In unserer Reihe der Kandidateninterviews wollen wir euch die Kandidaten für den Bundesvorstand und das Bundesschiedsgericht vorstellen. Heute geht es mit Matthias Pfützner weiter, der als Bundesvorsitzender, Stellvertretender Vorsitzender und für einen Beisitzer-Posten im Bundesvorstand kandidiert.
Flaschenpost: Stell dich einfach mal kurz vor: Wer bist du, wie alt bist du und was machst du?
Matthias: Den Namen habt ihr ja gerade gehört, Matthias Pfützner, geboren am 24. Mai 1964. Das bedeutet derzeit 46 Jahre alt. Ich wohne in Darmstadt, hab’ hier auch studiert und bin zum Studium in Darmstadt hängen geblieben. Bin in Frankfurt geboren und in Wiesbaden aufgewachsen, also ein waschechter Hesse. Mein Vater kommt aber aus Norddeutschland und meine Mutter war auch Hessin. Was tue ich? Ich bin angestellt bei der Firma Sun Microsystems, die aufgekauft wurde durch Oracle. Damit bin ich derzeit ein Mitarbeiter der Firma Oracle in Deutschland und bin seit acht Jahren geschieden. Ich war 13 Jahre vorher verheiratet mit einer Frau, die ich über 20 Jahre kannte. Bin aber derzeit in keiner Beziehung, seit etwa einem halben Jahr sozusagen Single.
Was ich beruflich tue bei Oracle, sind im Prinzip vertriebsunterstützende Tätigkeiten, das heißt, das technische Gewissen für unsere Vertriebsleute. Die Themen, auf denen ich mich dort tummle oder mit denen ich mich beschäftige, sind primär klassische hardwarenahe Themen, weil das über die Sun Microsystems GmbH natürlich vorgegeben ist. Womit ich mich befasse, sind Hochverfügbarkeits-Architekturen oder auch das Ausrollen von Softwareumgebungen, klassisch neudeutsch Provisioning genannt, als auch in letzter Zeit dann Themen rund um das Cloud Computing. Ich glaube, damit habe ich eine ganze Menge über mich erzählt als Person erst mal, und damit zurück zu euren Fragen.
Flaschenpost: Wie bist du denn zu den Piraten gekommen beziehungsweise warum bist du denn Pirat?
Matthias: Es ist so, dass ich schon lange politisch mich engagieren wollte. Das fing zum Beispiel mit Überlegungen an vor ein paar Jahren, als ein Kollege von mir Bürgermeister in Bad Schwalbach, einer schönen Gemeinde hier im Taunus, wurde. Es war ein Vertriebler, der von der FDP kam, mit dem ich auch eine ganze Menge zu tun hatte, also dienstlich unterwegs war. Und da hatte ich angefangen mir Gedanken darüber zu machen, in welcher Partei man denn eintreten könnte.
Hatte zu dem Zeitpunkt, das ist jetzt schon ein paar Jahre her, auch sozusagen klassisch aus meiner Beratertätigkeit Return-on-Invest-Analysen der im Bundestag vertretenen Parteien gemacht. Also auf deutsch geguckt, was wollen die als Mitgliedsbeitrag und was hat man dafür dann als Möglichkeiten in so einer Partei, und habe dann recht schnell festgestellt, das lohnt sich nicht. Am schlimmsten sind die sozial orientierten, also alles das, was links ist. Die wollen das meiste von einem an Geld haben und dafür darfst du dann in einem Ortsverband oder im Ortsverein sitzen und mal kurz die Stimme erheben. Ist nicht wirklich erfreulich. Dummerweise kam dabei raus, dass bei der FDP return-on-invest am größten gewesen wäre, denn die wollen am wenigsten für das, was man dort erreichen kann.
Aber Scherz beiseite. Darum ging es nicht. Ich bin so alt, dass meine erste wirkliche Bundestagswahl dadurch geprägt war, dass sie nach dem einzigen wirklichen Misstrauensvotum, was in der Bundesrepublik erfolgreich gewesen ist, also die Abwahl von Helmut Schmidt, durch ein konstruktives Misstrauensvotum dazu führte, dass danach Bundestagswahl war. Da durfte ich also dann zum ersten Mal wählen und war mit dem, was dort zum Wählen anstand, nicht wirklich glücklich.
