Der Bundesparteitag kommt Schritt für Schritt näher. In den Kandidateninterviews wollen wir euch die Kandidaten für den Bundesvorstand und das Bundesschiedsgericht vorstellen. Wir beginnen mit Marcel Schmenk, der für die Posten des Vorsitzenden und des Beisitzers im Bundesvorstand kandidiert.
Flaschenpost: Hallo Marcel. Magst du dich kurz vorstellen?
Marcel Schmenk: Hallo. Mein Name ist Marcel Schmenk. Viele kennen mich dann wahrscheinlich mit dem Nick Slagball. Ich bin diese rote Clown-Fratze. Ich schreib jetzt ziemlich viel auf Twitter. Das artet auch manchmal in Spam aus. 26 Jahre alt, komme aus Oberhausen, NRW.
Flaschenpost: Und, was machst du? Was ist dein Beruf?
Marcel Schmenk: Im Moment bin ich als Produktionshelfer bei einer Zeitarbeitsfirma eingesetzt in Alpen.
Flaschenpost: Wie bist du denn zu den Piraten gekommen? Bzw. wieso bist du Pirat?
Marcel Schmenk: Ich bin schon bei den Piraten seit 2009. Zuerst hatte ich von den Piraten bei der Europawahl gehört. Da hatte ich mir gedacht: Piratenpartei, was ist das für ein Name, was ist das? Und dann habe ich im Internet nachgeforscht, das Wahlprogramm von früher durchgelesen. Da waren dann ja noch nicht so viele Themen bei der Bundestagswahl. Da war Selbstbestimmung, Transparenz, Urheberrecht, Open-Access und Patentrecht. Und halt die Kernthemen der Piraten, die alle mit dem Internet zu tun haben. Da hab ich gesagt, ja klar, mach ich mal mit und dann bin ich zuerst zu Stammtischen gegangen.
Der Erste war der in Essen beim Unperfekt-Haus. Das war ein Versammlungsort für Freigeister, sag ich mal so. Und dort kannte ich niemanden und dann hat sich jeder vorgestellt: “Ja, ich bin bei den Piraten, ich möchte auch hier mitmachen und wollen wir nicht was unternehmen?” Keiner kannte sich da in der Runde und dann, nach mehreren, regelmässigen Treffen, haben wir dann Aktionen gemacht wie Wahlkampf, plakatiert, gegenseitig unterstützt. Dann noch in den Städten wo die einzelnen Personen herkamen, dann ging’s nach Mülheim, Oberhausen, Essen, Duisburg, die Stammtische habe ich besucht und dann habe ich viele Leute hier in NRW kennengelernt. So fing das alles an.
Flaschenpost: Was hast du denn schon bisher bei den Piraten gemacht? Hast du schon Ämter inne oder wie sieht’s denn da aus in deiner Piratenvergangenheit?
Marcel Schmenk: Ämter nicht, ich war in mehreren AGs. 2009 habe ich beim Strassenwahlkampf in Oberhausen, Essen, Duisburg und Mülheim und Neukirchen-Vluyn mitgemacht, am Infostand gestanden und Flyer verteilt, Leute angesprochen. 2010 war hier für NRW eines der Hartfaserplattenlager für die Plakate. Dann kam da hier so ein riesiger Wagen. Der hat dann hier so 2500 Hartfaserplatten vor die Haustür gestellt. Ich glaube 3.5 Tonnen waren das. Und dann hatte ich auf einmal jede Menge Anrufe, mein Telefon wollte gar nicht mehr aufhören, weil alle die direkt am ersten Tag abholen wollten. Es gab auch Probleme mit dem Zulieferer. Es hatte etwas gedauert. Und dann musste ich erstmal mit sehr vielen Leuten telefonieren.
Flaschenpost: Also in dem Sinne hast du Wahlkampf-Koordinator gemacht?
Marcel Schmenk: Nein. Ich war auch Mitglied der Projektgruppe Landtagswahlkampf Ruhr-West 2010. Die PGs die lösen sich ja immer auf. Die sind dann nur bestimmte Zeit und dann wurde von der PG gefragt: Wer hat hier Platz? Und da habe ich gedacht: Ja hier, bitte. Und dann wurde das in den Städten verteilt, für Oberhausen, Mülheim, Duisburg, Bottrop und noch ein paar andere Städte. Den Zettel hab ich sogar noch. Da waren noch viel mehr Städte. Die haben dann Stück für Stück hier alles abgeholt und ja, dann ging’s los mit Plakate kleben und aufhängen. Allein in Oberhausen hatten wir 300 Plakate. Die habe ich dann mit 5 anderen Leuten aufgehangen, auch in Mülheim, für NRW.
