Wie vor einigen Tagen angekündigt, hat die Flaschenpost eine Umfrage zur Wahlprognose für den neuen Bundesvorstandes und Bundesschiedsgerichtes durchgeführt. Heute wollen wir euch die Ergebnisse dieser Umfrage präsentieren!
Die Umfrage war mit das spannendste Projekte der Flaschenpost überhaupt. Zum einen, weil wir keinerlei Beschränkung der Teilnehmer vorgenommen haben. Es wurden keine individuellen Einladungen verschickt und bewusst keine Vorkehrungen gegen wiederholte Abstimmungen einzelner Personen getroffen. Es gab viele Fragen zur Laufzeit der Umfrage und der Veröffentlichung der Ergebnisse. Die Beantwortung war bis Freitag möglich. Darum werden diese erst heute veröffentlicht. Es gab keine Zwischenergebnisse, obwohl vielfach darum gebeten wurde. Unter anderem wurde gesagt, die Veröffentlichung sei gut für die parteiinterne Demokratie, weil sich die Wähler überlegen würden ihren Kandidaten zu unterstützen und doch zum Bundesparteitag zu fahren, wenn dieser hinten läge. Auf der anderen Seite wurden wir aber auch aufgefordert, die Ergebnisse gar nicht zu veröffentlichen. Dies würde eine unrepräsentative Vorwahl bedeuten, die das Wahlverhalten nachhaltig beeinflussen könnte. (Es kann als erwiesen gelten, dass dem nicht so ist.) Auf die Gründe dafür gehe ich später noch ein. Vor allem gab es einfach viele neugierige Fragen nach den Ergebnissen. Darum also nun das Wichtigste zuerst.
Es haben insgesamt 300 Teilnehmer abgestimmt. Unser neuer Bundesvorstand sieht nach unserer Prognose so aus:
Vorsitzender: Sebastian Nerz, gewählt von exakt 50% der Teilnehmer, nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen mit Christopher Lauer
Stellvertreter: Daniel Flachshaar, gewählt von 59% der Teilnehmer, und nahezu konkurrenzlos – der Zweitplatzierte ist Olaf Wegner mit gerade einmal 18%. Vor allem beim Amt des Stellvertreters rechnen wir allerdings damit, dass Kandidaten, die als Vorsitz nicht gewählt wurden, hier erneut kandidieren werden, auch wenn sie dort zunächst nicht aufgestellt waren. Bernd Schlömer hat dies (in einem Zug mit dem Rückzug der Kandidatur für den Generalsekretär) bereits angekündigt, allerdings erst nach dem Beginn der Umfrage. Darum findet sich dies nicht in unseren Ergebnissen.
Schatzmeister: Rene Brosig, gewählt mit 71,7% Zustimmung. Angesichts der Tatsache, dass Rene der einzige Kandidat ist, ein nicht weiter überraschendes Ergebnis.
Generalsekretär: Wilm Schumacher, eindeutig gewählt mit Zustimmung von 66% der Teilnehmer. Bernd Schlömer lag mit schlussendlich 36,33% der Stimmen von Beginn an hinten.
Beisitzer: Antje Krause, gewählt von 58% aller Teilnehmer. Interessanterweise war Antje von Anfang an die klarste Siegerin dieser Wahl, und zwar bereits vor Veröffentlichung ihres Interviews und auch schon während der noch laufenden Kandidatenvorstellung in Nürnberg.
Beisitzer: Matthias Schrade, gewählt von 53,3% aller Teilnehmer. Auch Matthias zeichnete sich von Beginn an als Favorit ab, es war aber lange Zeit nicht klar, ob er die 50% erreichen würde.
Mehr Kandidaten mit 50% Zuspruch finden sich nicht!
Alle weiteren Beisitzer haben weniger als 30% der Stimmen erhalten! In absteigender Reihenfolge sind die aussichtsreichsten Kandidaten für den verbleibenden Posten als Beisitzer: Markus Barenhoff mit 28,3%, Olaf Wegner mit 26%, Matthias Pfützner mit 22% und Benjamin Siggel mit 21,7%. Hier wird uns also aller Voraussicht nach eine spannende Wahl bevorstehen.
Das neue Bundesschiedsgericht wird etwas komplizierter. Trotz der neun zur Wahl stehenden Kandidaten gab es gerade einmal zwei tatsächlich gewählte Richter
Markus Gerstel, mit 54,7% Zustimmung, sowie
Michael Ebner, mit 52,7%. Auch diese beiden lagen von Beginn an vorn, wobei lange Zeit Michael die Rangliste anführte, und erst kurz vor Umfrageschluss hinter Markus landete. Dazu muss betont werden, dass das Interview mit Michael erst nach Umfrageschluss veröffentlicht wurde.
Weitere gewählte Richter gibt es in unserer Prognose nicht!
Die Kandidaten Claudia M. Schmidt erreichte 42% Zustimmung, alle weiteren Kandidaten landeten unter 25%.