Ich bin klassisch eher SPD oder Rot-Grün orientiert. Wen ich sehr bewundere bei den Grünen ist Joschka Fischer, insbesondere dann, als er Außenminister geworden ist. Das ist für mich ’ne Person, die sich im Prinzip nicht verbogen hat und es gezeigt hat, dass man sich durch intensives Einarbeiten in Themen sogar eine internationale Akzeptanz erreichen kann. Früher natürlich Personen wie Herbert Wehner aus der SPD oder auch Willy Brandt.
Wieso bin ich jetzt Pirat geworden? Hintergrund hat natürlich damit zu tun, dass ich in der IT extrem lange auch jetzt beschäftigt bin, bevor ich zu Sun kam, das sind nun über 13 Jahre, war in der Forschung und Lehre bei der Frauenhofer Gesellschaft hier in Darmstadt tätig. Einige können sich vielleicht daran erinnern, dass die dritte World Wide Web Konferenz 1995 hier in Darmstadt stattfand. Das war die Konferenz, auf der Java das Licht der Welt erblickte.
Aber als Mitarbeiter bei der Frauenhofer Gesellschaft hier in Darmstadt habe ich natürlich vorher schon mit den Dingen Kontakt aufgenommen, die heute das Internet ausmachen. Daher kenne ich mich in diesem Themenbereichen relativ gut aus und alles das, was ich dann halt im Kontext mit Zimmermann als Innenminister und in Verschärfungen dann über Schäuble, Zensursula abgezeichnet hat, führte mich dann, sagen wir mal so, vollkommen natürlich hin zu den Piraten, sodass es dann gar keine große Überlegung mehr war, irgendwann dort einzutreten.
Das Datum, zu dem ich eingetreten bin, war die letzte Bundestagswahl. Da habe ich also an dem Sonntag mein Eintrittsfax losgeschickt. Ich weiß aber nicht ganz genau, wie lange ich vorher schon mit dem Gedanken mich getragen hatte, bei den Piraten einzutreten. Bin dann auch erst nach dem Eintritt direkt hier zum nächsten Stammtisch in Darmstadt gegangen, wo ja auch hier eine ganze Menge aktive Leute existieren. Wir stellen aus unserem Kreisverband derzeit sogar den politischen Geschäftsführer für Hessen, den Tim Guck, mit dem ich mich sehr gut verstehe.
Der hessische Landesverband hatte mich partiell gebeten, insbesondere auch hier der Kreisverband in Darmstadt hat mich sehr häufig gebeten, schon irgendwelche Vorstandsposten hier auf lokaler Eben zu übernehmen. Habe ich für mich immer gesagt, dass ich glaube, dass meine Berufung eher in etwas größer angelegten Aufgaben besteht als nur auf lokaler Ebene.
Deswegen bin ich ein sehr aktiver Basispirat hier in Darmstadt, aber habe mich immer davor, ich will nicht sagen gedrückt, aber mich darum gedrückt, diesen Wünschen hier sozusagen als Vorstandsvorsitzender oder als Vorsitzender für den Kreisverband zu kandidieren, also nie diesen Wünschen nachgegeben, sondern mich eher darauf konzentrieren wollen mehr, “größer” klingt jetzt blöd oder “mehr zu werden” klingt genau so blöd, aber ich denke eben, dass für mich persönlich es nicht befriedigend wäre, das klingt jetzt böse, ist aber nicht so gemeint, nur auf Kreisverbandsebene wirklich tätig sein zu können. Ich habe wieder viel geredet, ich gebe dir mal wieder ein bisschen Luft.
Flaschenpost: Was hast du denn bisher so bei den Piraten gemacht? Also hast du schon irgendwelche Ämter inne gehabt, weil du sprachst ja gerade davon, dass du schon partiell zugesprochen wurde.
Matthias: Nein, Ämter habe ich selber noch nicht gehabt. Ich hatte auf dem hessischen Landesparteitag kandidiert für den politischen Geschäftsführer. Das hätte ich mir vorstellen können. Ich wollte nicht gegen Ralf Praschak und Uwe Schneider hier in Hessen antreten, weil ich die beide für gut halte und deswegen hatte ich mir da damals einfach ausgedacht, dass ich eben “nur” wieder eine kleinere Position in Hessen vertreten oder übernehmen könnte.
Dort wurde ich dann bei der Wahl, ich sag’s mal so, von Tim Guck links überholt, was nicht böse ist. Er hatte für den Posten nicht kandidiert. Er hatte kandidiert für andere Posten, auf die er nicht gewählt wurde und hatte sich da kurzfristig entschieden, doch noch für den politischen Geschäftsführer zu kandidieren, was ihm dann honoriert wurde und er dann diesen Posten bekam. Bin ich ihm nicht böse drum. Er ist sicherlich ein sehr guter politischer Geschäftsführer.
