Wir haben mit Stephan Heinicke, Direktkandidat in Niedersachsen, ein Interview zum aktuellen Landeswahlkampf geführt.
Nachstehend ein kleiner Auszug aus dem geführten Gespräch.
Flaschenpost: Stephan ist mit Leib und Seele Pirat und Niedersachse und engagiert sich im aktuellen Wahlkampf. Was ist dein persönliches Pensum derzeit bei Aktionen der Piraten?
Heinicke: Das ist schwer abzuschätzen, da ich darüber nicht Buch führe. Ich habe mir extra freigenommen. Die Wochenenden sind zugepflastert. So hatten wir dieses Wochenende eine spezielle Aktion, den mobilen 42-Stunden-Infostand. Da habe ich allein 25 Stunden investiert und komme damit auf etwa 32 Stunden allein am Wochenende.
Flaschenpost: Wie wird der Wahlkampf in Niedersachsen von der Bevölkerung aufgenommen? Es gab bereits Kritik, dass die Wahlplakate unauffällig sind. Wie ist die Rückmeldung der Wähler?
Heinicke: Das ist sehr unterschiedlich. Die Kampagne soll die Menschen zum Nachdenken anregen. Schwierig ist dabei, insbesondere in den ländlichen Bereichen, dass sich die Plakate nicht von allein erklären. Wenn man im Auto sitzt und am Plakat vorbeifährt, dann hat man nicht die Möglichkeit darüber nachzudenken. Gerade dort bekommen wir die Rückmeldung „Was soll das?“, „Verstehen wir nicht“, „Wem gehören die Plakate?“.
In der Stadt ist das etwas anders. Wenn die Leute Zeit haben, sich die Plakate anzusehen, oder wenn manche Wähler ein Smartphone herausnehmen und auf die Seite Ideenkopierer.de gehen, dann erschließt sich diese Kampagne.
Flaschenpost: Wenn die Wähler das verstanden haben, wie sind dann die Meinungen?
Heinicke: Das ist eine gute Frage. Die Leute, die es verstanden haben sagen, es ist eine ziemlich coole Aktion. Aber wir wissen nicht, wie groß die Reichweite ist.
Flaschenpost: Probleme bei der Verständlichkeit, bei der parteilichen Zuordnung, das ist dann sicher noch mal eine Sache, über die man zukünftig nachdenken muss. Wenn die Plakate jetzt nicht so die Aufmerksamkeit haben, wie trefft ihr die Bevölkerung? Macht ihr Kundgebungen, geht ihr an Infotischen raus, was sind eure Möglichkeiten?
Heinicke: Wir machen verschiedene Sachen. Seit Anfang Dezember regelmäßig Infostände und wir organisieren Informationsabende. Etwa mit Tim Weber die Veranstaltung „Mehr Demokratie“ und in dieser Woche eine Veranstaltung mit Michael Bernd, dem Physiker, zum Thema Energiewende. Diese Veranstaltungen bewerben wir natürlich und flyern dazu oder sprechen auf der Straße und an den Infoständen die Bürger an. Wir hoffen, damit den Nerv der Leute zu treffen, damit sie sich ein bisschen schlau machen.
Podiumsdiskussionen, auf denen mehrere Parteien vertreten sind, sind deutlich besser besucht, auch wenn da nicht so viel Werbung für gemacht wird. Das ist dann eine gute Möglichkeit, die Positionen der Partei einfach mal darzustellen. Das schönste für uns war eine Podiumsdiskussion zur Einführung von Pflegekammern in der Universität Osnabrück, da waren 150 -170 Interessierte aus dem Pflegebereich, eine insgesamt sehr interessante Veranstaltung
Flaschenpost: Die Veranstaltungen, über die wir jetzt gesprochen haben, sind sehr inhaltsreich, aber in der Reichweite weniger gut? Was ist mit Infoständen und dem Straßenwahlkampf?
