Vor kurzem Woche erschien der „Gleichwertigkeitsbericht 2024 der Bundesregierung“ – ich habe ihn mir durchgelesen und fasse für euch kurz zusammen, worum es wo geht.
Im ersten Moment muss ich sagen: Nicht schlecht. Sehr spät, etwas zu viel Eigenlob und nichtwörtlich „wollen, sollen, dürfen“, aber ja, ein guter Ansatz.
Zur Sache:
In Kapitel eins befasst er sich mit den regionalen Unterschieden in Deutschland und dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse für alle zu schaffen.
Die Bundesrepublik, so wird festgestellt, ist – nein, wirklich! – laut Bericht ein vielschichtiges Land, in dem jede Region ihre eigenen Stärken und Herausforderungen hat. Diese Unterschiede betreffen Wirtschaft, Beschäftigung, die Einkommenssituation und die Lebensbedingungen. Die Bundesregierung ist – entgegen der dort zu findenden, typisch beschönigenden Aussage – nicht nur gewillt, sondern durch das Grundgesetz verpflichtet, dafür zu sorgen, dass alle Bürgerinnen und Bürger gute Lebensbedingungen haben – unabhängig davon, wo sie leben. Verpflichtet, nicht nur gewillt.
Dem Bund kommt daher bei der Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse eine wichtige Rolle zu – dies liegt vor allem daran, dass viele staatliche Leistungen wie Sicherheit, Bildung und Gesundheit in der Verantwortung der Länder und Kommunen liegen. Der Bericht betrachtet also den wirtschaftlichen Zusammenhalt, den sozialen Zusammenhalt, den Zugang zu Infrastruktur und den Umweltschutz. Diese Faktoren werden auf der Ebene der 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland analysiert – das ist schon mal sinnvoll, man hätte ja auch aus den Zusammenfassungen der Länder Schlüsse ziehen können, um zu einem gewünschten Ergebnis zu kommen.
Eine Besonderheit des Berichts ist die Kombination aus objektivierten Daten und subjektiven Einschätzungen der Bürgerinnen und Bürger – nice! Zum ersten Mal wurden Umfragen in allen Regionen durchgeführt, um die Meinungen der Menschen zu erfassen. Zusätzlich wurden sogenannte Fokusgruppendiskussionen (das sind moderierte und fokussierte Diskussionen einer Gruppe von Personen mit gegenseitigen Austausch und Konfrontation mit anderen Wahrnehmungen, Meinungen und Ideen anderer Diskussionsteilnehmer) durchgeführt, um einen tieferen Einblick in die Erfahrungen und Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu gewinnen. Diese umfassende Betrachtung soll helfen, die Maßnahmen zur Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse besser auf die Bedürfnisse der Bevölkerung abzustimmen.
Gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland – Stand und Entwicklung auf regionaler Ebene
Wie sich die Lebensverhältnisse in den verschiedenen Regionen Deutschlands entwickelt haben, wird im zweiten Teil des Berichts untersucht. Dazu wurde ein umfangreiches Set von Indikatoren verwendet, um Daten zu Wirtschaft, Gesellschaft, Infrastruktur und Umwelt zu analysieren. Diese Indikatoren stammen aus verschiedenen öffentlichen Datenbanken und wurden sorgfältig ausgewählt, um die Unterschiede und Entwicklungen zwischen den Regionen zu bewerten. Ziel war es herauszufinden, wie sich die Lebensbedingungen in den Regionen unterscheiden und wo Handlungsbedarf besteht.
Die Analyse zeigt, dass sich die Unterschiede in vielen Bereichen verringert haben, in anderen aber bestehen blieben oder sich sogar vergrößert haben. So hat sich beispielsweise die wirtschaftliche Lage in einigen Regionen verbessert, in anderen verschlechtert.
Die Ergebnissen der Bevölkerungsbefragung, kombiniert mit den objektiven Daten, ergeben ein relativ umfassendes Bild der regionalen Lebensbedingungen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu beitragen, Maßnahmen zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der einzelnen Regionen zugeschnitten sind. Man beachte hier das „sollen“.
Gleichwertige Lebensverhältnisse aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger
Das dritte Kapitel des Berichts zeigt auf, wie die Menschen in Deutschland ihre Lebensverhältnisse einschätzen. Löblich: In einer umfassenden Bürgerbefragung wurden die Menschen in allen Regionen nach ihrer Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen wie Wirtschaft, Soziales, Infrastruktur und Umweltbedingungen befragt. Und ja, ihr werdet überrascht sein, aber folgendes hat sich ergeben:
Die Ergebnisse zeigen, dass die Zufriedenheit je nach Region stark variiert. Menschen in wirtschaftlich starken Regionen sind oft zufriedener mit ihren Lebensbedingungen als Menschen in wirtschaftlich schwächeren Regionen. Insbesondere die wirtschaftliche Lage, die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und die Qualität der Infrastruktur werden in stärkeren Regionen besser bewertet. In ländlichen Gebieten wird die Erreichbarkeit von Dienstleistungen wie Bildung und medizinische Versorgung oft als unzureichend empfunden.