Um die Frage direkt zu beantworten: Nein, ich hatte keine Ämter in der Partei bisher inne. Habe aber mal dafür kandidiert und wie gesagt, bin hier im Kreisverband auf jeden Fall ein sehr aktiver Pirat. Das werden euch die lokalen Leute hier bestätigen. Das kann man auch auf meiner Unterstützerseite, die ich im Wiki eingerichtet habe, nachlesen, dass die im Prinzip sich auch wünschen, dass ich stärker in Verantwortung für die Partei eintrete, weil sie mich als einen, ja vielleicht moderierenden, aber auch einen bestimmten Menschen wahrnehmen, der sicherlich aus ihrer Sicht geeignet ist, dann auch Verantwortung zu übernehmen für solche Dinge.
Flaschenpost: Initial bist du ja zu den Piraten durch die Zensursula-Debatte gekommen, kann man so kurz und grob sagen. Welche Interessenschwerpunkte hast du denn noch so politisch?
Matthias: Also wenn man mir ein Bundesamt in der Regierung andienen würde, würde ich mir wünschen oder würde ich beim Außenministerposten sicherlich nicht Nein sagen. Ich bin sicherlich kein Mensch, der mit Finanzen täglich gerne umgehen würde. Deswegen ist so ein Posten wie ein Schatzmeister sowas nicht mein Ding. Wie gesagt, das wäre so ein Punkt, den ich mir vorstellen könnte, das könnte mir Spaß machen. Politische Interessen sind dann damit begründet oder dadurch ausgeprägt, dass ich kulturell mich stark interessiere für alles, was zwischenmenschlich ist. Insbesondere auch über unterschiedliche Kulturen hinweg.
Das macht dann sicherlich auch das, was ich vorhin so als das, was andere an mir schätzen genannt habe, nämlich die moderierende oder ausgleichende Fähigkeit aus, dass ich mich eben relativ einfach, relativ schnell in fremde Vorstellungswelten eindenken kann und damit in der Lage bin, auch deren Sichtweisen zu verstehen und damit in der Lage bin, auch dann ausgleichend tätig zu sein. Also ich sehe mich eher als Moderator und das war dann auch die initiale Idee, warum ich gedacht hab’, dass es für den Bundesvorsitz wichtig sein könnte.
Nicht weil ich jetzt die Frontsau sein will, sondern weil ich denke und weil wir gesehen haben im letzten Jahr, dass eben relativ wenig gemeinschaftliche Aktionen aus dem Bundesvorstand heraus kamen. Was ich darauf zurückführe, dass dort eben persönliche Differenzen zwischen einigen Vorständen existieren und ich das Gefühl habe, aus der Ferne, dass eben die Moderation oder die Vermittlung zwischen den aktuellen Mitgliedern des Bundesvorstandes nicht wirklich funktioniert.
Das war sozusagen der Auslöser für mich zu kandidieren. Ich werde mal gespannt sein, was in den nächsten vier Wochen auf der Kandidaten-Wikiseite passiert. Und vielleicht muss ich dann ja gar nicht mehr für den reinen Vorsitz kandidieren und würde mich rein mit einem Beisitzerposten begnügen. Ich glaube aber nicht, dass ich das zurückziehe. Wir sind jetzt schon so weit, wir haben nur noch vier Wochen. Das hilft dann sicherlich auch in der Darstellung meiner Person, wenn ich dann dort auch wahrgenommen werde als jemand, der dann auch bereit ist die Verantwortung für die Partei auf Bundesebene zu übernehmen.
Flaschenpost: Du hast jetzt gerade ja schon relativ viel dazu gesagt warum du für den BuVo kandidierst. Kannst du nochmals spezifizieren, warum du genau für diese Ämter, also außer dem Schatzmeister für alle Ämter, kandidierst?
Matthias: Ja, kann ich gerne nochmal machen. Ich habe in meinem Wikibeitrag oder in meinem Blogbeitrag ja auch versucht, ein bisschen auszuarbeiten. Ich denke, dass ich jemand bin, der auf Grund auch der beruflichen Tätigkeit in der Lage ist, mehrere Dinge zu vereinen: a) einen wilden Haufen von unterschiedlichsten Charakteren zusammenzuführen, gemeinschaftlich zu leiten.
