
Ein Gastkommentar von RA Prof. Dr. Andreas Gran, LL.M.
Gerhart Baum war Verkörperung von eher sozialem, gewissenhaftem, solidarischem Liberalismus. Mit ihm verlässt uns ein Liberaler, so wie zeitgleich der gesamte Liberalismus als Ideal schwindet. Übrig bleiben seine warnenden Hinweise in seiner Rede zum 75. Geburtstag des deutschen Bundestags. Sie sind jedoch verblasst. Der damalige Applaus einiger radikal Rechter war natürlich ohne jede Überzeugung von der Richtigkeit seiner Bitte um politische Mäßigung.
Baum warnte davor, dass die Angst uns leitet. In der Tat ist die eigentliche Gefahr umso näher, desto größer sie wird und die Vernunft vernebelt. Doch nun ist sie allgegenwärtig, wird im Wahlkampf schamlos geschürt, Alle gegen Alle. Das Abstimmverhalten vieler FDP-Abgeordneter und der Schulterschluss mit denen, die Solidarität und Toleranz ablehnen, war ein weiterer Rückschlag derer, die sich unzutreffend „Liberale“ nennen, aber in den Augen Vieler dem Egoismus und der Überheblichkeit den Vorzug geben.
Die Überzeugung, dass Menschen ohne staatlichen Zwang konstruktiv und solidarisch miteinander auskommen können, schwindet in der Bevölkerung. Nach dem Nazi-Regime waren Liberale getrieben von dem Misstrauen gegen staatliche Macht. Um die destruktiven Kräfte von Machtentfaltung einzudämmen, braucht es solch politisch Aktive, die Abwehrrechte gegen Bevormundung durchsetzen. Liberale Forderungen sind aktuell hingegen reduziert darauf, soziale Umverteilung einzudämmen, Reiche zu entlasten, Armen die Verantwortung zuzuschieben und dem Wirtschaftswachstum um jeden Preis zu huldigen. Genau dies ist aber der Schwachpunkt, denn viele Menschen würden in einer Ellenbogen-Gesellschaft leiden. Es muss gelten „Gönnen nach unten und nach oben“, nicht Neid nach oben und Überheblichkeit nach unten.
Der Liberalismus braucht dringend ein neues Gesicht, eines, das nicht als destruktiv, egoistisch und unsozial erscheint. Doch die verbliebene politische Hülle der „Liberalen“ mit sozialem Gewissen zu füllen und sich gestaltend einzubringen, dazu scheint es aktuell zu spät und bei diesem Profil kaum vertretbar. Für autokratische Machthungrige wird es deshalb immer leichter, die Schwäche vom „real existierenden Liberalismus“ auszunutzen und auf der Stimmungswelle zu mehr Obrigkeit und weniger Autonomie zu surfen. Brauchen wir wirklich erst wieder (noch mehr) Machtergreifung oder einen Mauerbau, damit Menschen den Wert des Liberalismus als Vertrauen in zwischenmenschliche Sozialkompetenz ohne Obrigkeit erkennen?
Der Liberalismus hat sich Entern lassen. Von Lobbyisten, Anarcho Kapitalisten, Neoliberalen, teils auch Psuedo Woken…
Statt Freiheit für alle eben nur noch Freiheit für Geldbesitzer und Privilegierte oder Angehörige Identitätspolitischer Gruppen. Dazu noch die ganzen Karrieristen bei der FDP die gar keine Werte mehr verkörpern. Der Liberalismus ist tod. Es braucht etwas neues, etwas das von unten aufgebaut wird. Etwas das Eliten Kritisch ist und dem als „Freie MarktWirtschaft“ getarnten Oligarchismus der Konzerne genau so entgegen tritt wie dem Kontroll und Überwachungsfetischismus der Staaten/Regierungen.
Etwas das dann aber auch nicht gleich die Linksradikale unterlaufen wird. Etwas das jeneseits von Kapital und Etatatistischen Staatsinteressen sich entwickeln kann. Etwas Machtkritisches aber pragmatisch ohne Ideologischen oder Identitätspolitisch bizarren Bullshit. So halt.