Wir gehen auf Grund der Struktur in den Daten davon aus, dass das Ergebnis tatsächlich annährend repräsentativ ist. Es zeichneten sich vom ersten Tag an Favoriten ab, die im weiteren Verlauf immer deutlicher wurden. Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Sebastian und Christopher war ebenso früh ersichtlich, wie die Wahl von Daniel, Rene, Wilm und Antje. Zu keinem Zeitpunkt gab es auffällige Peaks, eine Häufung der Stimmen für oder gegen einzelne Kandidaten, was wir gerade auf Grund der teilweise knappen Ergebnisse als ein gutes Zeichen werten. Auf Grund dieser Konstanz in der Entwicklung der Daten glaube ich, dass die Piraten so verantwortungsbewusst mit dieser Umfrage umgegangen sind, wie ich es mir erhofft habe.
Das Ziel unserer Umfrage war nicht das Wahlverhalten der Piraten zu beeinflussen, sondern euch einen Ausblick darauf geben zu können, was euch erwartet. Der Grundgedanke war und ist, dass wir nicht Kandidaten stundenlang befragen müssen, die ohnehin niemand wählen würde.
Basisdemokratie ist eine wunderbare Sache. Es ist toll, dass bei den Piraten jeder jederzeit für jedes Amt kandidieren kann. Aber nur, dass jemand kandidiert, bedeutet noch lange nicht, dass er für ein Amt auch geeignet ist, geschweige denn das er ein Recht darauf hätte, auch gewählt zu werden. Jeder darf sich zur Wahl stellen, aber auch dann gilt für uns alle: Denkt selbst! Es ist sicher nicht der richtige Weg, immer die bekanntesten Gesichter zu wählen. Vorher feststehende Wahlsieger will ebenso keiner von uns. Denn ja: Wahl bedeutet auch Auswahl, und es ist gut diese zu haben. Allerdings brauchen wir gerade in Bundesämtern Piraten, die sich schon bewiesen haben. Die gezeigt haben, dass sie dieser Position gewachsen sind. Die nicht nur gute Ideen haben, nicht nur Charakter, sondern auch das Potential, all diese Fähigkeiten effektiv für die Piraten einzusetzen. Wir brauchen einen Bundesvorstand und ein Bundesschiedsgericht, die den Ansprüchen, die wir an sie haben, auch gerecht werden. Das Kriterium ist nicht, dass jeder Pirat sie kennt. Sondern, dass Sie das Vertrauen einer Mehrheit der Parteimitglieder gewonnen haben.
Diese Umfrage war nicht nur eine Umfrage zur Wahlprognose. Sie war auch ein Gradmesser des Vertrauens, das in der Partei herrscht. Es gab keine Sicherheitmaßnahmen gegen Betrugsversuche. Stattdessen haben wir an euer Verantwortungsbewusstsein appelliert. Im Laufe der letzten Tage wurde mir mehrfach gesagt: “Die Umfrage wird manipuliert!” Nicht als Frage, sondern als Tatsache. Jedes Mal fragte ich: “Warum glaubst Du das?” Und jedes Mal war die Antwort: “Weil es möglich ist!” Es stellte sich heraus, dass die Frager dies wussten, weil sie es ausprobiert hatten. Weil sie es vorhatten. Aber anstatt das Vorhaben in die Tat umzusetzen und unsere Ergebnisse zu verfälschen, haben sie darauf hingewiesen. Haben die offensichtlich bestehende Möglichkeit nicht genutzt – im selben Atemzug aber angenommen, dass andere nicht so handeln würden.
Ich habe den Piraten mit dieser Umfrage vertraut. Und ich glaube, dass dieses Vertrauen belohnt wurde. Aber wäre ein anderes Ergebnis überhaupt möglich? Wir sind immerhin eine Partei. Wir sind eine Gruppe von Menschen, die bis zu einem gewissen Grad die selben Ziele haben, und denen diese Ziele so wichtig sind, dass wir glauben, sie nur in einer starken Gemeinschaft erreichen zu können. Jeder von uns hat seinen ganz individuellen Grund, dabei zu sein. Aber jeder von uns ist auch Teil dieser Gemeinschaft. Und eine solche Gemeinschaft funktioniert nur, wenn alle an sie glauben.
Die Piratenpartei funktioniert nicht immer. Aber in diesem Punkt hat sie bewiesen, dass sie aufeinander vertrauen kann – auch wenn die Mitglieder das selbst nicht glauben. Ist es nicht eine Grundbedingung für alles, was wir tun: Einander zu vertrauen? Darauf zu vertrauen, dass wir alle im Kern die gleichen Ziele haben? Wir sind eine Partei, und wollen das Vertrauen der Bürger in die Politik zurückgewinnen. Kann das möglich sein, wenn die Mitglieder ihre eigenen Umfragen manipulieren? Was wäre der Sinn in allem, was wir tun, wenn dieses grundsätzliche Vertrauen in die Aufrichtigkeit der anderen nicht vorhanden wäre? Mein wichtigstes Fazit aus dieser Umfrage ist daher: Die Piraten sind es wert, Ihnen Vertrauen zu schenken. Als Partei, ebenso wie als Individuen.
Die Ergebnisse können ihr hier als csv-Datei runterladen. Bitte hinterlasst in den Kommentaren eure Eindrücke, wenn ihr die Ergebnisse anders einschätzt!
Ein herzlicher Dank geht an dieser Stelle noch am Validom, für die Bereitstellung des Limesurvey für unsere Umfrage!