Ich hatte eine ganze Weile lang Personalverantwortung bei Sun für eine Gruppe von Spezialisten, und Spezialisten sind typischerweise Menschen, die nicht stromlinienförmig sind, sondern die alle extrem individuell sind, und hatte es geschafft, diese eben sehr positiv voranzubringen und etwas zu erreichen, was man vielleicht umschreiben kann mit 1+1=3, also dass die Summe der einzelnen Elemente mehr ergibt als nur die tatsächliche Summe dieser Einzelelemente. Das wäre sozusagen dann die Aufgabe, die, aus meiner Sicht heraus, für den klassischen Vorstand einer Partei oder dem Bundesvorstand einer Partei wichtig ist.
Dazu kommt dann natürlich auch die, wie eben schon von mir genannt, Frontsau-Funktionalität. Also die Bereitschaft sich nach vorne zu begeben, auch pressewirksam, öffentlichkeitswirksam aufzutreten. Auch das sind Dinge, die ich beruflich natürlich schon viel tun musste, weil ich nun bei 13 Jahren Sun Microsystems nicht mehr nur derjenige bin, der mit ’nem Admin im Rechenzentrum spricht, sondern sehr wohl auch schon mit Vorstandsvorsitzenden von Firmen zu tun hatte oder auch von Consultingfirmen zu tun hatte und mit denen dann umgehen kann. Beziehungsweise dann auch auf entsprechend großen Veranstaltungen mich auf die Bühne gestellt habe und dort Vorträge gehalten habe zu Themen, die mir zum Teil auch, als ich den Vortrag gehalten habe, natürlich vollständig noch nicht vollständig oder hundertprozentig bekannt waren. Also die Möglichkeit sich mit unbekannten oder nicht vollständig bekannten schnell anfreunden zu können, nach vorne zu treten zu können und diese dann auch überzeugend vermitteln und rüberbringen zu können wäre dann die zweite Fähigkeit, die ich mitbringe, um den Bundesvorsitz zu übernehmen.
Für den Stellvertreter gilt ähnliches. Der muss natürlich dann in zweiter Reihe da sein. Da käme dann mehr die vermittelnde Wirkung oder die ausgleichende Wirkung ins Spiel, weniger die Frontsau-Funktionalität. Und dann hatte ich ja eben schon gesagt, dass ich mir auch den Posten eines politischen Geschäftsführers sehr gut vorstellen könnte, deswegen hatte ich ja auch in Hessen für diesen Posten schon kandidiert. Das wäre dann sozusagen der Punkt mit dem Beisitzer, den ich dort dann inhaltlich füllen würden. Für mich wichtig beim Beisitzer wäre dann, insbesondere in der Funktionalität, wir haben ja diesen Posten nicht offiziell, Funktionalität politischer Geschäftsführer, dass eben dort Dinge gemacht werden, die voranbringen die Weiterentwicklung der Partei.
Für mich wäre da momentan weniger wichtig, dass wir eine Vollpartei im nächsten Jahr werden oder eine Vollprogrammpartei werden, sondern für mich ist dort wichtiger, dass wir die Themen, die wir bisher klassisch besetzen wollen, endlich mal so rüberbringen, dass auch mehr als nur die zweieinhalb Prozent, drei Prozent, die uns bisher aus der Bevölkerung wählen, wählen würden. Das bedeutet natürlich, dass wir dazu Profil schaffen müssen, dass wir damit klassische Positionspapiere zu Änderungen an schwierigen juristischen Sachverhalten, ich nenne mal hier das Datenschutzgesetz, herausbringen müssen. Das setzt ernsthafte, wichtige Arbeit voraus und nicht bloß das “Wir sollten mal, wir müssten mal, wir könnten mal”.
Das muss getrieben werden, da muss sich einer darum kümmern und dann auch partiell Mitarbeit übernehmen. Denn der Bundesvorstand sollte nicht nur delegieren, sondern eben auch mitarbeiten, beziehungsweise diese Arbeit leiten. Ich glaub’, damit habe ich jetzt alle drei Funktionen, für die ich kandidiere beschrieben und hoffentlich auch ein kleines bisschen einen Einblick geben können, warum ich mir vorstellen kann, auf all diesen drei Posten geeignet zu sein.
Flaschenpost: Ja, das hast du durchaus und das hast du auch sehr ausführlich getan. Was mich noch interessieren würde ist, wie du dir die alltägliche Arbeit im Bundesvorstand vorstellst. Wenn du gewählt wirst: Was genau tust du dann?
