In unserer Reihe der Kandidateninterviews wollen wir euch die Kandidaten für den Bundesvorstand und das Bundesschiedsgericht vorstellen. Mit Michael Ebner, der für einen Posten als Schiedsrichter im Bundesschiedsgericht kandidiert, geht unsere Interviewreihe heute zu Ende.
Flaschenpost: Am stellst du dich einfach einmal kurz vor. Wer bist du, wie alt bist du und was machst du?
Michael: Ja, ich bin Michael Ebner, ich bin 41 Jahre alt, Alter laufend steigend wie bei uns allen. Was mache ich beruflich? Ich bin… ich sage immer akademischer Gelegenheitsarbeiter, ich habe mal Theater- und Veranstaltungstechnik studiert und habe jetzt so ein paar Jobs nebenbei, also die nebeneinander laufen. Ich bin hier gerade auf einem ziemlich gut bezahlten Programmiererstelle in Karlsruhe, habe nebenbei noch meine Fachbücher laufen, habe eine kleine Firma für Schallpegelmessungen. Ja, es kommt so einiges zusammen.
Flaschenpost: Wie bist du denn zu den Piraten gekommen?
Michael: Schuld war oder ist der Wahl-O-Mat. Ich habe, damals noch Mitglied der ÖDP, im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 mal den Wahl-o-Maten ausgefüllt und dann festgestellt „OK, ich habe eine angeblich größere Übereinstimmung mit der Piratenpartei als mit der ÖDP” und das war für mich der Grund, mir die Piraten überhaupt erst mal näher anzuschauen und war dann bei einem Treffen im Breipott. Damals hat sich der Berliner Landesverband noch wöchentlich in Breipott getroffen, inzwischen ist es ja das Kinski.
Und da haben die, also ganz abgesehen davon, dass da ohnehin alles sehr vernünftig klang bei den Piraten, aber das wusste ich ja auch schon aus den Informationen im Internet, waren mir die Leute auch einigermaßen sympathisch, von einigermaßen bis sehr sympathisch klar und sie haben sich um zwei Themen gekümmert, die ich schon sehr lange bearbeitet habe mit denen ich in der ÖDP nie so wirklich weiter gekommen bin. Das eine war das Bedingungslose GrundEinkommen, das andere war, ich habe es damals Computerdemokratie genannt, das ist das, was jetzt in der Partei mit so Systemen wie Liquidizer/Liquid Feedback und diesen Geschichten… also wie bindet man rechnergestützt eine große Menge von Menschen in die politische Meinungsbildung ein?
Flaschenpost: Das sind dann deine einzigen Interessensschwerpunkte oder hast du noch andere?
Michael: Das waren damals die beiden ausschlaggebenden, weswegen ich gesagt habe „OK, das ist jetzt der Auslöser, die Partei zu wechseln”. Ich habe natürlich noch deutlich mehr Schwerpunkte. Ich bin politisch einzuordnen als ein in der Wolle gefärbter liberaler, also gerade die ganzen Grundrechte, Bürgerrechte, Geschichten der sauberen Demokratie ist mir ein sehr großes Anliegen. Von daher bin ich sehr froh, dass der Berliner Landesverband zumindest mal die Spendenbeschränkung in der Satzung stehen hat. Das ist etwas, was man meiner Meinung nach auf Bundesebene auch noch in die Satzung schreiben sollte, dass das einfach jetzt, wenn wir noch die Chance haben, das einzuführen, gleich von vorneherein sagen: „OK, wir lassen keine Firmenspenden und überhaupt Spenden in einer Größenordnung zu, mit denen man uns beeinflussen könnte, also inhaltlich beeinflussen könnte.” Das hat ja Transparenz, die Deutschland, dass dort eine Spendenbeschränkung von insgesamt, also pro Spender, 50.000 Euro vorzusehen ist. Als kleine Partei könnte man uns aber auch schon mit dieser Summe doch einigermaßen beeinflussen. Von daher müssten wir da, meiner Ansicht nach, auch noch ein bisschen strenger an uns selbst sein.
Flaschenpost: Was hast du denn in der Partei schon gemacht bzw. hast du schon Ämter gehabt?