Flaschenpost: Also hast du schon eine ganze Menge gemacht für die Piraten und viel mitgeholfen. Was hat dich eigentlich dazu bewogen für den Bundesvorstand zu kandidieren?
Marcel Schmenk: Mir ist zu wenig Präsenz von Jens da. Ich sehe da kaum was. Ich sehe immer nur den Christopher Lauer. Ich weiss ja, wir machen das alle nur ehrenamtlich, aber irgendwie… Und da dachte ich so, ich kann dafür sorgen, dass die Piratenpartei bekannter wird und mehr aktive Mitglieder bekommt, die auch Lust haben mitzumachen. Da habe ich mir gedacht, da gibt es zwei Möglichkeiten: Ich versuche Jens weiter zu unterstützen, oder ich kandidiere für den Bundesvorstand.
Flaschenpost: Warum kandidierst du gerade für das Amt des Beisitzers?
Marcel Schmenk: Für mich ist ja Beisitzer ein Unterstützer des Bundesvorstandes. Und deswegen dachte ich mir, ich möchte ja helfen und das ist der Grund.
Flaschenpost: Was möchtest du denn in deinem Amt als Beisitzer erreichen?
Marcel Schmenk: Dass die Piratenpartei deutlich bekannter wird, auch bei sogenannten Offlinern und ich werde die Leute, die Offliner, ins Internet hinein ziehen. Ich habe da auch schon mehrere Ideen, wie ich die ins Internet rein ziehen kann.
Flaschenpost: Möchtest du da schon was verraten?
Marcel Schmenk: Ja, zum Beispiel habe ich mir überlegt, wenn die Lokalstammtische sind, dann kann man so eine Art Mumble-Konferenz machen, dass, wenn irgendwelche Events laufen, zum Beispiel Mumblediskussion zum Thema Drogenpolitik, die Gäste/Zuhörer der Stammtische ans Mikrofon holen, und denen dann Fragen stellen, wie zB. “Was ist denn mit dem Bürgergeld, wie wollt ihr das finanzieren?” und somit gleich einführen.
Flaschenpost: Du sagtest, dass du mehr aktive Piraten haben willst, oder sie dazu motivieren möchtest. Wie willst du das schaffen?
Marcel Schmenk: Ich habe gesehen, dass sehr viele Leute die Piraten noch gar nicht kennen. Das ist meine Erfahrung von den Infoständen. Bei meinem ersten Infostand war da so “Die Piratenpartei? Sind das nicht Terroristen? Seid ihr nicht die Kinderficker?” und da war schon für mich der Eindruck, dass viele Leute die Piratenpartei noch gar nicht kennen.
Flaschenpost: Ja, aber es geht ja jetzt nicht darum die Bürgerschaft im Prinzip von den Piraten zu begeistern, sondern, dass du auch versuchst auch intern die Piraten wieder für mehr Aktivität zu begeistern.
Marcel Schmenk: Das auch, das auch.
Flaschenpost: Ja, und wie möchtest du das zum Beispiel schaffen?
Marcel Schmenk: Die Bedienung einfacher machen. Also ich bin eigentlich nur Computer-Spieler und zuerst hatte ich gar keinen Ahnung von Wiki und den anderen Piratensachen, die Kommunikationskanäle etc. Ich musst mich zuerst einlesen, das hat Stunden und Tage gedauert, ja Wochen bis ich überhaupt mal was hier hingekriegt habe. Und ich kann den Leuten den Weg einfacher machen, den Zugang.
Flaschenpost: Das ist ja schonmal eine sehr gute Idee. Wieviel Zeit kannst du denn für die Piratenpartei aufwenden? Also als Bundesvorstand hat man sicherlich eine ganze Menge zu tun. Wie sind deine Zeit-Ressourcen?
Marcel Schmenk: Im Moment verwende ich auch ziemlich viel Zeit für die Piraten. Mein Arbeitsort ist zwar eine Stunde weg und ich bin dadurch meistens Zehn Stunden unterwegs, und danach beginnt für mich erst nochmals andere Arbeit, sagen wir mal so. Wie für andere auch, die ehrenamtlich arbeiten. Ich möchte auch die Kommunikation verbessern mit den Bundes-AGs und Länder-AGs wie die anderen AGs das auch machen. Ich war ja 2009 in vielen AGs und plötzlich war das viel zu viel und ich habe die Termine nicht mehr mitgekriegt. Das waren viel zu viele Informationen und irgendwann bin ich dann zu heiss gelaufen und brauchte erstmal Ruhe. Nix mehr Piraten und jetzt wachen auch die anderen NRW-Piraten wieder auf. Das sehe ich.