Matthias: Alltäglich ist ’ne ganz schwierige Frage. Ich glaube, in dieser Partei ist nichts alltäglich. Wir werden ja täglich mit Dingen überrollt oder konfrontiert, die immer wieder relativ spontane Reaktionen erfordern, unter Umständen auch manchmal auch schnelle Entscheidungen erfordern. Wichtig dabei ist Erreichbarkeit. Das heißt, dass ich erreichbar bin a) für die Basis b) für die anderen Mit-Mitglieder des Bundesvorstandes. Das glaube ich, kann ich sicherstellen.
Der zweite wichtige Punkt ist dann sicherlich, und das kann man auch bei vielen anderen Kandidaten momentan nachlesen, dass nach der Wahl erst einmal eine relativ enge Zusammenarbeit des neu gewählten Bundesvorstandes initiiert werden muss, was auch zu mehr als nur einer alle Monate oder von mir aus auch nur wöchentlich in Person treffenden Aktion stattfindet. Ich denke schon, dass wir uns dann, sollte ich gewählt werden, sogar direkt in Heidenheim am Sonntag nochmal Zeit nehmen sollten uns zusammen zu setzten für eine Stunde, zwei Stunden, um dann nächste Schritte zu beschließen.
Täglich, alltägliche Arbeit ist dann sicherlich einfach auf das Reagieren, was einmal über die diversen Kanäle an den Bundesvorstand herangetragen wird. Ganz wichtig ist dann aber auch, dass wir eben aktiv voran gehen. Aber da kann ich nicht jetzt festlegen, was dort zu passieren hat, denn das wäre eine vom Bundesvorstand gemeinschaftlich zu beschließende Vorgehensweise und da würde ich nicht zwingend meine Vorstellungen jetzt formulieren wollen, weil das muss gemeinschaftlich erarbeitet werden, wie die Zusammenarbeit dann dort aussehen soll.
Flaschenpost: Du sprachst ja jetzt schon davon was dich für die Arbeit qualifiziert so im Groben. Kannst du das nochmal konkretisieren, was dich halt jetzt richtig qualifiziert für diese Arbeit im Vorstand?
Matthias: Ja, ich kann’s kurzfassen, das ist vielleicht die wichtigere Version. Erstens, ich habe Erfahrungen als Frontsau. Zweitens, ich bin ein Mensch, der gut vermitteln kann, der gut moderieren kann zwischen auch unterschiedlichsten Meinungen. Ich bin aber auch jemand, der Entscheidungen trifft, wohlwissend, dass so eine Entscheidung nicht immer populär sein wird. Der auch dann zu seinen Entscheidungen steht. Der aber auch genauso bereit ist, sich von anderen überzeugen zu lassen und dann auch sich hinter von mir anfänglich nicht geteilte Meinungen hundertprozentig stellt.
Flaschenpost: Im Bundesvorstand treffen ja auch immer wieder unterschiedliche Personen und Persönlichkeiten aufeinander und da können auch Konflikte entstehen. Würdest du denn mit jemandem im Vorstand zusammenarbeiten, den du persönlich nicht leiden kannst?
Matthias: Ist die klassische Frage. Natürlich würde ich das tun. Das ist ja einer der Punkte, warum ich primär kandidiert haben, nämlich diese vermittelnde oder moderierende Funktionalität oder Fähigkeit, die ich habe. Wünschen tut sich das kein Mensch, denn wir wünschen uns alle eine harmonische Arbeit, aber die ist de facto, insbesondere in der Politik, nicht vorauszusetzen. Deswegen ein klares Ja, würde ich tun.
Flaschenpost: Und die Arbeit im Bundesvorstand ist ja doch recht zeitintensiv. Wie viel Zeit kannst du denn für die Piratenpartei aufwenden?
Matthias: Das ist natürlich immer die spannende Frage. Wenn man einen Bundesvorstand nur nach verfügbarer Zeit wählen würde, hätten Arbeitslose und vielleicht Studenten einen großen Vorteil. Ich bin vollzeitbeschäftigt, 40 Stunden, nein, 39 Stunden die Woche. Habe aber bisher typischerweise eher mehr gearbeitet. Das hat aber auch positive Auswirkungen dahingehend, dass ich während meiner Arbeitszeit sehr wohl in der Lage bin, auch Nebentätigkeiten durchführen zu können. Das heißt, wir dürfen bei uns auch die Infrastruktur für private Dinge im gegebenen Rahmen mitbenutzen. Deswegen sagte ich ja, ich bin auch problemlos erreichbar.
