Wann immer eine Regierung Geld braucht, entwickelt sie eine erstaunliche Kreativität es auch zu bekommen. Nun mag man sich oft wünschen die Phantasie der Regierung hätte bereits früher eingesetzt und so geholfen die aktuelle Krise zu vermeiden, aber Wünsche sollen bekanntlich realistisch, maximal ambitioniert sein.
Berühmt wurde die Sammelaktion der alten Preussen „Gold gab ich für Eisen“. Gold und Schmuck wurden zur Kriegsfinanzierung gegen Schmuckstücke aus Eisen eingetauscht. Mit dem Erlös wurde 1813 der sogenannte Befreitungskrieg finanziert. Napoleons Truppen, die Demokratie, Wahlen und Parlamente in die Deutschen Länder gebracht hatten, waren nach 2 Jahren besiegt. Danach erstarkte für weitere 100 Jahre die Monarchie.
Als es ein Jahrhundert später mit dem I Weltkrieg nicht gut lief benötigte Kaiser Wilhelm II weiteres Geld um die Feldzüge zu Rüsten. Das Bürgertum wurde mit Hilfe des Nationalgefühls ums Ersparte gebracht: eine neue „Gold gab ich für Eisen“-Aktion wurde gestartet. Wer Geld, aber keine Vaterlandsliebe hatte, dem wurden Kriegsanleihen verkauft. Die brachten allerdings 1918 nicht die erhoffte Dividende, sondern den Totalverlust. Geld war im 1. Weltkrieg anders als 100 Jahre zuvor auch bei den niedrigen Ständen zu holen. Hier wurde nicht lange gefragt oder getauscht, sondern durch die Inflation Tatsachen geschaffen.
Weitere 100 Jahre später heisst es wieder: Deutschland in Not! Dieses Mal ist es, man muss es dankbar erwähnen, kein Krieg, sondern nur eine Wirtschaftskrise, die zumal nicht hausgemacht war. Angela Merkel steuert die MS Deutschland als eiserne Kanzlerin durch die Untiefen der Krise. Die Aussage gegenüber den Passagieren des Oberdecks könnte nicht deutlicher ausfallen: euch soll es mal besser gehen. Das Heilsversprechen für die im Maschinendeck lautet jedoch nicht: für eine bessere Zeit, nein, es geht einzig darum die Krise zu überstehen. Hoffnung für die Zukunft wird nicht gemacht! Ja, man ist in Berlin immerhin ehrlich genug nicht den Anschein zu erwecken, dass mit einer neuen Belastung ein Schlussstrich gezogen sei.
Derzeit wird an der Bevölkerung vorbei regiert, es geht einzig um Projekte zum Wohl der Koalition. Statt Posten sind Personalien zu besetzen. Christian Wulff wurde Präsident, weil er ein neues Betätigungsfeld suchte und die Stelle vakant war. Viele befürchteten, dass es nichts mit Qualtifikation zu tun hätte. Nach rund 80 farblosen Tagen im Amt darf das als gesichert gelten. Die Atomkraftwerke laufen weiter, weil die Kraftwerkbetreiber das so wünschten. Nicht weil es sinnvoll ist, oder gar Teil eines Energiekonzeptes (dieses Wort wurde in den letzten Wochen nicht einmal mehr als Feigenblatt verwendet, es ging nur um Jahre sowie abgeschöpfte Gewinne. Wohin der weiterhin anfallende Abfall soll ist weiterhin unklar). Auf der anderen Seite werden die gesetzlichen Krankenkassen weiter unattraktiv gemacht, Abgaben erhöht und staatliche Leistungen eingeschränkt. Und während für ein Bahnhofsprojekt 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder gar 10 Mrd € ausgegeben werden müssen Kindergärten empfindliche Kürzungen hinnehmen; auch in Stuttgart! Das Aussenministerium versteht sich unter der neuen Regierung als Türöffner deutscher Unternehmen. Noch nie wurde ein Aussenminister so ambivalent beurteilt wie Guido Westerwelle: Der Wähler verzweifelt, die Vorstände sind entzückt.
Die Oberen 10.000 erfreuen sich an Rettungspaketen für den leidenden Geldadel, um weithin ein unbelastetes Leben, was durchaus auch finanziell unbelastet zu verstehen ist. Wofür der Bürger sein Geld ausgibt wird immer mehr fremdbestimmt: hier ein zusätlicher Beitrag, dort eine Abgabe, der nicht entgangen werden kann. Sprechen wir nicht vom Solidaritätszuschlag, der anfangs nur für 1 Jahr erhoben werden sollte, und heute nichtmal mehr zweckgebunden ist: nur ein Einnahmeposten im Finanzministerium.
So geht das Vertrauen in die Integrität unserer Politiker immer mehr verloren. Gestaltungswillen sucht man vergeblich, Regierungsinhalt ist der (interne) Machterhalt, die Versorgung mit Posten und Pöstchen und die Erfüllung der Wünsche jener, die nach demokratischen Spielregeln kein Stimmrecht, faktisch aber die Macht im Land haben.
Eine Meuterei wird es nicht geben, nichtmal ein Revöltchen wird sich aus den derzeitigen Protesten gegen einige Regierungsbeschlüsse ergeben. Deutschland ist eine Demokratie, und die demokratischen Spielregeln legen die Gründung einer neuen Partei nah. Die Piratenpartei ist derzeit die 7.-grösste Partei in Deutschland. Das könnte sich auch ändern.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.