Ein Gastartikel von Alexander Kohler @AlexKohler1
Warum ist der Bereich Außen und Sicherheitspolitik wichtig?
Weil es die politische Königsdisziplin ist, es ist genau dieser Bereich der später in Geschichtsbüchern seine Manifestation findet und an der Beherrschung dieses Themenfeldes wird gemessen wird ob eine Partei regierungsfähig ist. Im täglichen Leben, so sagen einige, wird es dann aber kaum Auswirkungen haben.
Welche Auswirkungen hat dieser Bereich wohl auf das tägliche geschehen, auf die Arbeit auf die persönliche Sicherheit usw.? Wir leben doch in einer friedlichen Welt, sind angesehen und wirtschaftlich so potent das niemand an uns vorbei kann. Wenn wir bei uns CO2 neutral sind, wird unser großer Anteil an der Weltbevölkerung bestimmt auch einen massiven Einfluss auf den Klimawandel haben.
Wenn man in dieser beschriebenen Welt lebt, die oft von einem in den 60ger Jahren geprägten Weltbild zehrt, hat man verschiedene Prämissen: Unterentwickelte Staaten in Afrika und Asien sind Almosenempfänger, auf die man mit spätkolonialem Gehabe herabblicken kann. Die Welt ist in zwei große Machtblöcke geteilt ist, in der man, wenn man ganz brav einfach friedlich ist und überall das gute sieht, abrüsten und perfekt leben kann. Damit lebt man leider in einer Welt, die der bei den Teletubbys dargestellten friedlichen Welt sehr ähnlich ist. Dort sind flauschige bunte Gestalten unterwegs die unter einer strahlenden lachenden Sonne über sanfte Hügel hüpfen.
Leider ist das nicht die Realität, allein der etwas spezielle Rückzug aus Afghanistan bei dem das koordinierende Außenministerium im verantwortlichen politischen Bereich anscheinend in so einer Welt lebte, schafft es dann doch ein wenig Realität in die deutsche Biedermeier und Teletubbyrealität zu bringen. Vielleicht hilft es auch zu realisieren das Deutschland gerade mal 1,1 % der Weltbevölkerung, Tendenz sinkend, hat und dass das auf Dauer mit dem eigenen Selbstverständnis kollidiert.
Wenn man die deutsche Realität verlässt, in der der zuständige Minister Heiko Maas (SPD) anscheinend festhängt, hat sich die Welt gewandelt – beziehungsweise war die Welt schon immer ein wenig anders. Man startet quasi in der zivilisierten Welt und landet dann irgendwie im Mittelalter – allerdings mit automatischen Waffen, Internetabdeckung und Drohnen. Oder aber in Staaten, die man in noch spätkolonialer 60er-Jahre-Sichtweise als Entwicklungsländer klassifiziert, die aber eine technisch fortschrittlicher flächendeckende Mobilfunkabdeckung haben – und eine moderne Waffenindustrie. Dort wird man ausgelacht wenn man – von deutscher Seite – droht die Waffenlieferungen einzustellen. Man kann sich Waffen im Sudan beschaffen – für wenig Geld, Gold oder Öl ist dort fast jedes moderne Waffensystem lieferbar.
Die Realitätsverweigerung war nicht immer so ausgeprägt wie heute, in jeder politischen Gruppierung die parlamentarisch aktiv war war man sich der Wichtigkeit der Außen- und Sicherheitspolitik bewusst. Sowohl für Franz Joseph Strauß, als auch für Helmut Schmid, Helmut Kohl, Konrad Adenauer und auch Willi Brandt. Es war immer die wichtigste politische Disziplin- man wusste ganz genau, wie wichtig dieses Feld für ein prosperierendes Deutschland war. Man wusste auch immer, wie wichtig der europäische und auch transatlantische Ansatz ( für den Westteil Deutschlands) war.
Die Welt heute ist viel komplexer
Während Friedensaktivisten (und so manche Parteien) früher einfache Feindbilder hatten und diese noch heute pflegen, ist die Welt komplizierter geworden. Klar konzentriert sich die im kalten Krieg geprägte Klientel auf die atomare Abrüstung im Bezug auf den Ost-West Konflikt und ist beleidigt, wenn Kontrahenten jetzt viele Verträge aufkündigen – denn da bricht dann auch ein Lebenswerk zusammen. Das die Verträge aufgekündigt liegt auch daran, das sich die Welt änderte, das China massiv aufrüstet und viele Staaten sich jetzt auch Atomwaffen zulegen. Auch Staaten die vorher, beispielsweise durch die atomare Teilhabe, daran gehindert wurden sich ein eigenes Arsenal aufzubauen, liebäugeln inzwischen damit – auch weil Verbündete Ihre Sprengköpfe am liebsten abziehen würden. Hinzu kommen Staaten wie Pakistan und Indien, die auch zum Club der Atommächte gehören und sich nicht an Verträge aus dem kalten Krieg gebunden fühlen (die sie ja auch nie unterschrieben haben). Wenn man das Ziel einer atomwaffenfreien Welt verfolgt, wie es die Piratenpartei will, muss man sich der Gemengelage bewusst sein, und sich darf nicht in der Vergangenheit aufzuhalten.
Auch muss man sich der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung, ausgelöst durch den technischen Fortschritt, bewusst sein. Der digitale Wandel ist kaum aufzuhalten und bringt neue Dimensionen für die Außen und Sicherheitspolitik – hier gibt es viele Dimensionen und Instrumente die man einsetzen kann. Anders, als es derzeit anscheinend gelebt wird, muss man alle Dimensionen betrachten. Sei es nun wirtschaftlich durch technischen Standards, unternehmerisch (Verlagerung von Produktion nach Asien), seien es die Sicherheit von Lieferketten oder aber auch das große Thema „Cybersicherheit“ – sprich Backdoors und Überwachungsinfrastruktur. Auch Gaming hat vielschichtige Auswirkungen auf die Außen und Sicherheitspolitik, ganz besonders die aktuelle Medienrevolution.