Also das heißt, ich würde natürlich neben der Arbeit die Zeit zur Verfügung stellen können, da ich derzeit ledig bin, habe ich da eine ganze Menge Zeit. Also ich denke schon, dass ich zwischen 20 und 30, vielleicht sogar mehr Stunden die Woche aufbringen kann, aber das ist ein statistischer Mittelwert, den kann man nicht pauschalisieren und das kann kein Mensch vorhersehen oder vorhersagen, wieviel Zeit gebraucht wird und wieviel Zeit zur Verfügung steht. Ich kandidiere, weil ich mir zutraue, all die Zeit mitbringen zu können und mitzubringen, die benötigt wird, um diese Arbeit zu tun.
Flaschenpost: Jetzt haben wir schon sehr viel dazu gehört, was du im Vorstand machen möchtest. Welche programmatische Weiterentwicklung wünschst du dir denn für die Partei insgesamt?
Matthias: Ich sehe momentan eigentlich keine Notwendigkeit, das, was bisher im Programm steht, massiv auszuweiten. Deswegen ist die programmatische Arbeit, die ich für den Bundesvorstand sehe, für die nächste, ich sag jetzt mal Legislaturperiode, also für die nächste Amtszeit, des gewählten Bundesvorstandes aus meiner Sicht dadurch geprägt, dass sie das, was jetzt schon im Programm steht versucht so zusammenzufassen in Initiativen, in außenwirksame Aktionen umzuformulieren, umzuführen, hinzuführen, damit die Wahrnehmung, wofür die Piratenpartei steht, auch Gesellschaftsschichten, Bürger erreicht, die bisher von uns noch nicht viel gesehen haben oder uns mit einer Ein-Themen-Partei identifizieren oder uns nach wie vor noch als Spieler-Partei, also Computerspielerpartei, oder sogar ganz böse Kinderfickerpartei abstempeln.
Dieses muss aus meiner Sicht geändert werden, denn wenn wir es nicht schaffen, mit den Themenänderungen durch die technischen Systeme, und damit Änderungen, notwendige Änderungen an zum Beispiel dem Urheberschutzgesetz oder auch an Datenschutzgesetzten, wenn wir das nicht wirklich rüberbringen, dass da eine Notwendigkeit existiert und dass wir dazu auch konkrete Vorschläge haben, wie diese Änderungen aussehen könnten, dann werden wir es nicht schaffen, bei einer Bundestagswahl in ein paar Jahren tatsächlich gewählt zu werden, so dass wir in den Bundestag einziehen können.
Flaschenpost: Gerade für die anstehenden Wahlen ist es ja besonders wichtig, wie die Piraten untereinander kommunizieren und zwar einmal sozusagen die Basis mit der Basis, auf der anderen Seite aber auch die Vorstände mit der Basis und die Vorstände untereinander. Im Moment funktioniert das nicht so gut. Wie meinst du, könnte das besser laufen?
Matthias: Ich kann nicht sagen, ob es nicht gut funktioniert, weil ich nicht weiß, was für Kanäle auch neben der für uns alle sichtbaren Kommunikation im aktuellen Bundesvorstand genutzt werden. Es ist richtig, dass diese Partei noch dadurch geprägt ist, dass, wir haben das am Stammtisch am Freitag mal so formuliert, dass, wer am lautesten brüllt, auch am ehesten gehört wird. Das kann eigentlich nicht die Grundlage für Entscheidungen sein und deswegen weiß ich nicht ganz genau, wie wir jetzt die Kommunikationskanäle verändern. Es sind ja mehrere Kommunikationskanäle, die dort existieren und gebraucht werden: a) das was von der Basis an Wünschen an den Bundesvorstand existiert und b) wie der Bundesvorstand untereinander und miteinander kommuniziert.
Lass es mich so sagen: Was den Bundesvorstand betrifft, denke ich, ist das eine Sache, die die Personen, die dort dann miteinander arbeiten, untereinander ausmachen müssen. Ob die tatsächlich Telefonkonferenzen, Chats, E-Mail-Diskussionen bevorzugen, hängt dann davon ab, wie diese Menschen dann tatsächlich geprägt sind. Ich bin ein Mensch, der sehr gerne E-Mails schreibt, der sehr viel E-Mails schreibt, der sich auch gut schriftlich ausdrücken kann. Das kann man auch vermitteln. Ich kann auch viel schwätzen oder viel reden, kann aber genauso gut auch zuhören. Ich bin kein Freund, das gebe ich gerne zu, von komplexen komplizierten Tools. Und deswegen sind so Diskussionsforen oder Austauschs wie die Aktive-Mailingliste Dinge, auf denen ich mich zwar beteilige, denen ich aber auch keinen allzu hohen Stellenwert für die wirkliche programmatische Weiterentwicklung der Piratenpartei oder als Entscheidungsgrundlage sozusagen für Entscheidungen der Partei oder des Bundesvorstands dann ausschließlich heranziehen würde.