Der alte Liberalismus war mir sehr sympathisch. Nicht Links nicht Rechts, kein Kulturkampf nur Freiheit für die Menschen mit dem Versprechen von Wohlstand für alle.
Aber mit Leuten wie Lindner, Kubickie und co kann ich mich nicht identifizieren. Diese Geld Schnösel die Liberalismus nur auf Wirtschaft reduzieren. Bah, zurecht ist FDP aus dem Bundestag geflogen.
Piraten, da hatte es mir in der Vergangenheit zu viele Linksradikal bizarre. Sozialliberales Profil. Wär gut wenn Piraten dahin wieder zurück finden. Nicht Links nicht Rechts aber sozial, vorne, fortschrittlich für individuelle Freiheit. Besetzt doch thematisch auch grad niemand mehr.
In früheren Jahrhunderten haben die Menschen an Mangel gelitten, Hunger, Armut… Heute ist die liberale Wirtschaft so produktiv geworden das wir im Überfluss ersaufen. In den USA ist die Todesursache nr.1 nicht mehr der Hunger sondern das Übergewicht… Um Vollbeschäftigung zu halten muss die Gesellschaft immer mehr Müll produzieren. Sonst hätten die Leute ja nix zu tun und müssten sich mit sich selbst oder ihren Familien beschäftigen. Also im Namen der Freiheit und des Wohlstandes noch mehr Müll produzieren um noch mehr Müll Essen und konsumieren zu müssen. Geil oder ? Also produzieren wir immer mehr Bullshit, Plastik, Datenmüll, Konsumobjekte zum wegwerfen… Werbung, KI Generierten Datenmüll um unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Immer mehr und immer lauter schreiende Influencer die um Aufmerksamkeit konkurrieren um immer mehr nutzlose Produkte doch noch verkauft zu bekommen.
Dann soll man am besten noch ein teueres Auto kaufen um damit die Nachbarn und Bürokollegen die man eh nicht leiden kann zu beeindrucken. Am Ende wird uns das alles dann Verkauft als liberale Freiheit und Demokratie, die beste Gesellschaft aller Zeiten und so weiter und so fort. Der Liberalismus hat sich selbst so weit im Überfluss verblödet das er für nix mehr steht was noch von realem Wert ist. Eine Gesellschaft von Bullshitjobbern die Shit konsumieren um sich dann der Illusion hinzugeben das ihre Arbeit im 8-5 Arbeit in irgendeinem Büro einen tieferen Sinn ergeben würde.
Wehe dem der sich dem allem verweigert, dem Arbeitslosen der nicht mehr mitmacht da braucht es Sanktionen und Bestrafungsaktionen um diesen verweigernden Schmarotzern den Sinn dieses so Freiheitlichen Lebens notfalls mit Zwang einzubläuen.
Kein wunder das die Spätliberale Gesellschaft dann bis auf kranken Trumpismus und sinnentleerte konservative Parolen die Sinn versprechen wo es überhaupt keinen Sinn mehr gibt nix zustande bringt.
Wird Zeit für ein neues Zukunftsversprechen einer besseren Gesellschaft, der Liberalismus mit all seinen völlig absurden Identitäts und Gruppen Zwängen, all dem oberflächlichem Formalismus hat für mich jedenfalls fertig. Endgültig fertig. Da muss was ganz neues kommen.
Hallo, du schreibst „der Liberalismus mit all seinen völlig absurden Identitäts und Gruppen Zwängen, all dem oberflächlichem Formalismus hat für mich jedenfalls fertig. Endgültig fertig“ – aber das, was du meinst, ist kein Liberalismus, das ist ausbeuterischer Kapitalismus – und ja, der hat definitiv fertig.
Und wir sind in keiner „Spätliberalen Gesellschaft“ sondern eher in einer Neoliberalen Ellenbogen-Gesellschaft. Mit Liberalen, vor allem sozial-liberalen werten wie unserem Programm hat das nichts zu tun