Dies ist ein Gastbeitrag von Thomas Ganskow.
Zum Autor: Thomas Ganskow ist seit 2012 Mitglied der Piratenpartei. Mit Wahlprüfsteinen war er erstmalig zur Landtagswahl Niedersachsen 2013 betraut und wurde aufgrund der dabei geleisteten Arbeit zum Bundeskoordinator für Wahlprüfsteine durch den damaligen Bundesvorstand Andi Popp berufen. Diese ist bis heute nicht aufgehoben worden.
Es gibt sicher viele Gründe, warum das Ergebnis der Europawahl hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Das wird hinsichtlich Beteiligung an anderer Stelle thematisiert. Ich möchte mich hier auf Inhalte konzentrieren. Und warum wir diese nicht wirklich unter das Online-Volk bringen konnten.
Und dabei gar nicht mal wirklich auf den Minimal-Konsens des Gemeinsamen Europäischen Wahlprogramms mit all seinen fehlenden Positionen (Inklusion, Queerrechte mal als das, wonach speziell gefragt wurde), dem mit der Schaffung zusätzlicher deutscher Positionen hätte entgegengewirkt werden können, eingehen. Was aber die auf dem vergangenen Bundesparteitag anwesende Basis schlicht weg nicht wollte. Schwarmintelligenz at its best.
Mein Schwerpunkt soll der Bereich sein, den ich seit über 10 Jahren in dieser Partei administrativ verantworte: Wahlprüfsteine.
Wahlprüfsteine sind die Fragen von Organisationen, die ihren Mitgliedern und der interessierten Öffentlichkeit die Positionen der Parteien näher bringen wollen. Die bekanntesten dürften wohl Wahlomat und WahlSwiper sein. Aber es gibt noch viel mehr. Insgesamt durften wir zur EU-Wahl 32 Institutionen und Organisationen [1] mit unseren Antworten versorgen. Beim Hanfverband [2] und einer Organisation für die Rechte psychisch kranker Personen [3] hat das dann tatsächlich zu einer Wahlempfehlung für uns geführt.
Das war es dann aber schon. Guckt man sich an, wie viele Anfragen andere Parteien bekommen haben, ist das herzlich wenig. Bei den Grünen sind bis 29.04. 175 Anfragen eingegangen [4], bei der Partei Die Linke waren es immer noch 129 [5]. Diese beiden Parteien habe ich mal herausgegriffen, weil sie in diversen Kommunen durchaus Gruppenpartner sind und somit auch inhaltliche Nähe dokumentiert ist.
Doch wie sollen diese – und insbesondere die Unterschiede – tatsächlich vermittelt werden, wenn die Organisationen, die Fragen stellen, diese gar nicht an uns richten? Hier wäre es schon weit im Vorfeld die Aufgabe der Politischen Geschäftsführung unserer Partei gewesen, bei den potentiell Fragenden darauf hinzuweisen, dass auch wir Dinge zu sagen haben. Dass das nicht passiert ist, dass es teilweise sogar zu Verzögerungen in der Bearbeitung aufgrund fehlender Weiterleitung von der Bundesebene an mich kam, die nur noch wenige Bearbeitungszeit zuließ, ist einer der meiner Meinung nach wichtigsten Punkte, warum wir mit unseren Inhalten nicht durchdringen.
Natürlich kann man keine Organisation zwingen, uns tatsächlich zu berücksichtigen. Aber man sollte es mindestens versucht haben. Das ist auch für den anstehenden Bundestagswahlkampf notwendig. Und zumindest dort, wo davon auszugehen ist, dass unsere Inhalte weitestgehend deckungsgleich mit den Forderungen der Fragesteller sind.
Und einen weiteren Punkt kann ich mir in diesem Zusammenhang nicht verkneifen. Während beispielsweise Die Linke ihre Antworten auf der Webseite zur EU-Wahl veröffentlicht und so auch leicht zugänglich für die Besucher der Seite macht, schaffen wir es gerade mal, eine Veröffentlichung im Wiki vorzunehmen. Wo niemand sie findet. Und das, obwohl es tatsächlich auch bei uns eine Seite gab, die sich ausschließlich mit der EU-Wahl beschäftigt hat. Ein großes Manko und nicht gerade eine Wertschätzung all derer, die sich mit der Beantwortung der Fragen beschäftigt haben.