Also um die Frage kurz zu beantworten: Ich kann dir nicht sagen, wie der Bundesvorstand untereinander beschließen sollte, miteinander zu kommunizieren. Das müssen die Bundesvorstände dann untereinander aushandeln. Ich hab’ auch noch keine Entscheidung für mich getroffen ob die Aktive-Mailingliste eine moderierte Liste sein sollte oder nicht. Manchmal wäre das sicherlich hilfreich. Andererseits kann man natürlich auch sagen, dass die Möglichkeit, dass sich Leute, die unglücklich sind mit dem, was in der Partei passiert, nutzen können, um sich dort auszudrücken. Einige formulieren das als Trollwiese. So würde ich es nicht definieren, aber ich würde da keine konkreten festen Vorgaben machen wollen, sondern würde das dem neuen Bundesvorstand überlassen, das gemeinschaftlich rauszufinden.
Flaschenpost: Was du vorhast, erfordert auch viele Piraten. Wie möchtest du mehr Piraten dazu motivieren, sich einzubringen?
Matthias: Das ist eine gute und spannende Frage. Bei 12.000 Mitgliedern, wenn wir uns angucken, auf den unterschiedlichen Kommunikationskanälen die da existieren oder die genutzt werden, Twitter, Mailinglisten, ist es doch je nach Medium eine relativ überschaubare Anzahl an wirklich aktiven Piraten. Bei den Mailinglisten kann man sie fast an zwei Händen abzählen, die auf den entsprechenden Mailinglisten jeweils aktiv sind. Manchmal sind es vielleicht drei Hände. Das ist also eine sehr geringe Anzahl. Auf Twitter passiert sehr viel mehr. Inhaltlich aber auch nicht unbedingt viel mehr.
Wie man Personen einbezieht, ist eine ganz schwierige Frage. Es gab mal die Diskussion, ob wir bezahlte Hilfskräfte innerhalb der Partei benötigen, um gewisse Dinge tatsächlich effizienter, vielleicht auch professioneller durchführen zu können. Ich wäre nicht dagegen. Das Problem, was sich da erstmal stellt, ist, dass wir eine Partei sind, die relativ geringe Einnahmen hat, weil wir einen sehr geringen Mitgliedsbeitrag haben. Wie man Leute motiviert, ist eine Sache, die schwierig zu machen ist bei unterschiedlichen Charakteren.
Wichtig denke ich, ist im ersten Schritt, dass wir einen Vorstand haben, der auch als ein gemeinschaftlicher Vorstand auftritt. Denn das hat schon genug Zugmoment, wenn dann auch dieser Vorstand vermittelt, dass er die Themen, die zur Gründung der Partei geführt haben, aktiv voranbringen will, dann habe ich die Hoffnung, dass das, ich will nicht sagen automatisch, aber doch sehr stark dazu beiträgt, dass sich wieder mehr Piraten aktiv an der Arbeit auch beteiligen, als sich an Diskussionen über das “Wir sollten mal, wir müssten mal oder das ist doch scheiße” oder solchen Dingen dann tatsächlich befassen können.
Ich lese nicht viele Mailinglisten derzeit. Ich lese die, die meiner Hierarchie entsprechen. Was mich auf der hessischen Mailingliste momentan ein bisschen ärgert, ist die Diskussion, die dort läuft, über das Tanzverbot an Ostern. Haben wir nichts Besseres zu tun, als uns um antiquierte Gesetze Gedanken zu machen, die sowieso keine Sau ernsthaft interessieren? Ich formuliere es jetzt bösartig. Weil ich vermute, dass dieses Gesetz noch nicht wirklich irgendwo zur Nutzung kam.