Michael: Ja, ich bin ziemlich kurz, nachdem ich überhaupt erst beigetreten bin, zum Leiter der Geschäftsstelle ernannt worden, also der Bundesgeschäftsstelle. Ging natürlich nur deswegen, weil ich schon vor der Piratenpartei erhebliche politische Erfahrung gehabt habe und es ist nicht alles vergleichbar. Die Piraten ticken doch in vielen Dingen ein bisschen anders, aber wenn man so grundsätzlich weiß, wie Parteien funktionieren, kommt man dann auch schon damit zurecht.
Die Leitung der Bundesgeschäftsstelle habe ich bis vor ein paar Wochen gemacht und dann kam diese Programmiertätigkeit in Karlsruhe dazu und da muss man auch wieder ein bisschen Geld verdienen. Geschäftsstelle, das war ehrenamtlich und deswegen musste ich das dann abgeben, wobei ich nicht ausschließen möchte, also auch die Sache hier in Karlsruhe, das ist eine freiberufliche Tätigkeit der Projektarbeit. Das ist auch Zeit.
Ich will nicht ausschließen, dass ich anschließend auch wieder sehr viel Zeit für die Partei einbringen werde, sei es gegebenenfalls auch mal auch wieder Leitung der Geschäftsstelle oder sei es ist sonst eine Position, wo man quasi Vollzeit arbeitet.
Flaschenpost: Wie viel Zeit kannst du denn im Moment für die Piraten und für das Amt, auf das Du dich bewirbst, einplanen?
Michael: Ich habe unter der Woche eigentlich relativ gut Zeit. Das ist halt so ein Programmier-Job, wo man abends dann, nach Hause kommt und – ja, was heißt nach Hause kommt ich habe ich hier jetzt ein kleines Ein-Zimmer-Apartment hier in Karlsruhe, habe sonst nicht viel zu tun bis auf alle zwei Wochen einen Stammtisch der Karlsruher Piraten. Also alle zwei Wochen Piratenstammtisch und ansonsten habe ich die Tage Montag bis Donnerstag eigentlich keine festen Termine und kann dann ab sagen wir mal 18:00 Uhr bis 23:00 Uhr in Sitzungen des Schiedsgerichtes teilnehmen. Die einzigen Sachen, die kritisch sind, sind Freitag und Sonntag, weil das einfach die Pendeltages sind, wo ich dann im Zug sitze. OK, ich könnte das auch per Handy machen, aber das nervt dann schon ein bisschen. Und Schiedsgerichtsitzungen gehe ja manchmal auch etwas länger.
Flaschenpost: Das ist sicher richtig. Was hat dich denn bewogen, für das Bundesschiedsgericht zu kandidieren?
Michael: Ja, also zum Zeitpunkt als ich meine Kandidatur dort erklärt habe, waren es noch nicht so arg viele Kandidaten und ich habe dann auch noch einen Satzungsänderungsantrag eingebracht, für den ich gleich ein bisschen Werbung machen möchte, nämlich, dass die Möglichkeit geschaffen wird, es soll also eine Möglichkeit, nicht verpflichtend sein, dass der Bundesparteitag beschließen kann, ein Zweikammersystem beim Bundesschiedsgericht einzuführen.
Wir haben nämlich ein paar Konstellationen, in denen wir konträr zum Parteiengesetz werden. Das Parteiengesetz sagt, dass mindestens bei Parteiauflösungen eine parteiinterne Berufungsinstanz da sein muss und die haben wir zum Beispiel dann nicht, wenn ein Landesschiedsgericht ausfällt und die Sache gleich zum Bundesschiedsgericht kommt. Die haben wir zum Beispiel nicht bei Auslandspiraten, also die keinem Landesverband zugehörig sind, wir haben in einzelnen Landessatzungen auch noch gewisse Regelungen, wie zum Beispiel in Berlin, dass Mandatsträger oder Amtsträger auf Bundesebene, also Bundesvorstand/Bundesschiedsgericht/Kassenprüfer, dass Ordnungsmaßnahmen gegen die nicht vom Landesschiedsgericht ausgesprochen werden können sondern nur vom Bundesschiedsgericht und immer dann fehlt uns das, was nach dem Parteiengesetz zwingend erforderlich ist, nämlich die parteiinterne Berufungsinstanz.
