Gast-Rezension von Martin Kollien-Glaser, Themenbeauftragter “Umwelt” der Piratenpartei Deutschland.
“Was Sie schon immer übers Klima wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten” von Axel Bojanowski, Westend Verlag
Axel Bojanowski, von der BILD als Klimaexperte tituliert, bei der WELT als Chefreporter Wissenschaft angestellt, äußert sich häufig zu Klimathemen. Er äußerte, dass der Klimawandel menschengemacht sei und riskante Folgen zeige. Es sei deswegen richtig, “das Experiment mit dem Klima am liebsten schnell stoppen zu wollen“.
Eine Formulierung, mit der ich als Themenbeauftragter für Umwelt- & Klimafragen der Piratenpartei Deutschland voll und ganz konform gehen kann. Aber, dann hören die Gemeinsamkeiten leider schon auf, denn auch bei Bojanowski folgt dieser Aussage ein großes ABER.
Der Klima”experte” hat zum Abschluss seines Geologiestudium über Klimaforschung diplomiert, wohlgemerkt über die Forschung darüber, nicht über das Klima selbst.
Wissenschaft, so habe ich während meines Studiums zum Dipl.-Ing. Umweltschutz gelernt, stellt Erklärungsansätze und Thesen auf, diskutiert diese und setzt sich im Kollektiv inhaltlich mit diesen auseinander, um sie zu widerlegen oder zu verfeinern. Wissenschaft versucht, aus der gegenwärtigen Situation diese zu erklären, den Umgang damit zu entwickeln und mögliche Wege aufzuzeigen.
Getreu dem Motto “hinterher ist Mensch immer schlauer” lässt sich die Situation mit zeitlichem Abstand und dazu gewonnenem Wissen meist besser erklären. Bei der Bewertung der zuvor getroffenen Entscheidungen sollte Mensch sich aber auch klar über diesen Wissensvorsprung sein. Diese Klarheit (auch die über die eigene Unvollkommenheit) lässt Bojanowski allerdings allzu oft vermissen.
So hat der Autor etwa 2019 im Cicero zur “Warnung von 11.000 Wissenschaftlern vor einem Klimanotstand” Stellung genommen und diese Warnung als problematisch bezeichnet. Er tituliert den Aufsatz als mangelhaft, zweifelt die Qualifikation der Unterzeichner an und unterstellt Kompetenzübertretung.
Zu oft kam mir nicht nur hier beim Lesen jener Witz über “1 Geisterfahrer? Hunderte, Tausende, Elftausend!!” in den Sinn.
In seinem Buch “Was Sie schon immer übers Klima wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten” schreibt er, wie er auf LinkedIn formuliert “53 Kurzgeschichten darüber, wie und warum das Ganze so eskalieren konnte”. Der Untertitel “Der Klimawandel zwischen Lobbygruppen und Wissenschaft” verspricht uns hier fast noch eine piratige, Transparenz schaffende Herangehensweise an das Thema.
Die “53 Kurzgeschichten” mit reißerischen Überschriften wie
- 4 “Umweltschutz als Statuskampf: Alte Reiche gegen neue Reiche”
- 12 “Medien als Adjutanten: Wie die Atomlobby die Klimakatastrophe in Deutschland populär gemacht hat”
- 16 “CO²-Woodstock: Die NGO-Industrie entdeckt das Klima”
- 19 “Frankenstein-Syndrom: Wissenschaft, zum Liefern verdammt”
- 34 “Nicht neutrale Boten: Klimaschützer verhindern Klimaschutz”
- 41 “Konsens-Behauptung: Die Mär von den 97 Prozent, die sich einig sind”
- 53 “Verfassungsgericht: Fragliche Klimathesen als Corpus Delicti”
betrachten die jeweiligen Themen leider sehr einseitig. Dass es in der Wissenschaft ähnlich zerstritten zugeht wie in der Piratenpartei, mag ich ja noch glauben. Dass Differenzen in der Sache zu häufig nicht inhaltlich, sondern durch persönliche Angriffe und Diffamierungen “geklärt werden” leben wir PIRATEN leider ebenfalls vor und ist vermutlich bei vielen Themen der verführerisch einfachere Weg.
Dass es bei solchen Auseinandersetzungen dann meist auch Verlierer gibt, die dann auch oft komplett abgeschrieben werden, kennen wir leider auch innerparteilich. Von diesen scheint das Buch als roter Faden zu handeln. Und von den bösen Mainstream-Wissenschaftlern, die diese armen Seelen gequält und diffamiert haben.
Mit diesen “Mainstream-Wissenschaftlern” legt er sich selbst auch heute an, legt es darauf an, sich als Klimaskeptiker bezeichnen zu lassen und seine Meinungen und Thesen ohne Gehör verhallen zu lassen.
Einer seiner “Gegner” Prof. Stefan Rahmstorf hat sich in seinem Vortrag bei der re:publica 2023 in Berlin “Die Klimadebatte – Zwischen Wissenschaft, Querdenkern & Populisten” direkt auf ihn bezogen, Bojanowski bezeichnet ihn als “der für seine nicht selten extravaganten Thesen bekannte Klimaforscher Stefan @Rahmstorf” und bringt selbst in diesem aktuellen Tweet noch Werbung zu seinem Buch unter.
“Was sie schon immer übers Klima wissen wollten … ” wird auch in diesem Buch nicht beantwortet, geschweige thematisiert, sondern letztlich nur die Geschichten derer, deren Deutungsversuche unterlagen und von der Mehrheit der Wissenschaft nicht weiter verfolgt wurden.
“Was sie schon immer übers Klima wissen wollten …” scheint vor allem Munition zu liefern, für all jene, die als Skeptiker und Leugner in diesem Thema unterwegs sind, teilweise erinnert es an jene “Skandale”, die rund um die Veröffentlichung der RKI-Files unterstellt wurden.
Ich habe mich entschieden keine Auszüge aus dem Buch zu kopieren, denn für dieses Buch will und kann ich keine Werbung machen. Ich will viel mehr jenen, die mit dem Gedanken spielen, dies zu kaufen, noch den ein oder anderen Netzfund über bzw. von dem Springer – Chefreporter mitgeben:
aktuelle Veröffentlichung:
Wie fragliche Klimathesen Deutschland zum Fundamentalumbau zwingen
“Als das Bundesverfassungsgericht 2021 mit seinem „Klima-Urteil“ Generationengerechtigkeit einforderte, begab sich Deutschland auf einen zweifelhaften Weg. Denn die Entscheidung beruht auf fraglichen Klima-Hypothesen – sie wird von Experten scharf kritisiert.”
(nach dem zitierten Teaser natürlich hinter der Bezahlschranke)
Bürokratie wird prosperieren, Artenvielfalt kaum
“Die EU hat ein Gesetz beschlossen, das Mitgliedsländer verpflichtet, mehr Naturschutzgebiete instand zu setzen. Ein Erfolg für Politiker, Bürokratie und angeschlossene Umweltverbände – für den Artenreichtum aber wohl kaum” aus dem März 23 eine Auseinandersetzung mit dem Volksverpetzer, der Artikel, auf den dieser Bezug nimmt, ist im Artikel abgebildet. Bojanowskis Antwort darauf.
Als Resümee bleibt für mich:
“Was ICH schon immer übers Klima wissen wollte, würde ich bestimmt nicht einen Springer-Reporter fragen!”