In unserer Reihe der Kandidateninterviews wollen wir euch die Kandidaten für den Bundesvorstand und das Bundesschiedsgericht vorstellen. Heute geht es mit Olaf Wegner weiter, der für den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden und als Beisitzer im Bundesvorstand kandidiert.
Flaschenpost: Am besten stellst du dich einfach mal vor. Wer bist du, wie alt bist du und was machst du?
Olaf Wegner: Ja, also vorgestellt hast du mich ja schon. Ich heisse Olaf Wegner, komme aus Wuppertal aus NRW. Im Netz bin ich unter dem Namen Thoth23 bekannt. Ich bin 44 Jahre alt, bin verheiratet und arbeite als System-Support-Ingenieur.
Flaschenpost: Bevor wir zu deiner Kandidatur kommen: Was hast du denn bisher bei den Piraten gemacht? Also hast du schon ein Amt bekleidet oder so?
Olaf Wegner: Also angefangen habe ich – das kann ich am besten chronologisch machen – bei der Bundestagswahl 2009. Da habe ich dann beim Wahlkampf mitgemacht. Das ging ja dann direkt schon nahtlos über damals in den Landtagswahlkampf in NRW. Dafür hatte ich die AG Sozialpolitik NRW mitgegründet und habe dort dann das Wahlprogramm zur Landtagswahl miterarbeitet. Im letzten Jahr habe ich mich vor allem in der PG Satzung NRW und in der PG Struktur NRW stark gemacht. Und ja, ich bin auch besonders stolz drauf, ich habe dann in der NRW LPT einen Kompromiss-Vorschlag vorgestellt, der zumindestens dazu geführt hat, dass die verfeindeten Lager wieder miteinander gesprochen haben – auch wenn mein Antrag selber erst einmal nicht angenommen worden ist. In letzter Zeit sind die Gespräche wieder eingeschlafen, was ich nicht so schön finde. Jetzt organisiere ich aktiv das Bundescamp, das Sozi-Camp mit, in Soest am 2. und 3. April und bin auch in der AG Sozialpolitik aktiv.
Flaschenpost: Du sagtest du bist zur Bundestagswahl 2009 zu den Piraten gekommen. Wie ist es denn dazu gekommen? Bzw. warum bist du Pirat geworden?
Olaf Wegner: Ja, dazu gekommen ist es irgendwie, wie bei den meisten, ganz klar durch den ersten Erfolg den die Piratenpartei bei der Europawahl erzielt hat. Da habe ich das erste Mal gedacht, ja, doch, das könnte was Grösseres werden. Bis dahin habe ich es einfach nur verfolgt. Ich habe die Anfänge schon 2006 mitbekommen, war auch immer interessiert dabei, hab geguckt wie sich das entwickelt. Aber der richtige Durchbruch war dann wirklich die 0,9 % bei der Europawahl und da konnte ich auch nicht mehr nein sagen, weil es wäre irgendwie blöd gewesen immer zu sagen: “Ja, ich will was anders machen und selbst etwas tun.” Da bin ich dann auch direkt zu Stammtischen im Bergischen Land gegangen und habe mich direkt aktiv eingebracht. Das war ja damals dann ja Bundestagswahlkampf.
Flaschenpost: Das ist schonmal eine ganze Menge. Kommen wir gleich mal zu deiner Kandidatur. Was hat dich eigentlich dazu bewogen, dass du für den Bundesvorstand kandidierst?
Olaf Wegner: Ganz knapp und auf den Punkt gebracht ist es einfach der Wunsch die Piraten zusammen zu halten. Zurzeit sehe ich, dass es unheimlich viele verschiedene Lager gibt, sich unheimlich mies bekämpft wird, fast schon intrigant zum Teil. Mein grösster Wunsch ist, dass wir einfach wieder eine zusammenhaltende Gruppe werden, die von aussen auch als eine Gruppe wahrgenommen wird und nicht als irgendwelche Spinner, sage ich jetzt mal, die sich mehr selbst zerfleischen und um sich selbst drehen. Und deswegen würde ich gerne im Bundesvorstand mitarbeiten, um dort meine Fähigkeiten einzubringen, um das zu erreichen.
Flaschenpost: Du kandidierst für den Beisitzer. Warum kandidierst du gerade dafür und was möchtest du denn mit deinem Amt erreichen?
Olaf Wegner: Ja, ich kandidiere auch für den Beisitz. In erster Linie kandidiere ich auch für den stellvertretenden Vorsitzenden. Ich möchte erreichen, das was ich als Wunsch habe, nämlich die Piraten zusammenzuhalten. Das möchte ich ganz gerne dadurch erreichen, dass ich irgendwie die Schnittstelle zur obersten Etage und auf der anderen Seite dann wieder doch zur Basis bin. Das wäre so meine Traumaufgabe, dann im Vorstand. Und die könnte ich sowohl als Beisitzer als auch als stellvertretender Vorsitzender, wobei ich eben glaube, dass der stellvertretende Vorsitzende dafür prädestiniert ist, erfüllen. Aber ich könnte diese Aufgabe in beiden Ämtern ausfüllen.