Und von daher ist mein Antrag, dass die Möglichkeit geschaffen wird, gleich acht Richter zu wählen und die bilden dann eine Erstinstanzkammer zu drei Richtern und eine Berufungskammer zu fünf Richtern und dann kommen noch mal zwei oder mindestens zwei Ersatzrichter hinzu, d.h. für diese Geschichte brauchen wir mindestens zehn Richter und die haben wir jetzt mit allen Kandidaten und auch demjenigen, der nur für Ersatzrichter kandidieren möchte, haben wir das gerade so zusammen. Von daher es dürfen ruhig noch ein paar Leute mehr für das Bundesschiedsgericht kandidieren, damit wir dann auch mehr Auswahlmöglichkeit haben.
Flaschenpost: Was qualifiziert dich denn für das Bundesschiedsgericht?
Michael: Zunächst einmal, ich habe das schon einmal gemacht, also nicht Bundesschiedsgericht, sondern Landesschiedsgericht. Wenn auch nicht bei der Piratenpartei, sondern bei meiner vorigen Partei, der ÖDP. Wobei man sagen muss, dort waren die Schiedsgerichte deutlich weniger ausgelastet. Ich habe so ein bisschen ein Rechtsverständnis gerade über meine Tätigkeit als Fachbuchautor, schreibe ich immer mal wieder auch Rechtskommentare zu technischen Regelwerken, DIN-Norm-Verordnungen wie Versammlungsstättenordnung oder Arbeitsschutzverordnungen. Da kriegt man dann schon ein bisschen oder man sollte zumindestens ein bisschen Rechtsverständnis haben.
Ich befasse mich auch schon seit etwa zwei Jahrzehnten mit Satzungsfragen, weil es halt immer mal wieder sein muss. Und ansonsten gelte ich eigentlich so als eher besonnener, ruhiger, nachdenkender Pirat und das ist vielleicht auch nicht völlig falsch für das Bundesschiedsgericht.
Flaschenpost: Mit Sicherheit nicht. Wie stellst du dir denn die Arbeit im Bundesschiedsgericht vor?
Michael: Viele Anträge, also wahrscheinlich der überwiegende Teil der Anträge, die völliger Bullshit sind. Dadurch das ich als Geschäftsstellenleiter solchen Sachen immer auchweiterzuleiten hatte, weil die als Fax in die Bundesgeschäftsstelle gekommen sind und ich das dann an den Vorsitzenden des Bundesschiedsgerichtes weitergeleitet habe, weiß ich in etwa, was zumindestens über diese Schiene reingekommen ist. Man hat da also auch viel Unsinn abzufrühstücken. Aber das darf jetzt nicht zu einer Arroganz oder wie auch immer verleiten lassen, sondern jeder Antragssteller, der sich an das Schiedsgericht gewendet hat, hat erstmal das Recht auf ein anständiges, ordentliches Verfahren, dass das Schiedsgericht ihn ernst nimmt, dass es vielleicht auch alternative Lösungsmöglichkeiten aufzeigt.
Wir haben dann hoffentlich demnächst, wenn der entsprechende Antrag, Satzungsänderungsantrag durchgeht, Markus hat den eingebracht, aber es geht auf eine Anregung von mir zurück, dass wir die so genannte Amtserforschungspflicht rein kriegen. D.h. das Schiedsgericht ist nicht mehr an die Anträge der Partei gebunden, sondern kann auch aus eigenem Antrieb ermitteln. Ich stelle mir das so vor: Wenn das Schiedsgericht der Ansicht ist, es kennt noch nicht die ganze Wahrheit und das könnte noch interessant werden, dass es dann auch von sich herangeht und den Sachverhalt weiter erforscht. Letztlich sollte ein Schiedsgericht Urteile sprechen, die von den Leitideen wie Gerechtigkeit und der Klugheit geprägt sind. as wird man zu 100% schaffen, aber man sollte sich an diesen Idealen orientieren.
Flaschenpost: Wäre das dann auch die Grundlage, auf der du persönlich Urteile fällen möchtest?
