Der kommende Bundesparteitag am 24. und 25.November in Bochum steht für die PIRATEN ganz im Zeichen der Programmarbeit und dementsprechend viele Anträge stehen schon im Antragsportal bereit. Da ein einfacher Blick ins Wiki wahrlich nicht mehr ausreicht, um sich einen Überblick zu verschaffen, bieten wir von der FLASCHENPOST Euch den Service einer handlichen Zusammenfassung der Anträge und Antragsgruppen.
HEUTE: UG Verteidigungspolitik
Beim Thema “Verteidigungspolitk” werden nur wenige Büger an die Piratenpartei denken. Dabei gibt es Piraten, die sich mit den Themen Sicherheit und Verteidigung beschäftigt. Die UG Verteidigungspolitik hat den militätischen Aspekt der Sicherheit im Fokus. Dazu reichte die AG vier Anträge zum BPT in Bochum ein. Wir sprachen mit dem Altstadtpirat über die Anträge.
Flaschenpost: Ihr fordert im PA039 öffentliche Sitzungen des Verteidigungsausschusses sowie des dazu gehörigen Untersuchungsauschusses. Welche Themen kommen im Verteidigungsausschuss denn auf den Tisch?
Altstadtpirat: Die Arbeit des Verteidigungsausschusses beschäftigt sich mit allen Belangen des Bundesministeriums der Verteidigung (BMV).
Zu den üblichen Themen in den Ausschusssitzungen gehört also die allgemeine Lage in den Einsatzgebieten, Beratungen über anstehende Beschaffungen und allgemeine Themen und Belange der Soldatinnen und Soldaten. Zudem finden Beratungen zur geopolitschen Entwicklung und die Verteidigung betreffenden Gesetze statt. Auf Basis dieser Beratungen werden ggf. Empfehlungen für Regierung und Parlament erstellt.
Themen die Menschenleben gefährden könnten oder zum Schutz personenbezogener Daten müssen verschiedene Themen vertraulich behandelt werden.
Es ist jedoch nicht verständlich, warum Beratungen über die “arbeitszeitrechtlichen
und tariflichen Regelungen für Zivilbedienstete auf Schiffen und Booten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung”, über eine “Studie über die PTBS-Dunkelziffer” (Anmerkung der Redaktion: Posttraumatische Belastungsstörung) oder den “Entwurf eines Gesetzes für einen Gerichtsstand bei besonderer Auslandsverwendung der Bundeswehr”, alles Beispiele der Tagesordnung der Sitzung vom 24.10.2012, die unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden sollen. Auf der Homepage des Verteidigungsausschusses liest sich das so:
Seine Beratungen sind oftmals von hoher Brisanz, deshalb tagt der Verteidigungsausschuss hinter verschlossenen Türen. Es geht schließlich um die Sicherheit des Landes, der Verbündeten und nicht zuletzt um die der Bundeswehrsoldaten im Einsatz. In der internationalen Sicherheitspolitik hat sich die Rolle Deutschlands und der Auftrag der Bundeswehr verändert, zumal vor dem Hintergrund des globalen Terrorismus. Eine wesentliche Aufgabe des Verteidigungsausschusses besteht in der demokratischen Kontrolle der Streitkräfte. In diesem Zusammenhang spielt er eine wichtige Rolle bei der Verabschiedung des Verteidigungsbudgets und bei der Beschaffung von Ausrüstung und Material für die Bundeswehr.
Flaschenpost: Ihr wollt mit dem PA040 erreichen, dass Bundeswehreinsätze per Volksentscheid zu legitimieren sind. Geht bis dahin im Fall eines Konfliktes nicht wertvolle Zeit verloren? Eine Volksabstimmung dauert nebst Vorbereitung viele Wochen. Ein Marschflugkörper berreicht in wenigen Minuten sein Ziel.
Altstadtpirat: Diesen zeitkritischen Fall haben wir bei unserem Antrag bedacht. Bei den schnelllebigen, geopolitischen Entwicklungen der heutigen Zeit muss das Parlament in der Lage sein, auch kurzfristig ein Mandat für einen Bundeswehreinsatz im Ausland zu erteilen.
Daher sehen wir die Möglichkeit zum Volksentscheid erst nach Erteilung des Mandates vor. Bei kurzfristigen Einsätzen, etwa Evakuierungsmissionen, die zeitnah beendet werden können, macht dieses Vorgehen einen Volksentscheid überflüssig.
