Geld regiert die Welt. Auch bei den Grünen ist das nicht anders. Sie geben sich gerne kritisch gegenüber Lobbyisten, aber gegen einen sehr gut dotierten Posten als Lobbyist haben dann auch die Alt-68iger und deren politischer Nachwuchs nichts einzuwenden. Selbst wenn sie früher für komplett entgegengesetzte Ziele standen. Es geht immer nur um Macht – und um den eigenen Geldbeutel. Gerne schimpfen die Grünen über die anderen Parteien und deren zahlreiche Verflechtungen zur Wirtschaft. Doch die Grüne Realität sieht anders aus. Bei kaum einer anderen Partei gibt es so einen krassen Unterschied zwischen Image und politischer Wirklichkeit.
- Rezzo Schlauch war nach seiner Zeit als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, später auch Mitglied des Beirats von EnBW. Atomkraft – nein danke?
- Gunda Röstel verwandelte sich von der Sprecherin des Bundesvorstands der Grünen zur Managerin für Projektentwicklung und Unternehmensstrategie bei E.on. Seit 2004 ist Frau Röstel jetzt kaufmännische Geschäftsführerin bei der Stadtentwässerung Dresden GmbH. Als Vertreterin des Landes Baden-Württemberg wurde sie im April 2011 in den Aufsichtsrat der EnBW gewählt, welcher bislang stark auf Atomenergie setzte.
- Hans-Josef Fell ist seit 2005 im Bundestag und dort auch als Sprecher für Energiepolitik tätig. Fell nutze seinen Status als Parlamentarier und “Vater” des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und verband dies alles mit mit seinem Engagement als Vizepräsident von Eurosolar. Herr Fell legt allerdings großen Wert auf die Feststellung, dass sein Engagement stets ehrenamtlich erfolgt sei. Lobby und Politiker in Personalunion.
- Matthias Berninger hat als Staatssekretär für Verbraucherschutz ständig Kampagnen gegen schlechte Ernährung geführt und prügelte deshalb nicht selten auf Ernährungsindustrie ein. Im Februar 2007 wechselte er dann zum Schokoriegelfabrikanten Mars. Dort arbeitet er jetzt als “Director Corporate Health and Nutrition”. Sind die Marsriegel mittlerweile gesund?
- Marianne Tritz schießt allerdings den Vogel ab. Als Ex-Bundestagsabgeordnete und Mitglied der Anti-Raucherpartei wird sie Geschäftsführerin des Deutschen Zigarettenverbands (DZV). Während ihre Parteifreunde gegen den Tabakkonsum in der Gesellschaft ankämpfen, betreibt sie Imagepflege für den DZV. Immer wenn Frau Tritz und ihre Freunde erfolgreich waren, haben die Grünen wieder etwas zu tun. Man muss sich einmal den Aufstand der Grünen vorstellen, wenn es sich um eine Person aus einer anderen Partei handeln würde.
Grüne Politik zeichnet sich allerdings die letzten Jahre sowieso durch extreme moralische Flexibilität aus. Wenn sich Grüne gegen Atomkraft aussprechen, und dann eine Urananreicherungsanlage ausbauen, oder sich gegen Tabakkonsum stark machen und später deren Interessenvertreter sind, dann ist das nichts anderes als Scheinheiligkeit. In der Netzpolitik sieht es natürlich auch nicht anders aus. Bei den Verhandlungen zum JMStV hat man sich stets gegen diesen Vertrag ausgesprochen, außer man war in der Regierung. Dort hat man diesen auch noch wenige Tage vor dem Scheitern der Hamburger Schwarz-Grünen Koalition einfach durch gewunken. Nicht vergessen darf man die Enthaltung zum Zensursula-Gesetz im Bundestag. Die Grünen sind oft keinen Deut besser, als die von ihnen früher bekämpften bürgerlichen Parteien.
Quelle: spiegel.de