr arbeitsaufwendig war, denn wir mussten uns sowohl rechtlich als auch technisch absichern, dass auch ein Betrieb sichergestellt wird. Dass war auch mit einigen Querelen an der Stelle verbunden.

Ich hab mich um die inhaltliche Vorbereitung des Bundesparteitages in Chemnitz gekümmert. Das ist auch ganz gut gelungen, wie der Parteitag dort abgelaufen ist. Ich hab auch viel Zeug gemacht: Unsere Satzung und unser Programm an den Bundeswahlleiter geschickt, weil man das einmal im Jahr tun und ihn darüber informieren muss, wer in welchem Landesverband jetzt Vorstand ist. Auch so viel Kleinkram, bürokratisches Zeug, was natürlich nicht so spektakulär ist. Und dann natürlich hab ich mit der Presse natürlich hier in Berlin die äußerst glückliche Situation, dass hier die gesamte Hauptstadtpresse hier in Berlin ist und ich über diese Position des politischen Geschäftsführers die Möglichkeit habe, dort mit Hauptstadtjournalisten ins Gespräch zu kommen. Und ich hab dort Kontakte aufgebaut, um diese in regelmäßigen Abständen zu informieren, was im Moment bei der Piratenpartei passiert. Das mündet nicht immer in einer Pressemitteilung, aber es geht im Wesentlichen einfach darum, dass die Leute, die in Redaktionen sind, darüber informiert werden, was bei den Piraten passiert, damit sie, wenn sie was schreiben, sie das auch in einen Kontext verorten können, indem das passiert.

Ich hab sicher noch mehr gemacht. Ich hab im Wiki diesen inkrementellen Tätigkeitsbericht geschrieben, in dem noch mal im Detail steht, was ich gemacht habe. Das kann man sich gerne mal angucken und, wie gesagt, auf dem Bundesparteitag wird es die Spielfilmfassung geben in epischer Breite. Was man an der Stelle aber nicht vergessen darf: Ich hab das alles nicht irgendwie alleine gemacht, sondern das waren sehr viele andere Leute, die mich unterstützt haben und ohne die ich das in vieler Hinsicht gar nicht geschafft hätte.

Flaschenpost:Das waren jetzt die positiven Seiten. Du hast, wie gehabt, sehr viel gemacht. Es gab im letzten Jahr aber auch relativ viel Kritik an dir als Person, was dein Verhalten gegenüber anderen Piraten angeht, an deiner Kommunikationsart und -weise, es gab diverse Debatten… Möchtest du dazu kurz Stellung nehmen?

Christopher: Ich habe vor dem Bundesparteitag, und ich glaube, das war auch in meiner Kandidatur klar: Es gibt den schönen Klabautercast mit Maha, der mich nochmal vor dem Bundesparteitag interviewt, zu dem ich sagte: „Kanten statt Kuscheln“. Das ist auch so an vielen Stellen geschehen. Das war nicht immer klug und nicht immer der Sache förderlich, aber ich glaube, dass es im Endeffekt doch besser war, gerade bei dieser Geschichte mit LF. Und das wird auch das sein, was mir dann beim Bundesparteitag nochmal ordentlich vor den Latz geknallt wird, dass gerade die Einführung von LF war für mich in Berlin und für die Leute, die quasi ihre Freizeit dafür geopfert haben, dieses System zu implementieren, eine ziemlich nervenaufreibende Sache. Zwar ging es darum, dass ein Bundesparteitag mit 80 % bei einer geheimen Abstimmung gesagt hat, dass LF gewollt ist.

Das heißt, es gab ein klares Mandat durch die Partei. Und in dem Moment, in dem das umgesetzt werden sollte, wurde aus allen Richtungen geschossen. Das war schon ziemlich krass. Ich hatte die Verantwortung einmal gegenüber den Leuten, die das umgesetzt haben, und einmal gegenüber der Partei, dieses Programm zum Laufen zu kriegen. Das lustige ist ja, es gibt immer ganz viele Piraten, die reden von der Basisdemokratie, sagen aber nicht, wie sie es umgesetzt haben wollen. LF ist meiner Meinung nach immer noch die beste Möglichkeit, ein direkt demokrastisches System innerhalb eine Organisation, wie auch der Piratenpartei, umzusetzen. Statt sich einfach mal auf das Experiment einzulassen, gab es eine Gruppe von lautstarken Störern, die diesen Prozess mehrfach torpediert haben, was es uns nicht einfach gemacht hat.