Flaschenpost: Zusammenfassend kann man also sagen, dass du dich für den Posten Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bewirbst. Was qualifiziert dich denn für diesen Posten? Also warum denkst du denn, dass du das gut hinkriegen kannst?
Marcel Schmenk: Ich bin zwar etwas ruhiger, aber wenn ich mich einmal irgendwo reingefuchst hab, dann mit so einer gewaltigen Energie, dass die Leute erstmal platt sind, sagen wir mal so.
Flaschenpost: Machen wir weiter mit den Perspektiven. Was für Ziele hast du, wenn du gewählt wirst? Also hast ja schon einiges erwähnt, aber kannst du das nochmal kurz und knackig in zwei, drei Stichpunkten sagen?
Marcel Schmenk: Einfacher Zugang zu den Piraten und bessere Handhabung für die sogenannten Offliner, größerer Bekanntheitsgrad für die Piraten.
Flaschenpost: Ok, danke. Zum letzten Bundesparteitag in Chemnitz wurde das Programm ja massiv weiterentwickelt. Wie und welche programmatische Weiterentwicklung wünschst du dir für die Piraten in Zukunft?
Marcel Schmenk: Am stärksten bin ich dafür, dass die Kernthemen, die ich schon genannt habe, Open-Access, informationelle Selbstbestimmung, besonders weiterentwickelt werden. Aber meine Infostand-Erfahrungen sind, dass die Leute immer sagen: “Ja, ich würde euch ja gerne wählen, aber ihr müsst euch noch anderen Themen stellen.” Ich bin für diese Öffnung, eine schnellere Öffnung als jetzt, sage ich mal so.
Flaschenpost: Du möchtest also nicht blockieren, sondern einfach weiten (walten?) lassen.
Marcel Schmenk: Eine schnellere Öffnung, ja. Jens wollte ja, dass das erstmal ganz langsam geht. Ich möchte eine schnellere, dass die Partei sich auch mit anderen Themen beschäftigt.
Flaschenpost: Welche Themen, neben der Kommunikation, findest du wichtig?
Marcel Schmenk: Internet, Gewaltspiele und soziale Themen, zum Beispiel öffentlicher Nahverkehr, Bürgergeld, Liquid-Feedback.
Flaschenpost: Du meinst Liquid Democracy als Wahlprogramm?
Marcel Schmenk: Ja, genau!
Flaschenpost: Kommen wir zur letzten Frage: Welche Zukunft wünschst du dir denn für die Partei?
Marcel Schmenk: Natürlich wünsche ich mir auch, dass die Piratenpartei, die Kandidaten auch mal in die Landtage und in den Bundestag einziehen.
Flaschenpost: Lieber als Oppositions oder als Regierungsbeteiligung?
Marcel Schmenk: Regierungsbeteiligung.
Flaschenpost: Was wäre denn das Erste, was du machen würdest, wenn du in das Regierungsgremium einziehen würdest?
Marcel Schmenk: Mehr Transparenz. Es gibt ja immer schon, jetzt bei Phönix, dass der Bundestag gesendet wird, aber ich wäre trotzdem für viel mehr Transparenz. Und Internet im Bundestag. Dann das Indizierungsverbot ändern.
Flaschenpost: Meinst du bei Computerspielen?
Marcel Schmenk: Ja. Ich finde Jugendschutz zwar wichtig, aber ich finde, dass ich als Erwachsener so “behindert” werde, das finde ich nicht in Ordnung. Von mir aus kann es so wie bei den Erotik-Filmen Erwachsenen-Bereiche geben, aber keine Indizierung. Also nicht so, wie sie jetzt ist. Nicht mehr beworben in Zeitschriften und Beschlagnahmung. Das würde ich gerne weg haben oder geändert.
Flaschenpost: Ja, dann vielen Dank Marcel für das Interview. Wir wünschen dir viel Erfolg, dass du die anderen Piraten mit deinen Zielen überzeugen kannst. Bis spätestens zum Bundesparteitag in Heidenheim. Tschüss!
Marcel Schmenk: Tschüss und Danke!
Danke für dieses Interview!
ich war mir vorher bereits relativ sicher ihn nicht als Vorsitzenden zu wählen – und diesen Anspruch hat er ja eigentlich auch gar nicht, wie er selbst sagt will er schliesslich eher unterstützen denn leiten.
