In unserer Reihe der Kandidateninterviews wollen wir euch die Kandidaten für den Bundesvorstand und das Bundesschiedsgericht vorstellen. Heute geht es mit Jan Leutert weiter, der für den Posten des Vorstandsvorsitzenden bzw. dessen Stellvertreter im Bundesvorstand kandidiert.
Flaschenpost: Am besten du stellst dich mal einfach vor: Wer bist du, wie alt bist du und was machst du?
Jan Leutert: Also ich bin der Jan, ich bin mittlerweile 28 Jahre alt. Ich bin von Beruf Systemadministrator in einer Reha-Klink, schlag mich da den ganzen Tag mit meinen Usern vor. Ja, das mach ich den Grossteil des Tages und dann kommen noch die Piratenarbeiten und ein paar andere Kleinigkeiten.
Flaschenpost: Wie bist du denn zu den Piraten gekommen, beziehungsweise, warum bist du Pirat?
Jan Leutert: Ja, das war 2009, kurz vor der Bundestagswahl, wo ich dann mal wieder, wie alle 4 Jahre zur Bundestagswahl meine politischen Einstellung für mich überprüfe und dann einfach gedacht habe: Ja gut, guckst du mal alle Programme und Listen mal durch und bei den Etablierten, sage ich mal, steht da überall dasselbe drin, bis auf so ein paar Kleinigkeiten, die spezifisch für eine Partei sind. Bin dann auch über die Piraten gestolpert, bin da auch schonmal ein bisschen früher darüber gestolpert, hatte sie anfänglich aber nur ein bisschen als Randerscheinung aufgenommen. Habe mich dann etwas fester mit dem beschäftigt und dann an einem Abend, du hast eigentlich nix zu tun, du hast was von Stammtischen gelesen, google das doch mal, ob da heute was ist.
Zufällig war an dem Tag in Hanau, hier in Mainkinzigkreis, wo ich meine meiste Zeit verbringe ein Stammtisch. Da bin ich dann hingefahren, damals noch als Mitglied der CDU, habe dort relativ schnell Anschluss gefunden. Habe auch gemerkt die Leute ticken so ähnlich wie ich und dann ergab eines das andere und ich bin dann den Piraten beigetreten, bin dann bei der CDU rausgeflogen, weil nicht mit zwei Parteien und so weiter da geht. Habe dann auch nochmal ein Gespräch mit dem Ortsvorsitzenden bei uns gehabt, die ich auch teilweise unterstützt habe. Das hatte dann aber eher mit der Bundespolitik der CDU zu tun, dass ich dann da raus bin. Habe mich dann auch relativ schnell bei den Piraten wohl gefühlt, war dann am Tag meines Beitritts bei den Piraten dann auch schon Pressesprecher des Mainkinzigkreises. Habe dann auf einem kleinen DIN-A5 Zettel meinen Mitgliedsantrag abgegeben und fühle mich seitdem eigentlich sehr wohl bei den Piraten und arbeite gerne hier mit.
Flaschenpost: Wie kam es, dass du in der CDU warst und was hast du da gemacht?
Jan Leutert: Ich habe 5 Jahre lang in einem kleinen Ort gewohnt, in Tannen an der Röhn und wir hatten da viel kommunalpolitische Projekte und die Linie auf der Kommunalpolitik war in meinen Augen sehr vernünftig, sie haben sehr viel für Tannen gemacht. Ich wollte mich dann politisch engagieren, auch erstmal in meiner Region und bin dann halt, weil die Konzepte für Tannen von allen Parteien die besten waren, damals in die CDU eingetreten. Mittlerweile so als kleine Jugendsünde betrachte ich das und bin dann halt von da aus zu den Piraten gekommen.
Flaschenpost: Gab es denn irgend ein politisches Aufhängethema, warum du jetzt letztendlich zu den Piraten gekommen bist oder waren das bloss einfach die netten Gestalten vor Ort.
Jan Leutert: Nein. Im Endeffekt Vorratsdatenspeicherung, ich bin ja Systemadministrator, wie ich schon vorher gesagt habe, betrifft mich das ja, die ganze Internetpolitik betrifft mich damit ja auch noch am meisten. Da gabs dann damals auch noch den Hacker-Paragraph der eingeführt wurde und so weiter, wo ich eigentlich strikt dagegen war. Weil damit Werkzeuge, mit denen ich täglich arbeite teilweise auch verboten wurden oder es wurde befürchtet, dass die verboten würden. Dann kam die Vorratsdatenspeicherung, wo ich sehr strikt dagegen bin, weil sie nix bringt, wie man jetzt mittlerweile auch sieht. Ja das waren so die grössten Aufhängerthemen.
