Gastbeitrag von Jonas Wessel (Vorsitzender der Piratenpartei Schleswig-Holstein und Bundesbildungskoordinator)
Dieser Artikel ist eine Fortführung des Artikels „Populismus – ein Weg die Demokratie zu zerstören„, inspiriert durch ein Instagram-Reel von Daniethewes.
Populismus ist keine neue Bewegung – aber seine Mechanismen funktionieren im digitalen Zeitalter au auf neue Weise. Was früher der Stammtisch war, ist heute der Social-Media-Feed. Was früher Gerücht war, ist heute algorithmisch verstärkter Empörungsimpuls. Populismus ist die politische DDoS-Attacke unserer Zeit: Er überflutet Diskurse mit emotionalen Reizen, Desinformation und Lärm – bis die demokratische Bandbreite erschöpft ist. So wird dann eine gewünschte Sprache etabliert [1] und Parteien in ihren Grundfesten systematisch verschoben. [2]
Wenn Demokratie zum Server wird
In den USA lässt sich dieses Prinzip in Reinform beobachten. [3] Das „Project 2025“ [4] demonstriert, wie politische Macht durch ideologisch durchgeplante institutionelle Übernahme blockweise verschoben werden kann – ein Angriff von innen, perfekt choreografiert. Es reicht, zentrale Knotenpunkte zu überlasten: Öffentliche Verwaltung, Justiz, (soziale) Medien.
Demokratie gerät so nicht durch eine einzelne Entscheidung ins Wanken, sondern durch eine Vielzahl kleiner systematischer Störungen.
Auch in Deutschland sind die Symptome längst erkennbar. Wenn der aktuelle Kanzler Friedrich Merz die Sprache von NS-Tagebüchern verwendet und das, nachdem er darauf hingewiesen wurde, dann auch noch mal unterstreicht, dann gehört er wegen dem Verdacht auf Volksverhetzung angezeigt (s. Musteranzeige [5]), um ein „Nie wieder“ zu ermöglichen. Ebenso wenn die jetzige Bildungsministerin Karin Prien über Sprach- und Handyverbote [6] statt Bildungsgerechtigkeit spricht, dann zeigt sich: Das System beginnt zu laggen, bis es schließlich, wie es sich radikal Konservative wünschen, zum Stillstand kommt und/oder auf die veraltete NS-Firmware zurückgesetzte wird. Eine Gesellschaft, die sich im Kulturkampf verheddert, verliert Rechenleistung für das wesentliche – für Freiheit, Würde und Teilhabe.
Der Kulturkampf als Ablenkungsmanöver
Debatten über Genderverbote oder Sprachtests für Kinder vor Schuleintritt sind keine Nebenschauplätze – sie sind gezielte Ablenkungsstrategien. Statt gelebter Sprachvielfalt und Inklusion wird sprachliche Vereinheitlichung zur Waffe gemacht. Diese Form des Kulturkampfs funktioniert wie Spam im Diskurs: Er produziert Empörung, Klicks und Unsicherheit, aber keine Lösungen. [7] Wir PIRATEN setzen dem ein Gegenmodell entgegen. Im Wahlprogramm steht nicht ohne Grund: „Genaue und präzise Sprache lernen.“ Sprache ist kein Zensurinstrument, sondern momentanes Betriebssystem unserer Demokratie. Wer gelernt hat, präzise zu sprechen, kann sich gegen Manipulation, Verführbarkeit und emotionale Überlastung wehren. Sprachbildung ist gelebter Demokratieschutz. [8]
Bildung als Firewall gegen Spaltung
Populismus wirkt dort am stärksten, wo soziale Spaltung wächst – in Schulen, in Stadtteilen, in digitalen Echokammern. Gentrifizierung [9] und Segregation [10] schaffen nicht nur ungleiche Chancen, sondern auch getrennte Wirklichkeiten. Wir PIRATEN fordern darum mehr Bildungsgerechtigkeit: gleiche Chancen, unabhängig vom Wohnort oder Einkommen. Denn Demokratie funktioniert nur, wenn Teilhabe kein Privileg bleibt. [11] Das bedeutet, Schulen in sozial benachteiligten Gegenden gezielt zu fördern, soziale Infrastruktur zu stärken und den Bildungszugang auch digital fair zu gestalten. Wenn Bildung als Netz verstanden wird, muss jeder Anschluss stabil bleiben – nicht nur für die, die schon gute Verbindungen haben. Deswegen fordern wir PIRATEN auch dazu auf, Bildungsföderalismus so weit zu modernisieren und zu begrenzen, dass die föderale Gestaltung auf kulturelle Inhalte, regionale Besonderheiten und identitätsstiftende Inhalte erhalten bleibt, aber ein Kooperationsverbot durch bundesweit einheitliche Mindeststandards ersetzt wird. [12]
Emotion schlägt Inhalt – und das ist das Problem
Die Politisierung der Emotion hat Fakten längst in die zweite Reihe gedrängt. [13] Lächeln oder Weinen entscheiden über Reichweite, nicht Argumente. Social Media funktioniert nach denselben Prinzipien wie eine DDoS-Attacke: Wer am lautesten und emotionalsten sendet, überlagert die anderen. Das führt zu einem demokratischen Stau, in dem kaum noch Inhalte durchkommen. Doch eine gesunde Demokratie braucht das Gegenteil: Raum für differenzierte Rede, für Nachdenken statt Dauerstream. Genau darin liegt auch die Verantwortung der Parteien – weniger auf Speedrun, weniger um Klicks, mehr auf Evidenz und Transparenz zu setzen. Ganz wichtig zu betonen ist mir in diesem Punkt, dass wir den Menschen ihre Emotionen auch niemals absprechen dürfen.