Heinicke: Das sind die klassischen Mittel, mit denen wir jetzt in der heißen Phase des Wahlkampfes die Leute erreichen. Dort erhalten wir auch sehr viel Unterstützung, materiell und Manpower, durch Helfer aus den umliegenden Bundesländern. Dabei werden wir vom Wähler sehr positiv wahrgenommen. In den Fußgängerzonen der Städte haben wir sehr viel Laufkundschaft, man kann viele Leute ansprechen, die meisten sind gewillt, mal ein Programm mitzunehmen und viele, die direkt auf einen zukommen und z.B. erzählen, dass sie uns schon per Briefwahl gewählt haben. Das bestärkt natürlich, was man macht.
Im ländlichen Bereich ist das ein bisschen anders. Die Leute kommen auf einen zu und erzählen ein bisschen die Sorgen. Das ist dann nicht immer landes-, sondern häufig kommunalpolitisch. Im Gespräch kommt dann auf den Tisch, wo der Schuh drückt.
Flaschenpost: Was sind eure Ressourcen und Hilfsmittel im Wahlkampf? Dürft ihr z.B. die Orange Pearl oder andere Hingucker nutzen?
Heinicke: Die Orange Pearl ist prinzipiell in Niedersachsen unterwegs. Wir haben einen umgebauten Imbisswagen, aus dem heraus man Material verteilt und die Leute informiert. Als Partei, die das kleinste Wahlkampfbudget hat, gucken die anderen Partien schon mal neidisch, wenn die im Regen mit ihrem Sonnenschirmchen da stehen, dass wir so etwas Schönes haben.
Dann haben wir ein Piraggio, das ist ein umgebauter Vesparoller zu einem dreirädrigen Gefährt mit Kabine. Da kann ein Mensch gerade drin sitzen. Es ist orange mit vielen Aufklebern und ein echter Hingucker, der von den Menschen positiv wahrgenommen wird.
Flaschenpost: Das klingt nach einer lustigen Idee. Ich habe es selber auch schon gesehen. Insbesondere, wenn Piraten über 1,75m darin sitzen, ja, das ist ein Hingucker. Bei dem Imbisswagen habe ich gerade diese komische Assoziation aus dem NRW-Landtagswahlkampf, bei dem es hieß „Currywurst ist SPD“, das habt ihr jetzt auf die Spitze getrieben?
Heinicke: Könnte man meinen (lacht). Aber der Wagen ist deutlich zu erkennen als Wahlkampfwagen. Wir haben das Piratomobil, so nennen wir den Imbisswagen, dazu genutzt, um in der Innenstadt ab 21:00 Uhr den Nachtschwärmern zu begegnen. Wir haben das Piratomobil hübsch beleuchtet, Plakate aufgehängt, uns mit 40L Glühwein bewaffnet, den wir verschenkt haben, und die Aktion ging bis morgens um 2:00h. Noch keine andere Partei ist auf die Idee gekommen, so etwas anzubieten.
Flaschenpost: Auf dem BPT gab es den SÄA 042 zur Parteienfinanzierung, der abgelehnt wurde. Wie unterstützen euch die anderen Landesverbände?
Heinicke: Wir haben Unterstützung aus dem Bereich der Basis. Etwa Mitglieder aus Hessen, Hamburg, Bremen, NRW. Ganz viele, etwa 8.000 der Hohlkammerplakate sind uns aus NRW gespendet worden. Eine schöne Geste, so wird von NRW Fahrtkostenzuschuss gewährt, ein Landtagsabgeordneter kommt für den Wahlkampf vorbei. Insgesamt viel Hilfe von der Basis, zum Teil auch aus den Verbänden, aber da hätten wir uns ein bisschen mehr Solidarität gewünscht.
Flaschenpost: Vom Tiefpunkt im Herbst sind inzwischen wieder zaghafte Zuwächse in der Wählergunst zu verzeichnen. Was sind deiner Meinung nach die Ursachen?
Heinicke: Zum einen, dass sich die Wähler erst kurz vor dem Termin mit der Wahl beschäftigen und uns momentan wieder anders wahrnehmen. Wobei der Wähler allerdings nicht differenziert, dass es z.B. auf Bundesebene Querelen gegeben hat. Da waren Dinge, die uns nicht in die Karten gespielt haben. Ich glaube, man nimmt uns hier in Niedersachsen wahr als Partei, die sich wirklich einsetzt für Bürgerrechte und Kernthemen, die an anderen Parteien vorbeigehen.
