
Ein Gastkommentar von RA Prof. Dr. Andreas Gran, LL.M.
Wie kann es nur sein, dass erzkonservative Gesellschaftsvorstellungen zur Rolle von Männern und Frauen sogar von einem erheblichen Teil der Frauen geteilt werden, obwohl mit staatlichem Zutun Gleichberechtigung oder sogar Bevorteilung gefördert wird? Heutzutage kommt man(n) sogar mit dem absurden Ausspruch „Feministinnen sind alle hässlich“ in den Bundestag, mit Unterstützung vieler tausend weiblicher Wähler:innen. Viele Errungenschaften seit der Nachkriegszeit schwinden, dabei ist die klassische Rollenverteilung, samt Unterordnung des vermeintlich schwachen Geschlechts wieder im Vormarsch. Frauen sind in Macht- und Managementpositionen weiterhin klar unterrepräsentiert, Übergriffe nehmen zu, Vertrauen schwindet, die Polarisierung der Geschlechter liegt im Trend.
Woran könnte das liegen?
Das Alles könnte eine Reaktion auf staatliche Durchsetzung emanzipierter Anliegen sein, eine Abwehrhaltung verbunden mit Sehnsucht nach klassischen Strukturen. Wahre gesellschaftliche Emanzipation scheint es nämlich zunehmend schwer zu haben, trotz Frauenquote im öffentlichen Dienst, Antidiskriminierungsgesetz usw., und deshalb sind gesetzliche Eingriffe bei retroperspektiver Bewertung der Erfolge doch offensichtlich kontraproduktiv. Das ist also nicht der effektive Weg zu mehr Respekt und Vertrauen gegenüber dem anderen Geschlecht, es verhärtet vielmehr die Fronten.
Männer, die bei gleicher Qualifikation einen Job anstelle einer Bewerberin nicht bekommen, werden beispielsweise mehr denn je in Frauen eine Bedrohung sehen. Wenn ein Bundesministerium „für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ benannt wird, als gäbe es keine Männer jüngeren Alters kann das als Geringschätzung empfunden werden. Gleichberechtigung ist es jedenfalls nicht und vielleicht müssen wir nun auch deshalb mit einem verfrühten Regierungswechsel und Unsicherheiten leben. So kann verständige Akzeptanz einfach nicht reifen.
Wie damit umgehen?
Im Kern ist es so wie allzu oft mit staatlichen Eingriffen. Menschen reagieren renitent oppositionell auf staatliche Bevormundung und das eigentlich menschliche gute Anliegen wird nicht erreicht. Kurzum: Emanzipation und gegenseitiger Respekt müssen gesellschaftlich gefördert werden, nicht staatlich angeordnet. Es zeigt sich einmal mehr, dass einsichtiger Liberalismus besser als Vorgaben der Obrigkeit wirkt. Aufschlussreich wird konkret also sein, ob das sog. Gewaltschutzgesetz dem guten Anliegen dient oder die Gräben noch mehr vertiefen wird, denn es basiert auf einem Generalverdacht gegen die Hälfte der Bevölkerung und könnte eine unzulängliche gesellschaftliche Akzeptanz auslösen. Das Ziel ist zweifelsohne sehr richtig und wichtig, aber der eingeschlagene Weg ist riskant.