Datenschutz dann noch, ich befasse mich sehr viel mit Datenschutz auch beruflich. Ich muss ja hier meine ganze Arbeit auch Datenschutztechnisch verwursteln, habe da mit vielen Datenschutzbeauftragten zu tun, arbeite mit denen sehr eng zusammen. Ja, ich bin halt für eine Novellierung des Datenschutzgesetzes, weil das heutige Datenschutzgesetz – wie habe ich es gestern gelesen? – das hat leider noch nix vom Internet gehört.
Flaschenpost: Was hast du denn bislang bei den Piraten schon gemacht? Hattest du schon Ämter, was hast du getan?
Jan Leutert: Also ich war ganz am Anfang Pressesprecher im Main Kinzig Kreis, habe das dann bis zum Landesparteitag hier in Hessen gemacht. Dann war ich ein Jahr lang Generalsekretär des Landesverbands Hessen und habe mich da um die Mitglieder gekümmert. Zum letzten Landesparteitag bin ich dann nicht nochmal als Generalsekretär angetreten, weil ich eine Pause wollte, weil es dann auch mal ein bisschen zu viel wurde. Ich musste da noch ein paar private Sachen regeln, bin dann aber trotzdem noch als Richter eines Schiedsgerichts hier in Hessen angetreten und bekleide derzeit den Posten des Vorsitzenden Richters des Landesschiedsgerichts Hessen, mit der wahnsinnigen Fallzahl von einem Fall seit Beginn des Landesverbandes.
Flaschenpost: Kommen wir am besten zur Kandidatur für den Bundesvorstand. Was hat dich denn bewogen für den Bundesvorstand zu kandidieren?
Jan Leutert: Ich habe mir lange Gedanken gemacht, ob ich kandidiere. Ich war das letzte halbe Jahr sehr unglücklich mit dem Vorsitz, eigentlich auch schon vor Bingen. Da hatte ich aber noch so blauäugig gedacht, naja er wird jetzt wieder aktiver, vielleicht hält sich das ja. Das war dann nicht so. Dann habe ich gesagt, da muss etwas geschehen. Der Vorsitzenden kann sich nicht nur verstecken, der muss auch präsent sein, der muss in den Medien präsent sein. Dann kamen ja auch die ganzen Dinge auf, dass die Presse ihn gesucht hat. Dann gab es ja auch mal diesen einen Artikel wo drin stand “Unser Vorsitzender ist nicht zu erreichen für die Presse, das geht einfach nicht, wir sind eh zu wenig präsent in den Medien”.
Des Weiteren, wir steuern geradezu auf die Bundestagswahl 2013 zu und wir müssen die Zeit bis dahin nutzen uns einmal zu professionalisieren, und einmal auch politisch aktiv zu werden, sodass wir in den Medien gehört werden. Und da, zum Stand meiner Kandidatur, dass noch keiner machen oder vorhatte oder dem ich das zugetraut hat, dass er das schafft, musste ich sagen ich kann nicht einfach nur meckern, dass niemand kandidiert, der das macht, sondern muss dann halt selbst aktiv werden. Ich habe dann ein Konzept geschrieben, habe mich damit befasst, dass ich kandidiere, habe mit ein paar Leuten gesprochen und anschließend habe ich kandidiert. Und die frühe Kandidatur kam dazu zustande, dass ich halt wollte mit meiner Kandidatur auch ein bisschen provozieren, dass die Leute sich frühzeitig dazu bekennen ob sie kandidieren oder nicht, in der blauäugigen Hoffnung, dass man viel ins Vorfeld des Bundesparteitags legen kann und da nicht zwei Tage lang mit der Wahl eines Vorsitzenden oder eines Vorstandes verbringt.
Flaschenpost: Das ist ein hehres Ziel. Warum kandidierst du gerade für das Amt des Vorsitzenden oder des Stellvertreters. Warum nicht erstmal als Beisitzer?
Jan Leutert: Wir brauchen als Vorsitzenden eine Rampensau. Wir brauchen als Vorsitzenden einen, der so ein bisschen Verwaltungskram macht und versucht den Bundesvorstand zusammen zu halten und auch versucht die Arbeitsbelastung des Bundesvorstands ein bisschen zu reduzieren.