Sie werden ausgenutzt, um mittels Dialektik Logik zu schlagen, aber sie sind auch wichtig zu verstehen, um unsere Gesellschaft vor steigender Alexithymie (vereinfacht: Gefühlsblindheit) [14] zu schützen.
Neustart der Demokratie: Pflege statt Panik
Wenn eine DDoS-Attacke die Systeme lahmlegt, hilft kein Alarmismus oder Reproduktion, sondern Prävention und Pflege. Demokratien müssen sich genauso absichern. Medienkompetenz, Sprachbildung, soziale Integration und der Schutz von Minderheiten sind keine Nebenthemen, sondern das Sicherheitsupdate für unsere Gesellschaft. Der Piratenkodex [15] formuliert es schlicht, aber treffend: Verantwortungsbewusstsein, Respekt, Transparenz und Mut zur Wahrheit sind keine Idealismen. Es sind die Grundkonfiguration einer funktionierenden Demokratie. Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie muss ständig neu upgedatet werden – gegen Desinformation, gegen Hass und gegen ähnliche destruktive Angriffe. Denn wer die Struktur des Systems versteht, kann es schützen und Mensch sein.
YTBlock:
Quellen:
[1]: https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/so-werden-extreme-ansichten-ploetzlich-sagbar/
[2]: https://politicalcompass.org/germany2025
[3]: https://www.project2025.observer/de
[4]: https://cryptpad.piratenpartei.de/file/#/2/file/UxMb2fsSDGN-KO6brHhjCDq7/
[5]: https://kanzlei-uyanik.de/wp-content/uploads/2025/10/Strafanzeige-Merz.pdf
[6]: https://taz.de/Moraltheologe-ueber-Gender-Verbot/!5996645/
[7]: https://www.zeit.de/kultur/2025-08/politischer-diskurs-kulturkampf-demokratie-rechtspopulismus
[10]: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/296488/segregation/
[12]: https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2029/Wahlprogramm#Struktur_und_Finanzierung
[13]: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/165759/emotionen-und-politik/
[15]: https://wiki.piratenpartei.de/Kodex

Können die Piraten bitte auch die CDU Politikerin Nina Warken anzeigen ? Diese äußert sich nun genauso rassistisch wie Friedrich Merz. Solcher Sprech der an NS erinnert muss endlich hart bestraft werden, mit Knast und Lebenslanges politik Verbot für solche Leute.
https://www.spiegel.de/politik/stadtbild-debatte-unsicherheit-fuer-frauen-ist-l-ministerin-nina-warken-auch-ein-migrationsthema-a-72420108-a65f-4b89-b14e-05f875064f93
Wenn die CDU so weiter macht müssen wir nicht nur die AfD verbieten sondern auch über ein CDU und CSU Verbot nachdenken. Der Wurstfressende Söder mit seinem rechten Kumpel Eiwanger ist ja schließlich auch nicht besser als der ganze rechtskonservative Rest. Wenn es das nicht mehr in den Parlamenten gibt, wäre eine Befreiung sondergleichen.
Der SPD sollte man eine ordentliche Verwarnung dafür geben das die mit sowas auch noch koalieren.
Ja Captain Connor das ist eine tolle Idee, lasst uns alle rechten Parteien bis auf die Linkspartei, MLPD und die Grünen verbieten ! Die können sich dann ja zur Sozialistischen Einheitspartei der BRD zusammen schließen.
Dann führen wir noch eine Vorratsdatenspeicherung gegen Rechtspopulismus, Websperren gegen Rassismus und eine Chatkontrolle gegen Nazis ein. Das nennen wir dann den digitalen antifaschistischen Schutzwall hinter dem dann Freiheit und Demokratie wie in Orwels 1984 gedeihen und erblühen werden. Denn die beste Möglichkeit die Freiheit vor den Rechtsextremen zu schützen besteht natürlich immer darin die Freiheit abzuschaffen bevor die Rechten das tun.