Flaschenpost: Du möchtest also die Kommunikation untereinander stark verbessern?
Olaf Wegner: Ja, vor allem auch die Wertschätzung. Es wird ja gar nicht so wenig kommuniziert. Aber es ist natürlich zum Teil auch sehr verächtlich, wie die Leute miteinander umgehen und da muss man einfach, glaube ich, nur ein bisschen mehr für Kommunikation sorgen, in dem Sinne, dass man die Leute, evtl. auch dritte Leute, mit unterschiedlichen Lagern unterhalten und dann Kompromissvorschläge machen. Weil oft sind die Lager dann auch schon so verhärtet, da ist dann oft auch schon soviel Streit gelaufen, dass man gar nicht mehr von den Menschen erwarten kann, dass sie vorbehaltlos aufeinander zugehen und dem anderen Vertrauensvorschuss geben.
Flaschenpost: Möchtest du auch nach aussen hin Öffentlichkeitsarbeit betreiben oder nur nach Innen? Also sprich Pressearbeit.
Olaf Wegner: Pressearbeit, ja, aber eigentlich im ehesten Sinne von zuspielen. Also ich möchte am ehesten fungieren im Presseteam indem ich die Sachen vorlege. Ich glaube es wird nicht meine Stärke sein Presseerklärungen zu schreiben.
Flaschenpost: Was qualifiziert dich für den Posten auf den du dich bewirbst?
Olaf Wegner: Es ist ja so, dass ich natürlich auch zu allen Themen irgendwie immer eine klare persönliche Position habe. Trotzdem habe ich es eigentlich bei vielen Lagerkämpfen, wo die Leute ziemlich verbittert und auch schon sehr emotional miteinander gestritten haben, es immer wieder hinbekommen Kompromissvorschläge vorzulegen. Die da nicht unbedingt von beiden Seiten angenommen worden sind, die aber dazu geführt haben, dass die unterschiedlichen Gruppen doch irgendwo gesehen haben, dass sie auf einer gewissen Ebene wieder zusammen eine Arbeitsgrundlage haben. Und sich, auf dieser Arbeitsgrundlage, wieder miteinander unterhalten haben. Und da ich dies immer wieder im Team festgestellt habe, auch ausserhalb der Piraten, glaube ich schon, dass ich das, was ich mir als Ziel gesetzt habe, auch im Vorstand erreichen kann.
Flaschenpost: Wieviel Zeit kannst du denn für die Piraten aufwenden?
Olaf Wegner: Ich wende zurzeit zehn bis zwanzig Stunden die Woche auf und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Also es wird nicht weniger werden. Es wird leider auch nicht mehr werden können, wenn ich in den Vorstand gehe. Es wird also bei diesen zehn bis zwanzig Stunden bleiben.
Flaschenpost: Und welche Zukunft wünschst du dir für die Piraten?
Olaf Wegner: Dass wir, zuerst mal kurzfristig oder mittelfristig, mal in einen Landtag einziehen. Dass wäre jetzt erstmal das grosse Ziel, das ich mal mittelfristig für die Piraten sehe. Ansonsten, ganz global ausgedrückt, dass wir immer mehr in politische Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden.
Flaschenpost: Möchtest du lieber Opposition oder doch eher Regierungsbeteiligung haben?
Olaf Wegner: Also unter den derzeitigen Umständen kann ich mir eine Regierungsbeteiligung sehr schwer vorstellen. Ich würde es viel mehr begrüssen, und das hoffe ich auch, dass sich das sowieso in den nächsten Jahren entwickeln wird, dass feste Regierungen nicht mehr möglich sind. Dass in Sachfragen entschieden wird. Dass, was weiss ich, dann die SPD zwar die Regierung stellt, aber zu gewissen Fragen eben die einen Leute in ihr Boot holen und zu gewissen Fragen die anderen Leute in ihr Boot holen muss. Wenn wir uns dahin entwickeln könnten, also die Gesellschaft sich dahin entwickelt und es dann irgendwie Minderheiten-Regierungen gibt, die ohne die Anderen nicht mehr regieren können, dann wäre ich natürlich auf keinen Fall dagegen, dass die Piraten irgendwelche Regierungsverantwortungen übernehmen.
Flaschenpost: Wie und welche programmatische Weiterentwicklung wünschst du dir für die Piraten?