Genauso gab es mal hier in Hessen einen Antrag auf dem Landesparteitag, die Todesstrafe, die in der hessischen Verfassung drinsteht, noch abzuschaffen. Wozu den Aufwand treiben? Das sind plakative Aussagen, das sind plakative Gesetze, die man natürlich auch ändern könnte. Ich denke aber, wir sollten uns um die Themen kümmern, die uns einen und uns vielleicht wirklich voranbringen können. Wie gesagt: ACTA, INDECT, Vorratsdatenspeicherung etc. etc. Wenn wir es als Vorstand also dann schaffen zu signalisieren, dass uns diese Dinge wichtig sind, wir uns aktiv als Vorstand einbringen, gehe ich davon aus, dass die Piraten sich dann auch selber stärker bei diesen Themen wieder einbringen werden.
Flaschenpost: Welche Zukunft wünschst du dir für die Partei?
Matthias: (lacht) Schwierige Frage! Ich wünsche mir natürlich, dass wir irgendwann im Bundestag sitzen, damit auch in Fraktionsstärke dort aufschlagen werden. Und dann auch wesentlich dazu beitragen können, all die Dinge, die für uns zur Gründung der Partei wichtig gewesen sind, mit umzusetzen, also dazu beizutragen, dass ängstliche Charaktere in den älteren Parteien nicht Angst davor haben, dass durch neue Medien Dinge entstehen, die sie in ihrer Freiheit beschränken und man sie deswegen kontrollieren müsste. Also, ich denke an all die Dinge wie Stoppschilder im Internet etc. und diese, ich will nicht sagen krankhaften Versuche, aber diese etwas lustigen Versuche, technische Regulatorien aufzubauen, die technisch gar nicht umsetzbar sind.
Sondern, dass wir dazu beitragen können, eben ein Vertrauen in eben diese Technologien auch zu vermitteln, denn Missbrauch von Technologien hat es gegeben, seitdem es Technologien gibt. Davor ist keine Technologie gefeit, und um eben damit dann auch entspannter umgehen zu können, denke ich, dass die Piratenpartei insbesondere bei den, ich sag es mal so, neuen, kommunikativen, technischen Innovationen geeignet ist dazu, auch Vertrauen erzeugen zu können.
Das heißt für mich als Zukunft der Partei: Ich gehe davon aus, dass wir im Bundestag in Zukunft nicht nur zwei oder drei Parteien sehen. Das sehen wir ja auch heute schon, dass wir da vier bis fünf Parteien drin haben. Es kann gut sein, dass es in Zukunft mehr Parteien geben wird. Deswegen wünsche ich mir für die Piratenpartei, dass sie sich als eine Sachthemen-orientierte Partei positioniert und nicht in Lagerkämpfe verwickeln lässt. Sondern die Sachthemen und die Bearbeitung der Sachthemen dann auch in unterschiedlichen Zusammenschnitten oder Zusammenfassungen, also mal mit den Grünen, mal mit der SPD, CDU, FDP, je nach Thema halt passend dann, ich will nicht sagen koaliert, weil das sind ja dann wieder längere Verhandlungen oder auch längerfristige Festlegungen, sich orientiert und daran arbeitet.
Das heißt, dass wir als Partei beweisen, dass wir für die Umsetzung unserer Themen stehen und uns eben nicht in demagogische oder von mir aus auch pauschalisierte Diskussionen verstricken lassen, die dazu führen, dass die Themen in den Hintergrund geraten würden.
Flaschenpost: Vielen Dank dafür. Kommen wir zum Schluss, möchtest du uns vielleicht noch einmal in kurzen, knackigen Sätzen sagen, warum sollten wir gerade dich in den Bundesvorstand wählen?
Matthias: Weil ich davon ausgehe, dass ich ein vermittelnder Mensch bin, der es schafft, Harmonie in den Bundesvorstand zu bringen. Der dabei unbestechlich ist, der dabei darauf achtet, dass die Themen im Vordergrund stehen, der bereit ist, sich auch an die vorderste Front zu stellen und für diese Themen einzutreten. Ich bin genauso dafür auch bereit, mich kritisieren zu lassen und dann auf die Kritik zu reagieren, beziehungsweise sie ernst zu nehmen und einzuarbeiten. Und hoffe, dass ich in dem Interview hier ein wenig vermitteln konnte, dass man mir das abnehmen kann.
Flaschenpost: Vielen Dank, Matthias, für das Interview. Viel Glück für deine Kandidatur und wir sehen und hören uns dann in Heidenheim.
Matthias: Ich danke euch, dass ihr euch die Zeit genommen habt mich zu interviewen und freue mich drauf, in Heidenheim die Leute, euch alle kennenzulernen.
Flaschenpost: Tschüss, danke!