Ich war in Chemnitz und in Bingen, daher kennt man mich wahrscheinlich auch, da ich einer der Versammlungsleiter jeweils war. Ich bin eine Rampensau, ich habe da kein Problem damit mich irgendwo hin zu stellen und die Themen der Piratenpartei vor der Presse oder sonstigen zu vertreten. Ich kann reden, ich kann im Endeffekt das, was wir innerparteilich erarbeiten, kann ich nach aussen tragen und das ist die Aufgabe eines Vorsitzenden. Und da fühle ich mich halt geeignet dafür.
Bei den Beisitzenden, da sind dann ja so eher die Verwaltungsfunktionen, politische Geschäftsführer, innerparteiliche Ideengebung, Generalsekretär, Mitgliederverwaltung, – da habe ich gesagt ich werde nie wieder als Generalsekretär kandidieren, weil mir das einfach nicht liegt, diese pure Verwaltung. Ich brauche auch anders – Schatzmeister ist auch zu viel Verwaltung für mich – das könnte ich auch nicht. Und dann kam halt die Idee zum Vorsitzenden zu kandidieren. Die Erfahrung hat halt gezeigt, dass sich immer wenig gute Kandidaten für den Vorsitzenden finden, dass ich sage, okay, wenn ich mit den Kandidaten nicht zufrieden bin und mir das selbst zutraue, dann muss ich halt selbst kandidieren. Und ich kandidiere nur als Vorsitzender, weil ich nicht um jeden Preis in den Bundesvorstand will, denn ich habe mir Gedanken gemacht, um den Posten, den ich besetzen möchte. Ich habe da auch wie gesagt, das Konzept geschrieben und weil ich kein Konzept für den Beisitzer habe, kandidiere ich dafür auch nicht.
Flaschenpost: Was steht denn in diesem Konzept? Was genau möchtest du mit dem Amt machen?
Jan Leutert: Ich hab in dem Konzept eine Arbeitsgrundlage gemacht. Da stehen zum Beispiel die Aufgaben des Bundesvorstandes drin, hab mir Gedanken darum gemacht, was die denn sind und wie könnte man die möglichst effektiv abarbeiten. Wir haben einen Bundesvorstand von sieben Personen, bei 12.000 Mitgliedern, dass der alles machen kann ist utopisch – das funktioniert einfach nicht. Dann habe ich die Aufgaben in drei Kategorien geteilt. Kategorie A: Das sind Aufgaben, die der Bundesvorstand unbedingt machen muss und die nicht delegierbar sind. Und dann halt eine Abstufung nach Unten, wie delegierbar sind.
Ich möchte mit dem Konzept halt, dass ich hergehe sag: Okay, die Grundaufgaben muss der Bundesvorstand machen. Er muss in den Medien präsent sein, das ist hauptsächlich der Vorsitzende. Er muss die Schirmherrschaft über die Mitgliederverwaltung haben, das ist Hauptaufgabe des Generalsekretärs. Er muss die innerparteiliche politische Meinungsbildung mit initiieren und mit voran tragen, das ist die Aufgabe des politischen Geschäftsführers. Aber: Ein Bundesvorstand muss beispielsweise nicht die Pressemitteilung schreiben. Das kann man locker delegieren. Das wird auch heute schon mit der Pressestelle gemacht.
Oder letzte Woche hatten wir ein Thema, wo wir gern eine Pressemitteilung, das waren zwei Hessen. Und da habe ich gesagt: Kommt, schreibt was. Ich sorge dafür, dass das veröffentlich wird. Das hat dann auch innerhalb eines halben Tage gepasst. Das lief dann auch mal kurz über die Aktive.
Wir brauchen eine Internationale Koordination mit Dachel, mit der PPI, das muss aber auch nicht der Vorstand machen, das kann auch ein Beauftragter machen. Oder einfach mal nur Prozesse erfassen. Was machen wir wie? Wie nehmen wir Mitglieder auf? Eine Vereinheitlichung, dass wir hergehen können und, dass wir die Prozesse möglichst schnell absolvieren können. Zum Beispiel, dass die Aufnahme eines Mitgliedes, dass man nachvollziehen kann, wie das überhaupt funktioniert. Das ist dann auch für den Nachfolger im Endeffekt ein Vorteil, weil der bekommt ein Stapel Papier in die Hand, liest sich das durch und kann den Posten dann gleich ausführen. Das fehlt in meinen Augen heute.