Zeichnet sich jedoch eine längere Einsatzzeit ab, kann die Bevölkerung über das Quorum eines Volksbegehrens eine Volksbefragung fordern. Unter Einhaltung der Fristen kann dies ggf. dazu führen, dass die Streitkräfte bereits kurz nach Entsendung wieder in die Heimat zurückberufen werden. Auch wenn dieses Vorgehen Kosten für Entsendung und Rückholung der Truppe verursacht, ist es der beste Mittelweg. Aus den in der Frage genannten Gründen kann Regierung und Parlament mit der Entscheidung zur Entsendung in einigen Fällen nicht bis zum Abschluß einer Volksbefragung warten. Daher erfolgt dieser Schritt erst nach Mandatserteilung.
Flaschenpost: Betroffene Länder könnten statt eine Armee gegen Deutschland aufzubauen einfach und viel billiger die öffentliche Meinung hier beeinflussen, oder?
Altstadtpirat: Geschieht dies nicht bereits jetzt schon? Jedes Botschaftspersonal hat aktiv den Auftrag Entscheider in einem anderen Land zu Gunsten des eigenen Landes beeinflussen. Zudem gibt es zahlreiche GOs und NGOs die dies ebenso tun. Das nennt man allerdings Diplomatie und nicht Verteidigungspolitik. Die Beeinflussung der öffentlichen Meinung ist schwieriger, als nur die 620 Mitglieder des Bundestages.
Flaschenpost:Mit dem dritten Antrag PA041 geht Ihr das Problem Lobbyismus an.
Mitglieder des Verteidigungsausschusses dürfen für fünf Jahre nach der Beendigung ihrer Mitgliedschaft keine Tätigkeit bei Unternehmen aufnehmen, die Rüstungsverträge mit der Bundesregierung während ihrer Amtszeit abgeschlossen haben.
Flaschenpost: Wie ist das mit der “Berufsfreiheit” vereinbar? Immerhin verhindert eine solche Regelung, dass jemand, der das Geschäft, kennt seine erworbenen Kentnisse bei einem Unternehmen seiner Wahl einsetzt.
Altstadtpirat: Lobby Control und Transparency International fordern seit Jahren Karenzzeiten. Ziel ist es das “Drehtürprinzip” zu unterbinden.
Altstadtpirat: Nicht jeder Lobbyismus betrifft die Rüstungsverträge sondern oft auch Serviceleistungen, Dienstleistungen und andere Bereiche. Diese können auf verschiedenste Weg verschleiert werden. Sie müssen zum Beispiel nicht direkt über die Bundeswehr laufen. Der Antrag PA042 soll einen solchen Lobbyismus, um nicht zu sagen Bestechung, zumindest erschweren und dafür kann es unserer Meinung nach nie genug Handhabe geben.
Flaschenpost: Lasst uns nochmal genauer auf den vierten Antrag PA042 eingehen:
Alle mit nationalen und internationalen Firmen abgeschlossenen Beschaffungs-/Dienstleistungsverträge für die Bundeswehr sind offenzulegen. Dies gilt im gleichen Maße für das Ausschreibungsverfahren. Technische Details der Ausschreibung von Rüstungsgütern werden von der Offenlegung ausgeschlossen.
Wird sich diese Forderung international durchsetzen lassen? Französische, britische oder amerikanische Unternehmen könnten bei der Forderung nach Offenlegung der Verträge abwinken. Was dann?
Altstadtpirat: Es ist nicht unser Ziel die Forderung weltweit durchzusetzen. Unternehmen können dann halt keine Verträge mit der Bundesrepublik abschließen. Wer Hygienestandards als Gastronom nicht erfüllt, dessen Restaurant wird auch sanktioniert. Deutsche Unternehmen unterliegen wenn sie sich in anderen Staaten sich um öffentliche Aufträge bewerben auch deren Regeln.
Flaschenpost: Das Spektrum der Piraten wird immer umfangreicher. Die 1460 Seiten des Antragbuchs zeigt deutlich, dass wir Piraten thematisch von Jahr zu Jahr breiter aufgestellt sind. Daran habt ihr einen Anteil. Vielen Dank dafür und für die Beantwortung der Fragen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.