Olaf Wegner: Ja die Grundsteine für die programmatische Weiterentwicklung sind ja jetzt auf dem letzten Parteitag in Chemnitz gelegt worden. Also es sind neue Punkte aufgenommen worden, zu denen wir aber relativ wenig sagen können, wie wir sie erreichen wollen. Ich denke da vor allem an die Sozialpolitik. Wir haben jetzt gesagt, dass wir für die bedingungslose Teilhabe an der Gesellschaft sind, aber wie wir das realisieren wollen, davon steht nichts da und da haben wir auch überhaupt nichts. Es gibt da zwar Leute die an verschiedenen Modellen arbeiten, wie man das machen könnte, aber auch da sind wieder die Lager zum Teil sehr verfeindet. Wir sollten jetzt erstmal weiter gucken, dass wir ohne uns irgend einem Zeitdruck auszusetzen, versuchen gemeinsam einen Weg zu finden, wie wir vorschlagen können, wie wir das in der Zukunft erreichen wollen. Dass wirklich jeder die Möglichkeit zur gemeinschaftlichen Teilhabe der Gesellschaft hat. Und als nächsten Schritt sehe ich da, ganz wichtig, dass wir die Wirtschaftspolitik mit ins Programm aufnehmen. Weil ohne Wirtschaftspolitik wird es auch keine anständige Sozialpolitik geben wird. Die Aufgabe haben wir jetzt uns selber gestellt auf dem letzten Parteitag in Chemnitz. Wir wollen da hin, wir wissen nur noch nicht wie. Wir glauben aber, dass wir das können und davon bin ich auch überzeugt. Ich glaube es ist möglich. Man muss jetzt nur den Weg dahin finden.
Flaschenpost: Neben Sozial- und Wirtschaftspolitik, wie stehst denn du zu den sogenannten Kernthematiken? Also digitale Teilhabe und Internetpolitik. Wie wichtig schätzt du diese Themenfelder ein?
Olaf Wegner: Erstmal ganz klar, die werden immer mehr und immer wichtiger. Das Problem ist ja nunmal derzeit, dass die Gesetze von Leuten gemacht werden, die eigentlich davon keine grosse Ahnung haben, die eigentlich nicht mal richtig wissen über welche Materie sie sich unterhalten. Da sehe ich auch den ersten Ansatz für uns Piraten, dass wir als Erstes mit in die Regierungsverantwortungen genommen werden, zumindest beim Mitausarbeiten von Gesetzen gefragt werden, als Kompetenz einfach. Das finde ich auch sehr wichtig und sollten meiner Meinung nach auch unsere Kernthemen bleiben, darauf sollten wir uns stützen. Ich sehe zum Beispiel den GP-50 der in Chemnitz dazu gekommen ist, sehe ich eindeutig ableitbar auf unsere Kernthemen, kombiniert mit dem Grundgesetz. Und so sollten wir auch weiter verfahren. Wir wollen gucken was wir von unseren Kernthemen-Aussagen ableiten können und die dann natürlich auch offen benennen.
Flaschenpost: Du hast es häufig angesprochen, dass die Lager untereinander sehr zerstritten sind. Jetzt ist es nicht nur so, dass die Lager zerstritten sind, sondern auch einzelne Piraten untereinander. Es kann natürlich auch sein, dass ein Erzfeind im Prinzip von den Piraten auch kandidiert. Würdest du trotzdem mit ihm zusammen arbeiten, wenn er in den Vorstand gewählt wird und du auch?
Olaf Wegner: Ja, ich bin jetzt ein bisschen am überlegen, wer wäre mein Erzfeind unter den Piraten. Ich habe keinen, von daher, schwierig.
Flaschenpost: Oder den du persönlich nicht gut leiden kannst.
Olaf Wegner: Ja, es gibt sicherlich Leute, wo ich sagen würde, ja das ist mir tausend Mal lieber und mit dem würde ich gerne zusammen arbeiten, aber ich glaube ich kenne keinen Piraten, der jetzt ein K.O.-Argument für mich wäre, dass ich sagen würde, nein, mit dem auf keinen Fall.
Flaschenpost: Abschliessende Frage: Warum sollten wir dich wählen? Ich weiss, ist eine gemeine Frage…
Olaf Wegner: Die Frage ist immer gemein.
Flaschenpost: Na, schmier’s aufs Butterbrot, richtig dick.
Olaf Wegner: Weil ich davon überzeugt bin, dass ich es schaffen kann für eine gute Kommunikation unter den Piraten zu sorgen, den Überblick zu behalten welche politischen Themen derzeit irgendwo unter den Piraten besprochen werden und mich sehr stark dafür einsetzen würde da Redundanzen und Gegensätze schnell zu erkennen und so früh wie möglich zu klären, Gespräche zu führen.
Flaschenpost: Dankeschön. Vielen Dank für dein Interview. Wir wünschen dir natürlich auch viel Erfolg, dass du die anderen Piraten mit deinen Zielen überzeugen kannst. Bis spätestens zum Bundesparteitag in Heidenheim.
Olaf Wegner: Alles klar, vielen Dank.
1 thought on “Kandidateninterview – #02 – Olaf Wegner”
Comments are closed.