Und Interessierte können auch kommen und sagen: Okay, ich will jetzt mal sehen, wie das abläuft, vielleicht kann ich irgendwo helfen. Und des weiteren sieht das Konzept auch eine öffentliche Todo-Liste des Vorstands vor, wo alle offenen Aufgaben drin stehen und Piraten auch mit helfen können, sofern sie Interesse haben. Und so auch vielleicht die Leute zu motivieren, mitzuarbeiten und mitzumachen, damit die Arbeit nicht an sieben Leuten hängen bleibt, sondern, dass das auf möglichst viele Schulter gelastet wird. Wir sind eine Mitmachpartei und da denke ich, kann man auch erwarten, dass ein paar Leute ein bisschen mitarbeiten. Das fehlt mir halt heute.
Flaschenpost: Du möchtest also möglichst viele Aufgaben delegieren um möglichst viel in kurzer Zeit zu schaffen und auch um möglichst viel Luft zu haben. Wie viel Zeit kannst du denn überhaupt für die Arbeit aufbringen?
Jan Leutert: Ich habe so eine Zeitrechnung gemacht. Also momentan rechne ich mit 20h die Woche + Wochenenden. Das ist eine relativ realistische Zeit, die ich im Jahresdurchschnitt pro Woche einhalten kann. Das wird mal eine Woche mehr Arbeit sein, das wird mal eine Woche weniger Arbeit sein. Das ist ja nicht statisch, besonders beim Vorsitzenden. Dann halt noch Wochenenden für Veranstaltungen – nächstes Wochenende ist ja die Marina Kassel, da bin ich auch zu gegen – Muss man sich ja auch frei halten. Das ist so im groben das, was ich aufbringen kann.
Flaschenpost: Du hast gesagt, dass du zum Bundesparteitag in Chemnitz warst und da wurde auch unser Programm recht weit gefasst. Wie und welche programmatische Weiterentwicklung wünschst du dir denn für die Piraten?
Jan Leutert: Ich wünsche mir eine sinnvolle Erweiterung. Ich habe nichts dagegen, dass das Programm weiter gefasst wird. Wir können uns zu allen Politischen positionieren – da bin ich der letzte, der sagt: Nein. Aber was ich mir wünsche ist, dass wir uns so politisch weiter entwickeln, dass die Themen auch besetzt sind. Wir haben uns in Chemnitz politisch weiter entwickelt – das ist gar keine Frage. Wir haben neue Punkte aufgenommen aber wir haben dafür alte Punkte verweisen lassen. Wir stehen im Grundsatzprogramm für eine Novellierung des Urheberrechtsgesetzes. Es ist keine erkennbare Position für mich zu sehen. Also, müssen wir in meinen Augen auch Themen beleben, wenn wir sie aufnehmen. Wir können nicht einfach sagen: Wir sind dagegen, oder wir sind dafür und dann steht das im Grundsatzprogramm und das ist auch Toll so, sondern wir müssen auch daran arbeiten. Und wenn wir zum Beispiel gegen etwas sind, dann müssen wir auch konkrete Vorschläge machen, wie wir es denn besser machen. Das ist etwas, was ich sehr vermisse.
Der Stephan Urbach hat das mal ganz treffend in einem Artikel geschrieben, wo er halt gesagt hat: Wenn wir Punkte in das Programm aufnehmen, dann muss auch jemand da sein, der das besetzt und da auch ein bisschen die “Leitung” hat und da auch schaut, dass das weiter entwickelt wird und das Thema auch aktuellen Begebenheiten angepasst wird. Nehmen wir die Voratsdatenspeicherung. Das verändert sich wöchentlich. Jetzt ist das Bundesjustizministerium der Meinung, dass Löschen statt Sperren funktioniert.Nächste Woche kann das Bundesinnenministerium der Meinung sein, dass es doch nicht geht und wir es doch anders machen müssen. Und diesen einfach zeitlichen Veränderungen müssen wir diesen Programmpunkt anpassen. Und auch die Position anpassen, dass wir sagen können: Es geht aus den und den Gründen nicht. Oder es kommen neue Erkenntnisse und dann muss die Position auch angepasst werden, da können wir nicht zwei Jahre warten, bis sich einer findet, der das macht. Wir müssen Leute finden, die einzelne Punkte beleben, weil sonst ist unser Programm tot und dann kann ich mir auch einfach die anderen Programme eins zu eins kopieren. Das bringt mir dann auch nicht viel.