Ich glaube, wenn wir dort als Gruppe ein bisschen mehr Spielraum gehabt hätten und uns nicht unter diesem Dauerfeuer und diesem Stress befunden hätten, wäre das sicher auch eine angenehmere Sache für alle Leute gewesen. Ich weiß, dass das irgendwie von außen krass aussieht, wenn ich die Dinge durchziehe, wie ich sie durchziehe, aber ich hab vor dem Parteitag gesagt, ich will LF haben, wählt mich, wenn ihr es haben wollt und ich hab es dann gemacht. Ich hätte mir gegenüber es auch nicht ertragen, wenn es mir nicht gelungen wäre, LF an den Start zu kriegen. Das ist im Zuge dieser Geschichte zu einigen Streitereien und Querelen kam und ich an mancher Stelle, wie gesagt, auch ein wenig über reagiert habe, was auch kontraproduktiv war, was ich auf jeden Fall einsehe. Ich würde im Nachhinein auch nicht mehr alles so machen, wie ich es damals gemacht habe. Aber, das hab ich auch gesagt, ich mache dieses Vorstandsamt auch erst zum ersten Mal und dass da Fehler passieren werden, ist auch ganz klar.

Das Problem ist, dass auf allen Seiten immer ein bisschen sehr emotional wird. Von daher gibt es dort an der Stelle Kritik, klar. Was ich interessant finde: Während dieses gesamten Prozesses der Einführung LF habe ich nie mit irgendeinem dieser Menschen, die sich dort lautstark über Mailinglisten oder sonst irgendwas aufgeregt haben, gesprochen. Also die haben mir weder eine E-Mail geschrieben, noch haben die mich angerufen, noch haben die irgendwie versucht, mit ihren Anliegen in irgendeiner Form an mich heranzutreten. Es gibt dann viel Kritik an mir und meiner Person, was ich ganz interessant finde, denn ich würde gerne mal in der Sache streiten, was aber nicht passiert. Stattdessen geht’s dann aber über Twitter und Mailinglisten und irgendwelche andere Kanäle… Ich würde mir tatsächlich wünschen, wenn man öfter miteinander spricht. Das Problem ist halt, wenn ich eine Parteitagsbeschluss von 80 % habe, dann setz ich das um. Und ich fände es der Partei gegenüber nicht fair, wenn ich aufgrund von Schreihälsen so ein ganzes Projekt wieder abbreche.

Flaschenpost: Dieses Jahr im BuVo war sicherlich nervenaufreibend. Was hat dich bewogen, jetzt noch einmal zu kandidieren?

Christopher: Ich hab es ein Jahr lang gemacht. Ich bilde mir ein zu wissen, wo die innerparteilichen Schwierigkeiten liegen und ich bin halt einfach fest davon überzeugt, dass man jetzt mal ein bisschen diese Partei professionalisieren muss. Da schlackern jetzt vielleicht bei manchen Leuten die Ohren, aber es geht einfach darum, wie kriegen wir Strukturen hin, dass dieser ganze Verwaltungsapparat läuft und die aktiven Piraten nicht mehr davon abhält, politische Arbeit zu tun, und wie kriegen wir es hin, dass sich diese Partei nach außen hin halbwegs professionell darstellt. Das heißt jetzt nicht, dass wir auf einmal alle in Anzügen rumlaufen müssen und nur noch irgendwelche aalglatten Dinge sagen sollen.

Mit „professionell“ meine ich einfach funktionierende Strukturen, in denen man halt arbeiten kann und nicht das Fehlen von Strukturen einen vom Arbeiten abhält. Der Grund ist einfach auch der Grund, warum ich damals auch beigetreten bin. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die Politik in diesem Land die Piratenpartei braucht. Also einmal als Impulsgeber, aber auch als Sprachrohr einer weiteren Generation, die sich gerade aufgemacht hat, Politik zu betreiben. Ich finde es extrem wichtig, dass das voran getrieben wird. Ich glaube, dass ich dort im Vorstand als Vorsitzender einen Nutzen für die gesamte Partei entfalten kann. Sonst gibt es keinen anderen Grund, warum man sich so was nervenaufreibendes, wie du es selber gesagt hast, nochmal antun möchte.

Flaschenpost:Du hast es eben schon erwähnt, im Moment bist du Beisitzer und du kandidierst für den Vorstandsvorsitzenden. Warum gerade dieses Amt?

