Die medial befütterte Argumentationsfront verläuft zwischen Verfechtern einer Marktwirtschaft mit Eigeninitiative und Befürwortern staatlicher Sozialmaßnahmen. Erstere meinen, durch Unternehmertum und harte Arbeit zu Wohlstand kommen zu können.
Doch ist dies immer weniger der Fall. Denn ein Großteil eines jeden ausgegebenen Euros dient der Zinszahlung und geht als Kaufkraft verloren. In den Händen weniger Bürger konzentrieren sich immer mehr Guthaben. Unternehmer und Bauern sollten daher zusammen mit der breiten Bevölkerung für ein gerechtes Finanzsystem eintreten.
Langfristig funktionsfähige Modelle basieren auf weitgehend geschlossenen Kreisläufen, wie z.B. den Blutkreislauf (Biologie), Energiekreisläufe (Physik) oder das Wettergeschehen (Geographie). Ingenieure der Automatisierungstechnik kennen den Unterschied zwischen offener Steuerung (die unfähig ist, Störeinflüsse auszugleichen) und geschlossenem Regelkreis. Informatiker wissen, dass Programme abstürzen, wenn allozierter Speicher nach Verwendung nicht wieder für andere Anwendungen freigegeben wird.
Aus unerfindlichen Gründen sind Wirtschaftswissenschaftler nicht in der Lage zu erkennen, dass ein zinsbasiertes Finanzsystem durch exponentielles Vermögens-/Schuldenwachstum unkontrollierbar ist. Man klebt an etablierten Theorien und ist überzeugt, dass Zinsen für Effizienz und Innovation nötig seien. Welcher Wirtschaftler hat den Mut, nicht stupide auf der aktuellen Lehrmeinung zu beharren, sondern sie – und damit oft auch das eigene, über Jahre vertretene Wissen – selbstkritisch zu hinterfragen? Gesellschaftliche Umwälzungen benötigen eben Zeit.
Nun könnte man meinen, dass auch der Zyklus aus Währungsreform, Wachstum, Sättigung, Deflation, Hyperinflation und Krieg ein unvermeidbarer Kreislauf sei. Doch nein: Hierbei handelt es sich um ein regelmäßig außer Kontrolle geratendes System, das nach seinem Zusammenbruch stets neu aufgebaut werden muss.
Ein Blick in die Geschichte liefert historische Beispiele, die zeigen, dass ein umlaufgesichertes Finanzsystem durch Vermeidung leistungslosen (rein zinsbasierten) Einkommens zu langfristigem Wohlstand führt. Man denke an die oft erwähnte Blütezeit des Hochmittelalters mit seinen Städtegründungen, Kathedralenbauten und dem Handwerk, als über die Einführung einer Vier-Tage-Woche nachgedacht wurde.
Das Problem ist nicht die Marktwirtschaft, sondern das Finanzsystem. Leider wird beides oft vermengt. Schimpft jemand auf den Kapitalismus und die Herrschaft des Zinseszinses, muss das nicht zugleich Ablehnung der Marktwirtschaft heißen. Ehrlich erarbeitetes Vermögen ist unproblematisch und wird dem Kreislauf wieder zugeführt. Mit Zinsen hingegen würde es endlos weiter wachsen.
Im aktuellen Wirtschaftssystem ist Wohlstand durch Leistung immer weniger möglich – rein systembedingt, ohne „die Reichen“ verurteilen zu wollen. Wahre Alternativen sind gesucht. Armut bei uns und in der dritten Welt wird nicht durch stetes Spenden behoben werden, sondern ausschließlich durch Behebung des Fehlers im System.
Dieser Beitrag wurde von Dr. Christian Heller geschrieben.