Flaschenpost: Du hast jetzt sehr viel dazu gesagt, was man alles tun sollte und das ist sicherlich auch alles schön und richtig und wichtig. Aber wie denkst du, kann man das umsetzen? Wie findet man die Piraten, die das tatsächlich tun und wie können die Piraten über so etwas kommunizieren, so dass es dann auch wirklich eine einheitliche Meinung ist?
Jan Leutert: Eine einheitliche Meinung werden wir nie hinkriegen. Die Kommunikationskanäle haben sich in der letzen Zeit etwas gebessert. Wir haben nur noch zwei oder drei Anlaufstellen für Kommunikation. Wir müssen halt transparentere Kommunikation machen. Wir müssen die Arbeitsgemeinschaften stärken, weil die leisten im Endeffekt die Arbeit, von der ich gerade gesprochen habe. Wir müssen diese Arbeitsgemeinschaften noch stärker im Bund integrieren. Der Bundesvorstand muss sich auch für diese Arbeit interessieren, da gab es ja einige Querelen im letzten Jahr, die ich so mitbekommen habe. Und wir müssen den AGs auch einen Anreiz bieten. Die können von mir aus auch irgendwelche Barcamps veranstalten, wo sie die Themen an die Leute ran bringen. Wenn das Interesse bei den Piraten da groß ist, warum sollen sie dann keine Barcamps machen?
Barcamps sind da eine wirklich sehr gute Möglichkeit, um eine Idee sehr weit bei den Piraten zu streuen und eventuell auch konstruktiv an Ideen zu arbeiten und man muss das ja nicht unbedingt in das Programm zu schreiben, weil dafür bräuchte man einen Bundesparteitag, aber diese Positionspapiere brauchen im Grunde keine Legitimation. Wenn Diese an das Grundsatzprogramm angelehnt sind, dass der Tenor im Endeffekt gleich ist, dann kann man auch mal neue Positionspapiere zwischen Parteitagen bearbeiten oder erstellen. Die dann nach der Diskussion mit der Basis zwar übernommen werden, aber nicht im Programm landen, sondern eine erweiterte Aussage der Partei sind.
Was natürlich nicht geht: Wir sind gegen VDS und dann kommt ein Positionspapier VDS ist toll. Das muss sich schon an das Programm anlehnen und muss die Tenoraussage des Programmes bestätigen und da kann man da auch viel zwischen den Parteitagen arbeiten, wo die Leute sich auch programmatisch verwirklichen können und wo die Leute auch merken, dass Ergebnisse da sind. Momentan ist das ja so: Ich erarbeite etwas und wenn ich Glück habe, wird der in einem Jahr auf dem Parteitag behandelt. Ansonsten vielleicht erst in zwei Jahren, oder in drei Jahren – das demotiviert natürlich auch. Und wir müssen die Leute motivieren zu arbeiten und dann hoffe ich, dass die Arbeitsbeteiligung auch wächst.
Flaschenpost: Wie willst du die Piraten dazu motivieren, sich einzubringen?
Jan Leutert: Das ist eine gute Frage! Man kann natürlich nicht hergehen und sagen, “Ach Leute, kommt, helft doch mal wieder mit” oder so. Das muss dann über Untergliederung funktionieren. Ich kann als Bund, man kann zwar ein Ohr an der Basis haben, aber man kann’s nie so nahe an der Basis wie zum Beispiel der Landesverband oder, noch eine Stufe niedriger, der Kreisverband, oder in einigen Bundesländern die Crews oder Bezirksverbände oder ähnliches. Bzw. man muss diese Ideen auch auf regionale Stammtische weitertragen. Und ich denke mal, es gibt viele noch auf Bund aktive Piraten, die auch an Stammtischen noch aktiv sind. Die muss man halt einfach einbinden, dass sie diese Idee und vielleicht auch ein Stück weit die Motivation mit auf die Stammtische tragen und Leute insoweit wieder anstecken, mitzuarbeiten und dann auch uns weiterzubringen.
Flaschenpost: Kommen wir zurück zum Vorstand: Wenn du gewählt wirst, würdest du auch mit jemandem zusammenarbeiten, den du persönlich überhaupt nicht ausstehen kannst? Wie stellst du dir die Arbeit im Bundesvorstand vor?