Michael: Einerseits das, anderseits hat man natürlich auch Regelwerke, an die man sich zu halten hat: das Parteiengesetz, die Satzung usw. Man kann nicht sagen „Ok, das halten wir jetzt für klug und gerecht und das machen wir jetzt so”, sondern muss auch die formale Seite immer berücksichtigen, sonst macht man die Urteile formal angreifbar und damit hinfällig. Das wäre dann auch nicht Sinn der Sache. Und aus diesen beiden Säulen sollten die Urteile dann bestehen.
Flaschenpost: Traust du dir denn auch zu Urteile zu fällen, die im Zweifelsfalle deiner privaten Meinung widersprechen, aber per Satzung richtig sind?
Michael: Was heißt „meiner privaten Meinung”? Also es gibt immer die Konstellation, dass etwas aus Gründen geboten ist, was man inhaltlich für falsch hält. Aber ein Richter hat, anders als ein Vorstand oder so, kein politisches Amt, sondern er hat sich an Recht und Gesetz – in diesem Fall Parteiengesetz und Satzung – zu halten. Und dann ist in einem solchen Fall auch mal eine private Meinung: „Ja, das muss aus diesen Gründen so sein” und das wird dann auch so im Schiedsgericht vertreten und dann sind wir, jenachdem, bei der alten Reglung eine Kammer aus fünf Richtern, wenn es ein Zweikammersystem wird, eine Eingangskammer, dann sind wir drei Richter und in diesem Kreis wird das durchdiskutiert bis wir entweder eine Lösung haben, die alle mittragen, oder dann haben wir ggf. auch ein abbrechendes Votum. Aber Urteile sollten in der notwendigen Gründlichkeit gefällt werden und sollten dann auch so begründet werden, dass Leute, die mit dem Urteil selbst nicht einverstanden sind, sagen „OK, das Gericht hat zumindestens sauber gearbeitet, hat nachvollziehbar begründet, wenn auch die Entscheidung jetzt nicht schmecken sollte.”
Flaschenpost: Kommen wir auch schon zur letzten Frage. Warum sollte man gerade dich ins Bundesschiedsgericht wählen?
Michael: Ja, bei neun Kandidaten oder zehn sollten wir alle ins Bundesschiedsgericht wählen, auch mich, und für den Fall, dass wir bei einem Einkammersystem bleiben, es gibt dort viele gute Kandidaten, dass muss nicht unbedingt ich sein, der ins Bundesschiedsgericht kommt, da kann man auch andere geeignete Kandidaten wählen. Meine Kandidatur ist ein Angebot an die Partei. Die Partei darf das auch gerne ablehnen, da bin ich auch nicht sauer.
Flaschenpost: Vielen Dank, Michael, für das Interview. Viel Glück für deine Kandidatur und wir sehen und hören uns in Heidenheim.
Michael: Ja, dann bis dann.
Flaschenpost: Danke, tschüss!
Michael: Ciao-ciao!
Warum ist die Piratenpartei bei einer Aktion als Unterstützer aufgeführt, die bei einem Erfolg dazu führen könnte, dass wir keine juristische Handhabe mehr haben, um uns gegen weitere Bankenrettungsmechanismen zu wehren?
Die Piratenpartei unterstützt die Verfassungsbeschwerde von Mehr Demokratie! Zusammen mit ÖDP und Freien Wählern verspricht uns die Piratenpartei, dass diese einen Volksentscheid über den ESM und Fiskalpakt erreichen wollte.
Ich habe aber die Klage von Mehr Demokratie gelesen und da steht auf Seite 102 ein ganz anderes Ziel. Auch liegt mir ein Infoblatt von Mehr Demokratie vor, in dem ausnahmsweise einmal die Wahrheit über deren Verfassungsklage steht:
“Wir fordern eine Volksabstimmung in Zusammenhang mit ESM und Fiskalpakt, nicht über die Verträge. …. Die politischen Folgen sind so weitreichend, dass es einer Volksabstimmung über eine neu gefasste Verfassung bedarf.”
Das Grundgesetz wegwerfen, um ESM und Fiskalpakt zu bekommen?
So was unterstützen die Freien Wähler, die ÖDP und die Piratenpartei? Das ist doch nicht glaubwürdig.