Christopher: Ich hab auch schon im letzten Jahr für den Vorstandsvorsitzenden kandidiert und hatte da ja das zweitbeste Ergebnis nach Jens Seipenbusch. Ich bin halt nach wie vor davon überzeugt, dass ich das hinkriege. Ich hab es schon mal auf Formspring beantwortet: Der Vorsitzende hat natürlich noch eine etwas andere Gestaltungsmöglichkeit, wenn er die benutzt, als ein Beisitzer, der sich nur um irgendein Ressort kümmert. Also es geht auf der einen Seite darum, die Partei nach außen irgendwie zu repräsentieren. Ich glaube, das kriege ich hin. Es geht aber auch darum, die Arbeit im Vorstand zu organisieren. Ich hab da ja schon Ideen. Ich denke, wir sollten direkt nach der Wahl zum Bundesvorstand eine Klausurtagung machen und Ziele und Strategien festlegen.
So ein Gremium entfaltet eine ganz eigene Dynamik. Deswegen bin ich davon überzeugt das machen zu wollen und machen zu können. Bin dann gespannt, was auf dem Parteitag weiter passiert.

Flaschenpost: Also du hast jetzt schon viel erzählt, was du für notwendig hältst. Wie genau willst du das erreichen? Was willst du machen, wenn du das Amt bekommst?

Christopher: Ich bekomme das ja nicht, sondern werde gewählt. Einmal ist es nötig, ganz am Anfang Teambuilding zu betreiben und tatsächlich einen Vorstand zu bekommen, der miteinander auf einer Vertrauensbasis zusammenarbeitet. Wenn das getan ist, gibt es einfach konkrete Dinge zu tun. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die IT muss konsolidiert werden, das heißt, wir werden im BuVo die Aufgaben nach Lust und Befähigung verteilen und gucken, dass dort niemand zu viel aufgehalst bekomme. Denn dass passiert ja auch leicht, dass man sich irgendwie überarbeitet oder mehr in die Hand nimmst als man tragen kann. Konkret wird es dann so aussehen, dass kleiner Aufgaben einfach abgearbeitet werden müssen. Es wird natürlich nur dann funktionieren, wenn es diesen BuVo als Gruppe gelingt, Piraten dazu motivieren, die Dinge umzusetzen, die umgesetzt werden müssen. Dieses Konzept der Beauftragung hat, denke ich, jetzt in diesem BuVo sehr gut funktioniert und ich würde mir halt wünschen, dass sich einige Piraten finden, die den nächsten BuVo auch aktiv unterstützen. Weil zu siebt oder alleine wird man das nicht hin bekommen.

Flaschenpost: Wie stellst du dir vor so viele Piraten zu motivieren, vor allem, weil einige Piraten schon verbrannt das Feld geräumt haben?

Christopher: So ein Burnout ist natürlich eine Gefahr, die man in so einer Organisation, wo alle ehrenamtlich arbeiten, immer hat. Ich habe es eben schon skizziert: In dem man die Arbeitsaufgaben relativ klein hält und das jemand neben seinem Leben irgendwie bewältigt bekommt. Ich glaube das müssen wir irgendwie hinkriegen. Ich glaube es gibt noch genug aktive Piraten, die auch einen Bundesvorstand bei seiner Arbeit unterstützen wollen und denen muss man dann nur so viel Arbeit geben, wie es noch Spaß macht. Und was natürlich klar sein muss, dass sich ein solcher Vorstand auch vor diese Leute stellt, wenn es da wieder aus irgendwelchen Ecken Kritik gibt.

Berechtigte Kritik ist natürlich immer angebracht, sie muss aber entsprechend vorgebracht werden. Ich finde es wichtig, dass die Leute, die ehrenamtlich arbeiten, dass die wenigstens wissen, dass der Vorstand für diese Leute eben einstehen. Und ich glaube, wenn man das gewährleistet, dann bekommt man auch viele motivierte Piraten dazu einen Bundesvorstand zu unterstützen.

Flaschenpost: Du möchtest also auch viele Leute mit einbeziehen, um möglichst mehr Zeit zu haben. Wie viel kannst du denn für die Piratenpartei aufwenden?

Christopher: Das schwankt zwischen 30 und 60 Stunden in der Woche, inklusive Abendveranstaltungen und Wochenenden. Mal mehr oder mal weniger. Ich habe da keinen genauen Zeitplan oder eine Shedule. Das mache ich auch schon seit zwei Jahren so und ich denke, ich werde es auch hinkriegen, das noch ein drittes Jahr durch zu ziehen.

Flaschenpost: Im Vorstand prallen auch immer mal wieder verschiedene Meinungen und Menschen aufeinander. Würdest du mit jemanden im Vorstand zusammen arbeiten, den du nicht leiden kannst?