Was auch noch zur Verbreitung unserer wenigen Antworten geführt hätte, wäre eine Verteilung über die Bundesaccounts der Sozialen Medien gewesen. Dass dies lediglich im Fall des Hanfverbandes aufgrund dessen Wahlempfehlung erfolgt ist, ist eigentlich symptomatisch für die Arbeit derer, die diese Medien bespielen sollen. Gerade hier muss sich in einer immer mehr in den digitalen Raum verlagernden Wahlwelt einiges tun, damit wir dem erstaunlicherweise immer noch existenten Ruf als Partei des Digitalen Wandels auch nur ansatzweise nachkommen.
Bald stehen Vorstandswahlen auf Bundesebene an. Dann gilt es, eine Politische Geschäftsführung zu wählen, die die genannten Aufgaben erfüllt. Ansonsten wird das Ergebnis absehbar noch geringer sein. Allein schon, weil vielfach die Mentalität bei den Fragestellenden existiert, dass man ohnehin nur die Parteien fragt, die schon im Bundestag vertreten sind. Das ist die Erkenntnis aus den vergangenen Bundestagswahlen. Waren es 2013 noch 283 Anfragen [6], die wir erhalten haben, sind 2017 gerade einmal 44 davon eingegangen [7] und 2021 sogar nur 17 [8].
Nichts desto trotz können diese Anfragen die Grundlage dafür sein, wo überall um eine Berücksichtigung gebeten werden kann. Die Information ist da, sie muss nur genutzt werden.
[1] https://wiki.piratenpartei.de/Wahlen/Europa/2024#Wahlpr.C3.BCfsteine
[2] https://hanfverband.de/wahlanalyse-zur-europawahl-am-9-6-2024
[3] https://www.zwangspsychiatrie.de/2024/06/keine-aussicht-auf-eine-menschenrechte-konforme-psychiatrie/
[4] https://www.gruene.de/artikel/willkommen-auf-unserer-wahlpruefstein-seite
[5] https://wahlpruefsteine.die-linke.de/ep2024/
[6] https://wiki.piratenpartei.de/SG_Wahlpr%C3%BCfsteine/%C3%9Cbersicht
[7] https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2017/WPSBund
[8] https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2021/Wahlpruefsteine
Aber im Wahlomat wurden Piraten doch bei vielen weit oben angezeigt, kann also nicht nur daran liegen da muss es noch viele weitere Gründe geben.
Vielleicht weil es bis auf Patrick Breyer selbst keine bekannten Persönlichkeiten gibt die gezielt aufgebaut wurden ? Fällt mir ja schwer eine Partei zu wählen wo man Gesichter und Personen nicht kennt.
Richtig, es gibt mehrere Gründe. So manche finden sich auch unter https://die-flaschenpost.de/2024/06/12/acht-aussagen-zur-europawahl-aus-der-partei-oder-wie-man-sich-irren-kann/ Darauf wurde indirekt verwiesen.
Wer die Kandidierenden nicht kannte und sich daher trotz Wahlomat – der sollte nie die einzige Entscheidungshilfe sein – gegen die Wahl der PIRATEN entschieden hat, hätte eigentlich nur auf die Plakate gucken müssen, denn da waren die TOP 3 und manchmal auch ein lokaler Kandidat abgebildet. Zu den Namen ließ sich dann einiges im Netz finden.
Nun weiß ich auch, dass aufgrund verschiedenster Umstände nicht überall Plakate sichtbar waren. In solchen Fällen hilft dann ein Blick auf die Webseite der Piratenpartei, wo sich ebenfalls diverses an Informationen zu finden lässt.
Und für 95% aller Wähler:innen dürfte es ohnehin nahezu unmöglich sein, jemanden auf der Liste persönlich kennenzulernen oder auch nur zu treffen. Und in TV-Sendungen, wo die stets selben Köpfe auftauchen, werden wir ja so gut wie gar nicht eingeladen.
Früher wart ihr radikal, Systemkritisch für LQFB Basisdemokratie, Gegen Lobbyismus, Regierungskritisch. War ne geile Zeit. Heute zu konform hyper korrekt aber ohne jeden Biss, kein kritisches Wort an Ampel mehr.
Früher wart ihr unsere Helden, ihr wart die Basisdemokratische Alternative zum System. Jetzt seid ihr wie das System. Wer soll euch wählen wenn ihr nicht anders seid als all die anderen nur in Mini klein mit Internetanschluss ?
Liebe Leute, da müsst ihr euch endlich mal wieder mehr getrauen alles in Frage zu stellen und Echte Demokratie als radikale Alternative voran zu bringen. Ja auch mehr Mitglieder bekommen und zum Mitmachen begeistern, dazu braucht es aber wieder größere Visionen die über das kleinklein der Tagespolitik weit hinaus gehen. Also Ideen für eine neue Form von Demokratie und das radikal und offensiv vermarkten.