In Deutschland aber, hat man noch nicht mal die geopolitischen Herausforderungen durch Nord Stream 2 auf dem Schirm und bringt Außenpolitik und Wirtschaftspolitik nicht mit geopolitischen Ambitionen von Russland zusammen. Wenn man es macht, dann aber erst sehr spät zum Schaden für Europa. Davon sind insbesondere Länder betroffen, die im letzten Krieg besonders schwer unter deutschen Aggressionen zu leiden hatten. Aus dieser Sicht ist die SPD wohl nicht mehr so regierungsfähig wie früher
Warum der Bereich Außen und Sicherheitspolitik besonders wichtig für die Piratenpartei ist
Die Piratenpartei Deutschland Teil einer internationalen Bewegung und verfügt über die politische und fachliche Expertise um den Digitalen Wandel gestalten zu können. Piraten sind etwas stringenter und deshalb international pragmatischer als andere Parteien, die nur national oder auf der europäischen Eben aktiv sind. Während andere Parteien ihre Wurzeln in der Friedensbewegung haben, ist das bei der Piratenpartei nicht der Fall.
Als Partei befinden wir uns nur bedingt in der Tradition der deutschen Friedensbewegung, da diese meist ideologisch geprägt ist und auch aus dem Ausland gefördert wird. Diese Förderung manifestiert sich heute oft bei der Linken und der AfD, die sich offensichtlich auch die Argumentationen von Trollfarmen (fremdstaatlichen Propaganda-Agenturen mit unzähligen Sockenpuppen-Accounts) zu eigen machen.
Weltweite und europaweite Aktivität sind heutzutage Standard. Neben dem Europaparlament sind Piraten auch in den Parlamenten Islands, Luxemburg und Tschechien vertreten, der Bürgermeister von Prag ist Pirat. Auch Regierungsposten in Tunesien wurden von Piraten besetzt und man ist auch in Israel, Chile, den USA usw. aktiv.
Man zeigt oft plakativ neue technische Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Sicherheit und hat den Anspruch auf neue Sicherheitspolitische Herausforderungen aufmerksam zu machen. So war es der sogenannte „Drohnenangriff“ auf Bundeskanzlerin Merkel, der als erstes auf die Herausforderungen durch kleine Drohnen aufmerksam machte. Oder die Gefahren von zufälligen oder eingebauten Sicherheitslücken in Software, die auch von fremden Diensten und Verbrechern genutzt werden können. Während andere Parteien mit Sprüchen wie Digitalisierung first (Schaumschlagen) bedenken second (durch Unkenntnis Schaden anrichten) ihre Unkenntnis unterstreichen, möchten Piraten hier konstruktiv mitgestalten und wissen um die Herausforderungen durch den aktuellen technologischen und digitalen Wandel.
Oft werden Bedenken bezüglich der Rahmenbedingungen zunächst als sicherheitspolitisch gefährlich angesehen. Allerdings bin ich sicher, das sich die Erkenntnis durchsetzt, das die Bedenken der Piraten bezüglich Überwachung, Sicherheitslücken und kritischer Infrastrukturen auch im Bezug zur Außen- und Sicherheitspolitik durchaus berechtigt und gut gemeint sind.
Auf europäischer Ebene war die Piratenpartei auch die erste Partei mit einem gemeinsamen Wahlprogramm. Schon fast seit der Gründung stehen Piraten für eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik, da nur eine geeint handelnde EU in einer sich ändernden Welt bestehen kann. Hier ist auch die Piratenpartei Deutschland europäischer aufgestellt als beispielsweise eine SPD, die zwar verkündet pro EU zu sein, aber auf verschiedenen Ebenen gegen EU-Interessen handelt – wie das Beispiel Nord Stream eindeutig zeigt. Wir stehen in engem Kontakt zu anderen Piratenparteien, wie beispielsweise unseren Tschechischen Kollegen, die sich gerade ein Rennen um die Position als stärkste Partei mit der aktuelle Regierungspartei liefern. Piraten stehen für den Frieden, wissen aber das militärische Fähigkeiten notwendig sind und das man Bündnisse pflegen muss – die man aber trotzdem kritisch hinterfragen. Diese Haltung wird auch von der Partei getragen und ist europäischer Standard innerhalb der Piratenbewegung.
Piraten sehen die Auswirkungen des Digitalen Wandels, die Entwicklung hin zu einer multipolaren Welt und beschäftigen sich damit.
„Wir Piraten stehen der Idee einer gemeinsamen europäischen Armee wohlwollend gegenüber. Wir betrachten die Gemeinsame Europäische Armee als selbständigen Teil eines transatlantischen Sicherheits- und Verteidigungsbündnisses. Integriert in ein immer größer werdendes globales Sicherheitsbündnis, welches dazu beiträgt das Macht- und Sicherheitsdilemma zwischen den Mitgliedern des Bündnisses zu überwinden. (Programm BTW 2017)
Ferner sagen wir in unserem aktuellem Wahlprogramm, als auch schon im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017: „Wir Piraten setzen uns dafür ein, dass das so geschaffene und reformierte transatlantische Sicherheits- und Verteidigungsbündnis nach dem Subsidiaritätsprinzip entworfen wird, bei der weiterhin die Nationalstaaten, die EU oder ein zu benennendes Organ des Bündnisses über Einsätze entscheiden. Die Entscheidung über einen etwaigen Einsatz bedarf zwingend einer demokratischen Legitimation durch das EU-Parlament.“ (Programm BTW 2021)