Christopher: Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, dass der nächste Bundesvorstand es sich nicht leisten kann, sich von solchen Sachen behindern zu lassen. Ich werde mich da im Zweifelsfall stark zurück nehmen müssen um da eine konstruktive Arbeit hin bekommen zu können, was aber klar sein muss ist, dass natürlich alle versuchen müssen an einem Strang ziehen zu müssen. Ich bin aber relativ zuversichtlich, dass der nächst Bundesvorstand um einiges harmonischer wird, als der Jetzige.

Flaschenpost: Jetzt haben wir schon viel dazu gesagt, wie denn die Arbeit im Bundesvorstand aussieht und wie sie von statten gehen soll. Was wünschst du dir denn für die programmatische Weiterentwicklung der Partei?

Christopher: Ich würde mir als erstes wünschen, dass wir mit Blick auf die Bundestagswahl 2012, wo die ganzen netzpolitischen Themen aktueller sein werden, die Sachen, die wir im Grundsatzprogramm haben, konkretisieren, für ein Wahlprogramm. Ich habe das eben schon angesprochen. Bei so einer Frage der Netzneutralität, wo wir in unserem Grundsatzprogramm stehen haben, dass das Netz neutral sein soll, dann sollten wir aber auch mal einen Vorschlag machen, wie man das konkret gewährleisten kann.

Und dann geht’s eigentlich schnell in dir Wirtschaftspolitik, wo dann natürlich die Firmen sagen: Nö, wir wollen das nicht bezahlen. Da muss man die Frage stellen: Bezahl das der Staat oder wie machen wir das? Das heißt, dass wir einmal auf unser Grundsatzprogramm aufbauend ein Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2012 ausarbeiten.

Ich glaube, wir müssen uns in den Bereichen Sozialpolitik, Gesundheitspoltik, Wirtschaftspolitik langsam Kompetenzen erarbeiten, natürlich nach wie vor in der Geschwindigkeit, wie wir das selber hinkriegen. Die Sache ist nur tatsächlich die: Wenn man beim Frisör sitzt und dann sagt, dass man bei der Piratenpartei ist, dann kann man schlecht erzählen, das interessiert mich nicht, das steht nicht in unserem Programm und wird wahrscheinlich auch bald nicht drin stehen.

Das kommt nicht von heute auf morgen, aber ich wünsche mir, dass wir längerfristig tatsächlich so eine Art Vollprogramm bekommen, wo wir möglichst alle politischen Themen entsprechend der unserer Grundsätze bedienen können.

Flaschenpost: Welche Zukunft wünschst du dir für die Partei konkret?

Christopher: Ich würde mir wünschen, dass es uns gelingt irgendwie gesund zu wachsen, dass es uns gelingt Strukturen aufzubauen, die arbeitsfähig sind. Dass wir uns über die nächsten Jahre Kompetenzen aufbauen. Dass auch klar wird: Hey, dass ist nicht nur eine Spasspartei mit einem komischen Namen, sondern eine tatsächliche politische Alternative zu den etablierten Parteien. Ich wünsch mir, dass die Aktiven, die jetzt aktiv sind auch noch weiter aktiv bleiben und nicht den Burnout bekommen.

Ich würde mir wünschen, dass wir insgesamt eine Debatte führen: Was sind denn diese Wörter Transparenz, Basisdemokratie und was wir da alles sagen, was es bedeutet. Das denke ich, würde uns gut tun, wenn wir diesen Shitstorm unter Kontrolle bekommen oder vielleicht ist das auch nur ein frommer Wunsch. Aber ich würde mich tatsächlich freuen, wenn da in Zukunft die Umgangsformen ein Maß annehmen, dass man sagen kann, dass sich neue Leute nicht fürchten brauchen, da von einer kleinen Gruppe angegriffen zu werden.

Flaschenpost: Warum sollten wir dich wählen?

Christopher: Ich habe im letzten Jahr diese Partei kennen gelernt, viel auch über die Grenzen Berlins hinaus. Ich war in der Lage viele Kontakte in Berlin zu knüpfen, die der Partei nutzen können und ich glaube einfach, dass ich in der Position des Vorsitzenden mit genau dem selben Elan, den ich in den letzten zwei Jahren an den Tag gelegt habe, weiterhin arbeiten werde und auch mit der Zielstrebigkeit Dinge umsetzen werde, wie ich sie in der Vergangenheit umgesetzt habe. Und deswegen würde ich mich freuen, wenn ihr mir in Heidenheim euer Vertrauen schenken würdet und mich zum Vorsitzenden der Piratenpartei wählt.