Ansonsten wirkt er sehr motiviert und auch sympathisch, aber auch teilweise ziemlich blauäugig auf mich.
Liquid Feedback mit Liquid Democracy gleichzusetzen halte ich jedoch für ein böses Foul.
Die Idee “Leute ins Internet zu ziehen” ist zwar nett, auch wenn mir die Umsetzungsideen nur teilweise hilfreich scheinen (der Mumble-Vorschlag, wtf?), aber das sollte eigentlich weniger das Ziel sein, eher sollten die Leute in die Partei integriert werden, das kann durchaus auch rein offline sein, auch wenn dann einige Beteiligungsmöglichkeiten fehlen.
Hey ne das das 2 Unterschiedliche Sachen sind weis ich 🙂
Das Interwiev war trotz vorbreitung für mich etwas anstengend weil ich mich manchmal nicht so gut ausdrücken kann…
Das wird einige Zeit dauern bis das flüssig klappt aber ich denke das bekomme ich hin.
Hmm Wieso nicht zusätzliche “Schnittstellen” schaffen? Sicher Real ist immer besser. Aber so könnten die Leute mal sehen wie es auch anders/bequemer geht.
Ich hab mir das Liquid Democrcy Konzept angesehen.
Schön das anscheind wenigsten mein nervöses
böses Atmen raus ist.(jedenfalls hab ich nichts gehört).
blauäugig ja kann sein..aber die blauen Augen will ich mir dann holen…ich MÖCHTE die Erfahrung machen.
Ich hab mir nach dem Interview extra nicht das Interwiev angehört sondern es einfach mal so “unbearbeitet” gelassen um mir auch die Reaktionen bei Twitter usw anzusehen. Ich bekomme sehr viel mit. Mir ist klar das ich mir gegen die anderen “Kampfstarken” was einfallen lassen muss und das werde ich auf dem BPT auch. Ich kann mir auch schon vorstellen wie die Fragerunde aussehen wird und welche Fragen kommen werden. Naja Grillt mich! Aber wundert euch nicht wenn Flammen zurückschlagen 🙂
Zu den erheiternden Reaktionen im Netz: Naja schön das ich anderen Leute eine Freude bereite..und fremdschämen sollte man sich sicher nicht. Villeicht muss ich einfach noch längere ausführlichere Text auf meine Wikiseite klatschen damit ihr viel zu lesen habt. Da werde ich dann was sagen von Themen von A-Z.
Nur bräuchte ich dann auch Fragen zum beantworten und wenn meine Antworten zu vage sind dann schreit doch anstatt über Twitter zu meckern ihr Meckermuffel/Minusmenschen!
Ich habe nur einfach das beantwortet was ich für MICH am wichtigsten halte. Und das ist mehr als nur Internet im Bundestag. Ich wollte aber nicht einen stundenlangen Schwall ablassen und habe das Interview eher als Kurzprofil gesehen. Im Nachhinein muss ich sagen das ich wohl bessere und weitere Ausführungen hätte machen sollen. Naja hinterher weis man eh immer alles besser. Das warmein erstes Interview in meinen Leben also m0wl bitte!(Scherz). Ich kanns eh nicht jeden Recht machen damit muss ich leben…dann wählt jemand anderen. Ok Hauptsache da ist viel Auswahl da. Ich gehe davon aus das ca 15-20 Kandidaten für den Buvo/Beisitzer da sein werden.
okay, vielleicht kam ich etwas harsch rüber, sorry.
Ich hab mir das Interview nicht angehört, nur durchgelesen (erkenne mittlerweile, dass das evtl auch noch eine gute Idee gewesen wäre).
Ich halte dich, wie gesagt, für sympathisch und motiviert, aber ich denke dass eine Arbeit als Beisitzer im LVor oder BVor für dich erstmal sinnvoller wäre, soweit meine Meinung ohne dich persönlich zu kennen 😉
Fragen hab ich nunmal keine weiteren und ich wünsch dir auf jeden Fall viel Erfolg, ob ich für dich als Beisitzer im BVor stimmen werde, überlege ich mir auf jeden Fall noch 😉
Ne du warst ja auch nicht gemeint ich…hatte nur einige Sachen im Netz gesehen die wie ich schon vorher wusste auch eintraten. Ich hab jetzt einige sehr..”nette” Sachen gesehen. Aber das wusste ich vorher das das passiert.
Deine Kritik ist ja ok. Und die vieler Anderer. aber da sind auch Sachen bei da schlägt mir der Puls bis an die Decke.