Gut zu wissen, dass das, was sich jeder denken kann, jetzt auch mit Zahlen belegt ist.
Die Umfrageergebnisse zeigen auch, dass der soziale Zusammenhalt und das Sicherheitsgefühl je nach Region unterschiedlich stark ausgeprägt sind. In städtischen Regionen fühlen sich die Menschen oft sicherer und bewerten den sozialen Zusammenhalt positiver als in ländlichen Regionen. Auch die Verfügbarkeit von Freizeitangeboten und öffentlichen Verkehrsmitteln wird in städtischen Gebieten besser bewertet. Das überrascht mich, ich habe sowohl am Land (in einer Dorfgemeinschaft, nicht einem Neubaugebiet) als auch in der Stadt gelebt und umgekehrte Erfahrungen.
Zusätzlich zu den Befragungen wurden Fokusgruppendiskussionen durchgeführt, um einen tieferen Einblick in die Erfahrungen und Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu erhalten. Die Ergebnisse können der Regierung helfen, ihre Maßnahmen besser auf die Bedürfnisse der Bevölkerung abzustimmen und die Lebensbedingungen in den Regionen gezielt zu verbessern – wenn sie denn beachtet werden und nicht parteipolitischen Kindergartenspielchen zum Opfer fallen.
Zusammenfassende Analyse der Lebensbedingungen
Das vierte Kapitel fasst die Ergebnisse der Datenanalyse und der Befragungen zusammen. Es zeigt sich, dass es in Deutschland elf regionale Cluster gibt, die sich in ihren Lebensverhältnissen ähneln. Diese Cluster helfen der Politik, gezielte Maßnahmen zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der einzelnen Regionen zugeschnitten sind.
Die Analyse zeigt auch, dass sich die Unterschiede zwischen den Regionen in vielen Bereichen verringert haben. Dies gilt insbesondere für die wirtschaftlichen Indikatoren, bei denen eine Annäherung der Regionen zu beobachten ist. Es gibt jedoch auch Bereiche, in denen die Unterschiede fortbestehen oder sogar noch größer geworden sind, z.B. bei der Verfügbarkeit von Infrastruktur und der Umweltqualität.
Ein wichtiger Teil der Analyse ist die Kombination von objektiven Daten mit den subjektiven Einschätzungen der Bürgerinnen und Bürger. So entsteht ein umfassendes Bild der Lebensbedingungen und ein besseres Verständnis für den Handlungsbedarf in den verschiedenen Regionen.
Maßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland
Die Bundesregierung hat laut dem Bericht verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Lebensverhältnisse in allen Regionen zu verbessern – ich habe das nicht nachgeprüft, wird aber schon stimmen. Ein zentraler Baustein ist das gesamtdeutsche Fördersystem für strukturschwache Regionen (GFS), das Investitionen in Infrastruktur und Unternehmen fördert. Dessen Ziel ist es, die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Regionen zu verringern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Hoffen wir mal, das hier nicht wieder die o.g. Parteipolitischen Kindegartenspielchen zum tragen kommen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist der soziale Zusammenhalt und die gesellschaftliche Teilhabe. Dazu gehören Maßnahmen zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements und des Ehrenamts, wie zum Beispiel die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Diese Stiftung fördert Projekte zur Förederung von Engagement in strukturschwachen und ländlichen Regionen – solange sie, so schätze ich, nicht irgendwie politisch aktiv werden. Primat der Politik, kennen wir ja.
Und dann noch das mit dem Murmeltier
Die Bundesregierung will sicherstellen, dass alle Regionen Zugang zu schnellem Internet haben, um die digitale Teilhabe und die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Verschiedene Förderprogramme unterstützen den Ausbau von Breitband- und Mobilfunknetzen.
Ernsthaft, das hören wir dauernd – nur tut sich nichts.
Auch der Klimaschutz spielt eine wichtige Rolle (no shit!). Die Bundesregierung hat Programme aufgelegt, um die ökologischen Rahmenbedingungen zu verbessern und die Regionen an den Klimawandel anzupassen. Dazu gehören Maßnahmen wie das Bundesklimaanpassungsgesetz und das Nationale Hochwasserschutzprogramm.
Mein Fazit
Ansehen, durchlesen. Viele interessante Details auf die ich hier nicht eingehen wollte. Viele gute Abbildungen die teilweise hervorragend Daten visualisieren – hätte insgesamt schlechter ausgehen können. Wollen wir hoffen das hier nicht – wie beim Armutsbericht – „von oben“ Sätze schöngefärbt wurden. Unsere Steuern mal bei sinnvoller Arbeit.
Redaktionsmitglied Sperling
Redakteur seit 2011, Kernteam der Redaktion seit 2013. De facto "Leitung" ab 2016, irgendwann auch offiziell Chefredakteur - bis 2023. Schreibt und Podcastet nur wenn ihm die Laune danach steht, zahlt aktuell die Infrastruktur der Flaschenpost, muss aber zum Glück nicht haften 🙂