Flaschenpost: Im Werbespot wird neben der freien Verfügbarkeit von dem Rohstoff Wissen auch Wert gelegt auf regional erzeugte, regenerative Energien. Biogasanlagen werden von euch kritisch betrachtet. Steht das im Widerspruch?
Heinicke: Es ist kurzsichtig, nur auf die Biomasse abzuzielen. Man muss sehen, welche Konzepte sind tragbar. Aktuell gibt es ein Projekt, wo der Landkreis Osnabrück einen Windpark bauen möchte, unter Einbeziehung der Bürger. Die haben dann Mitbestimmung und das führt zu einer deutlich höheren Akzeptanz.
Wenn wir wirklich von der Atomkraft weg wollen, müssen wir Kompromisse machen. Man muss überlegen, wie man Stromtrassen intelligent die Leistung zuführt, um dann kleinere Netze und Leitungen zu haben. Man muss nachdenken über Netze mit deutlich reduzierter Voltzahl, nachdenken über die Erdverkabelung. Man muss da offen sein für neue Ideen.
Der Tidenhub der Nordsee ist zur Zeit vollkommen ungenutzt und da müssen wir einfach weiterdenken.
Flaschenpost: An eurem Wahlwerbespot ist mir angenehm aufgefallen, er hat durchgängig Untertitel. Wie stark ist die Resonanz bei der Inklusion?
Heinicke: Damit, dass wir den untertitelt haben, sind wir viel näher dran am Wähler, als andere Parteien. Inklusion ist gerade vor Ort ein großes Thema. Es gibt einfach die Verpflichtung, Inklusion umzusetzen, z.B. im Bildungsbereich. Letztens war ich auf einer Ausschusssitzung, da hieß es, „ja, Inklusion müssen wir umsetzen, wir warten mal ab.“ Da habe ich gedacht, das können die doch nicht wirklich ernst meinen. Wenn da was auf uns zukommt, was kann auf uns zukommen und wie können wir da was machen? Inklusion heißt ja nicht nur, wie mache ich aus einer Treppe eine Rampe. Sondern auch, wie gehe ich mit Jugendlichen um, die nur in Kleingruppen lernen können, wie kann ich das personell hinbekommen. Wir haben viele Bereiche, wo wir feststellen, wo wir keine Barrierefreiheit haben. Zu unserer Gesellschaft gehört es, auch die Menschen mit Behinderung in allen Bereichen mitzunehmen. Die Bevölkerung ist sensibilisiert und schaut, was machen die Parteien.
Flaschenpost: Von Katta habe ich gehört, dass sie eine kleine Anfrage bereits fertig formuliert hat. Der Einzug ins Landesparlament für euch nur Formsache?
Heinicke: Ich glaube nicht, dass es nur eine Formsache ist. Es wird ein knapper Ausgang werden. Die bisherigen Umfragen haben gewisse Unschärfen, da werden z.B. Leute per Festnetz befragt und unsere Stammwähler haben gar kein Festnetz mehr. An der Wahlbörse, die in der Vergangenheit sehr treffsicher war, schwanken wir knapp über den 5%. Deshalb sind wir ungebrochen optimistisch. Ich gehe von 5% + X aus. Aber es wird knapp.
Flaschenpost: Wir wünschen euch von der Flaschenpost einen spannenden Restwahlkampf und drücken euch die Daumen.
Ihr dürft die Dinge nicht zu kompliziert machen! Macht den Menschen klar das Ihr Sie um Ihre Meinung fragen werdet und der Erfolg wird Euer/Unser sein. Plakate die keiner sofort versteht sind den Druck nicht wert.
Wir brauchen Unterstützung auf breitester Front – Alle müssen verstehen um was es geht…..
Macht den Menschen klar das Ihr Sie fragen werdet und Sie werden Euch wählen
Bernard hat recht. Plakate müssen plakativ sein. Sie müssen von jedermann sofort verstanden werden können. Sie müssen auch klar sichtbar sein. Das ist sehr wichtig. Und dass auf den Plakaten nicht “Piratenpartei” steht, ist ein Unding! Wo waren eure Berater?!