Wer sich als Mitglied der herkömmlichen Parteien nicht in die Tasche lügt, dem ist sicherlich eines klar: Die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen sind vor allem die Folge von 40 Jahren weitreichender Unfähigkeit, Dummheit und Korruption des “Spitzenpersonals” der herkömmlichen Parteien. Ja, einen großen Anteil haben sicher Verblendung, Fake-News und rechts-/linksradikale Gesinnung, aber nicht alle Wählenden der BSW sind Träumerchen und auch die Leute, die die AfD wählen, nicht nur Dumpfbacken, Ewiggestrige und Alt-/Neonazis.
Wer trägt die Verantwortung?
Ich sehe die herkömmlichen Parteien in der Verantwortung. Die Liste der verpassten Gelegenheiten, der katastrophalen Fehlplanungen oder auch bewusst rückwärtsgewandter Richtungsentscheidungen ist sehr lang und zieht sich von den frühen 80er Jahren der BRD (Kupfer statt Glasfaser) über Bahn- und Postprivatisierung (90er) bis hin zu Schildbürgeresken Dingen wie Toll-Collect, BER oder der PKW-Maut durch unsere Geschichte. Immer mit am Ruder: CDU/CSU und SPD, meist mit Unterstützung der rückständigen FDP, deren Platz – nicht ganz so rückständig, dafür beliebig oft ihre Grundwerte verratend – auch mal von den (Oliv-)Grünen eingenommen wurde.
Wähler immer dreister belügen unhaltbare Dinge versprechen , Schmiergelder Parteispenden kassieren, dem Cum-Ex-Betrug zugucken den Staat straflos betrügen lassen, völkerrechtswidrige Angriffskriege militärische Abenteuer durchziehen, sich bei der Energieversorgung auf Russland stützen, Steuern verschwenden, Haushalt ruinieren, Unternehmensgewinne von Steuern befreien und als Ausgleich dann Sozialleistungen kürzen – alles im Angebot. Und dabei glauben sie, die Wählenden sind so dumm, dass die sich das nicht auf Dauer merken.
Wählbar ist das alles nicht.
Ein weithin großes Alarmzeichen der Unzufriedenheit
Die Wahlerfolge und Umfragewerte der Piratenpartei, eine Mischung aus Hoffnung und “die wollen zumindest was ändern” haben nichts bewirkt. Durch eine große Anzahl von IdiotInnen unklug handelnder Mitglieder und Mandatstragenden, Freundeskreise aus dem linksradikalen Milieu und Personen, die nichts anderes taten als #fails, #gates und Bockmist zu sammeln, zu teilen und aufzubereiten, sank die Zustimmung rapide – all das war ein gefundenes Fressen für klickgeile und auch ernsthafte Journalisten.
Das Problem Piratenpartei schien für die herkömmlichen Parteien schnell wieder gelöst, denn unsere inneren Konflikte, auch geschürt durch zielgenaue Presseberichte und professionell agierende Trolle, sorgten für Absturz, Spaltung, Burn-Outs, dem Austritt der meisten aus dem linksradikalen Milieu (immerhin etwas) und miesen Wahlergebnissen.
Weiter so immer, Dinge ändern nimmer!
Die Wählenden waren aber nicht ganz so dumm, sie waren immer noch unzufrieden. Die teilweise echt grenzwertige Nähe zwischen Presse und Politik führte bei nicht wenigen zu einer weiteren Delegitimierung der veröffentlichten Meinung, hinzu kam kampagnenartiger “Journalismus”. Diese Lücke nutzen rechte und rechtsextreme Fakenews-Portale, um Reichweite zu generieren, unterstützt (wissentlich oder nicht – spielt keine Rolle!) von Trollfarmen anderer Staaten und den von Gier getriebenen Mechanismen des Überwachungskapitalismus.
Hinzu kamen die Geflüchteten 2015, Corona und die Invasion der Ukraine, jedes mal wurde eine wirklich unfähig agierende Politik sichtbarer. Die damals schon gut aufgebaute “Gegenöffentlichkeit” konnte in der Folge die rechtsextremistische (Putin- und Xi-freundliche) AfD und – quasi als Expressvariante – das stalinistische, (Putin- und Xi-freundliche) BSW befördern. Und zwar easy, das war quasi ein Elfmeterschießen auf das leere Tor.
Und die vielen Unzufriedenen und Abgehängten wurden weiter ignoriert oder verächtlich gemacht. Sie wurden in die Arme der autoritären Demokratiefeinde mit den einfachen Lösungen getrieben. Die Protestwählenden sprangen nur noch auf den rollenden Zug auf – nie vorher konnte man den Pfuschern von CDU/CSU/SPD/FDP/Grünen und der Linken deutlicher sagen, dass diese noch unwählbarer waren.
Und jetzt?
Jetzt liegt es wieder an allem möglichen (einfach die Zeitung aufschlagen), aber nicht an einem selbst. Die eigene Nase anfassen – das macht keiner, das gilt in der Öffentlichkeit als unhöflich, gar schmutzig. Dummheit und Arroganz kommen hinzu, aus meiner Sicht schon lange ein Problem.