Jan Leutert: Die Arbeitsvoraussetzungen, auch wenn ich jemanden nicht ausstehen kann, ist einfach eine professionelle Arbeitsbegegnung. Ich muss mit jemandem professionell zusammenarbeiten können. Das kann ich auch mit Leuten, mit denen ich nicht zusammenarbeiten kann. Zum Beispiel im Betrieb gibt es auch den ein oder anderen, mit dem komme ich privat gar nicht so klar, aber ich kann mit ihm auf einer professionellen Ebene zusammenarbeiten und es gibt immer irgendjemanden, den man nicht leiden kann. Das ist gar keine Frage! Aber wenn man mit ihm professionell arbeiten kann und auf einer “dienstlichen” Ebene kommuniziert, ist das sicherlich kein Problem. Wo es schwierig wird, ist ggf. wenn der andere mich nicht leiden kann und dadurch die Kommunikation mit mir ablehnt. Da kann man keine Arbeitsgrundlage schaffen. Aber ansonsten: Ich muss mit dem kein Bier trinken gehen können, ich muss mit ihm die Partei voranbringen und wir müssen einen guten Bundesvorstand bilden. Da ist meine persönliche Haltung dem gegenüber von meiner Seite aus egal.
Flaschenpost: Kommen wir so langsam zum Ende: Welche Zukunft wünscht du dir für die Partei?
Jan Leutert: Wir steuern momentan direkt auf die Bundestagswahl 2013 zu. Ich hoffe, dass wir 2013 in zwei Jahren, dass wir uns intern so gefestigt haben, dass wir ohne größere internen Querelen, also ohne uns zu zerfleischen, zur Bundestagswahl anzutreten und natürlich ein gutes Ergebnis einfahren. Ich denke mal, die Bundestagswahl wird dann auch so eine große Motivations-Wahl sein. Dazwischen ist noch eine Landtagswahl, soweit ich weiß. Die ist natürlich für den einzelnen Landesverband sehr wichtig. Es sind aber relativ wenig “betroffen”. Also vielleicht der Landesverband selber und alles drumrum; da kann vom Bundesvorstand erstmal nur finanzielle Hilfe kommen. Und ein Aufruf an die umliegenden Landesverbände, ob von ihnen noch Hilfe kommt. Das sind so lokale. Aber global für die gesamte Partei in Deutschland wird, denke ich mal, die Bundestagswahl der nächste große Meilenstein und dass wir da hoffentlich gut abschneiden und das wird nochmal so eine Motivations-Wahl, finde ich.
Flaschenpost: Kommen wir zur letzten und wichtigsten Frage: Warum sollen wir gerade dich wählen?
Jan Leutert: Ich hatte mir vorgenommen, auf diese Frage zu antworten: “Weil ich voller Pythness und Awesomeness stecke.” Ich möchte auch, dass das nicht rausgeschnitten wird! Ich denke, ich bin – wie ich schon sagte – eine Rampensau. Ich möchte für die Presse ansprechbar sein. Ich wohne im Großraum Frankfurt und für mich ist es auch kein Problem mal eben schnell nach Frankfurt zu fahren und ein Interview zu machen. Das möchte ich verbessern. Und ich möchte versuchen das Konzept durchzusetzen, so dass wir hinkommen können, zu einer tollen Arbeit, die Spaß macht. Ich hab immer noch dieses blauäugige hehre Ziel, dass wir irgendwann mal dazu hinkommen, uns nicht mehr auf der Aktiven nicht mehr so zu beschimpfen und dass wir dann ordentlich diskutieren können und ordentlich miteinander arbeiten können.
Die Kandidatenliste zum neuen Bundesvorstand füllt sich. Es gibt mittlerweile Kandidaten die ich, in den 2 Positionen in denen ich Kandidierte, wählen würde. Ich bin selbst nicht am Bundesparteitag in Heidenheim. Aus diesem Grunde werde ich den Bundesparteitag nicht mit einer zusätzlichen Kandidatur aufhalten.
Ich wünsche mir allerdings das der ein oder andere Pirat noch einmal in sich geht und sich überlegt ob er ggf. als Beisitzer in den Vorstand möchte. Hier haben wir für die Menge an Posten doch etwas zu wenig Bewerber. Da ich schon von vielen Seiten nach einer Wahlempfehlung gefragt wurde, ich werde keine Aussprechen. Ich habe heute im Dicken Engel meine Meinung zu den Kandidaten kund getan. Jeder kann sich das demnächst anhören, und ich werde es hier auch verlinken.
Zum Abschluss noch zwei Punkte. Erstens, bitte setzt euch im Vorfeld des BPT mit den Kandidaten auseinander. Zweitens, ich möchte allen Danken die mir mit positiven Zuspruch und Unterstützungsangeboten den Rücken für eine Kandidatur und ein eventuelles Ausfüllen des Postens gestärkt haben.