Was für Flachpfeifen da die letzten Jahrzehnte Demokratie simulierten kann man sich nicht ausdenken – als Plot für einen Film wäre das vollkommen unglaubwürdig. Ich meine, Andi Scheuer oder Gerhard Schröder kennt jeder, aber wisst ihr noch wer Möllemann war? Projekt-18-Westerwelle? Geldkoffer-Schäuble? Oder Dienstwagen-Ulla Schmidt, Zeitarbeit-Wolfgang Clement, Jüdische Vermächtnisse-Roland Koch … un-glaub-lich, oder? Und die ganzen Parteispendenskandale? Geldkoffer-Schäuble konnte sogar wieder Finanzminister werden. Rentner-besoffen-totfahr-Wiesheu kam auch wieder zurück, dem ist quasi nix passiert. Ich kotze.
Jetzt haben die Typen und Typinnen wie Scholz, Merz, Baerbock, von der Leyen, Spahn, Lindner (OMG!) … das wird nicht besser. Gut, besser als die Gesinnungsgenossen der braunen oder der roten Mörder…
In den herkömmlichen Parteien sind die wenigen klugen Mitglieder von zu vielen Egomanen, Dummköpfen und Schildbürgern umzingelt. Bei AfD und BSW von Menschenfeinden, Ewiggestrigen, Nazis, Ex-Stasispacken und desozialen Opportunisten. Von den naiven, neoliberalen oder technofetischistischen programmatischen Kleinpartei-Kopien will ich mal gar nicht anfangen, auch wenn manche mit viel Geld aus dem Bereich des Ausbeuterkapitalismus gepampert werden und Herrn Tur Tur mimen.
Da bleib ich wo ich bin, dann kann ich mich wenigstens noch im Spiegel ansehen und später sagen “Was guckt ihr mich an, ich hab Piraten gewählt” und “Ich hab es kommen sehen und zumindest was getan”. Alle andern können gern k***n gehen.
Redaktionsmitglied Sperling
Redakteur seit 2011, Kernteam der Redaktion seit 2013. De facto "Leitung" ab 2016, irgendwann auch offiziell Chefredakteur - bis 2023. Schreibt nur noch wenn ihm die Laune danach steht, zahlt aktuell die Infrastruktur der Flaschenpost, muss aber zum Glück nicht haften 🙂
Moin Sperling!
Danke für deinen frischen Rant. Du hast so recht, aber der Rant war zu kurz. Naja, vielleicht hilft uns das selbst ein wenig in unserer Partei um Prioritäten zu setzen, mit etwas mehr Gemeinsamkeit dort, wo es die Menschen unmittelbar betrifft, hinzuschauen, hilfreich zu sein und gute Lösungen zu präsentieren.
Schönen Tag wünsche ich noch.
Lange Rants liest halt keiner mehr, traurig aber wahr. Und ich mag das KISS-Prinzip (keep it simple, stupid!) bei Rants lieber 🙂
Ich glaube an gar keine Partei mehr. Parteien und Staat in Deutschland ruinieren alles was die anfassen. Machen wir es doch wie bei Javier Milei in Argentinien. Lassen wir den freien Markt übernehmen. Schaffen wir so viel Staatsausgaben ab wie möglich. Je weniger der Staat macht desto weniger Steuern muss dieser beim Bürger stehlen. D eto weniger Scheiße kann der Staat auch bauen.
Das eingesparte Geld wird als Grundeinkommen ausgeschüttet damit die Leute ihre eigenen Probleme selbst lösen können ohne den inkompetenten Staat und Parteien.
Habt endlich Mut zur Kettensäge, den Staat zu zersägen.
Ein “freier Markt” wird sehr schnell Monopole und Oligopole bilde, was zur Ausbeutung der Mitarbeiter oder Ausplünderung der Kunden führt.
Ohne staatliche Eingriffe könnte die Einkommens- und Vermögensungleichheit stark zunehmen und deregulierte Finanzmärkte führen zu übermäßigen Spekulationen und riskanten Investitionen – die Weltwirtschaftskrise von 1929 oder der Finanzkrise von 2008 sind ein Beleg dafür.
Besonders gravierend sind die negativen externe Effekte: Unternehmen können frei Entscheidungen treffen, die der Allgemeinheit schaden – beispielsweise Umweltverschmutzung oder die Ausbeutung von frei verfügbaren Ressourcen (Wasser, Luft etc.)
Einige Güter und Dienstleistungen, die für die Allgemeinheit wichtig sind, werden von einem freien Markt nicht oder nicht effizient bereitgestellt – teilweise auch nur für die vermögenden Schichten. Und in einem ungeregelten Markt gibt es keine Mechanismen, um Verbraucher vor gefährlichen Produkten, Betrug oder unfairen Geschäftspraktiken zu schützen.
Alles keine so gute Lösung, oder doch?
Wichtig wird sein, wie können wir klar und genau kommunizieren, was wir wollen. Wie kann man die Menschen von uns überzeugen? Die Probleme der Menschen aufgreifen und klare und ehrliche Lösungen anbieten.
Wichtig wird werden, sich vor politischen Debatten und Problemen nicht wegzuducken und diese ohne ideologische Scheuklappen zu lösen.