Für die 178 akkreditierten Piraten (Niederbayern 4, Oberfranken 8, Mittelfranken 17, Oberpfalz 17, Unterfranken 19, Schwaben 44 und Oberbayern 69) war das “Haus Oberallgäu” in Sonthofen gut gewählt. Es gab genug Platz für alle, ohne dass Lücken entstanden. Die großen Türen wurden gleich um 10 Uhr geöffnet um der Sonne und den angenehmen Temperaturen eine Chance zu geben, für Sommerfeeling bei dem Parteitag zu sorgen.
Der Bürgermeister von Sonthofen hatte Gelegenheit zu einem Grußwort. Hubert Buhl von den Freien Wählern hatte viele lobende Worte für uns, vor allem weil, schaut man auf Bayern, beide Parteien in der Opposition sind. Seitenhiebe gab es wegen der Verkabelung; sein Rat war, die Zeit in Sonthofen weder von der Weltpolitik noch vom Internet bestimmen zu lassen. Im Schlusswort wünschte er uns, die richtigen Beschlüsse zu fassen und wies darauf hin, dass der Mensch das wichtigste Element für die Politik ist.
In den Tätigkeitsberichten der scheidenden Vorstände steckt ein Detail, das für großes Interesse sorgte: Die Absetzung des Vorstands im Bezirksverband Unterfranken. Das ist ein einmaliger Vorgang in der Piratenpartei. Der Landesvorstand berichtete von der Weigerung des unterfränkischen Schatzmeisters, die für den Rechenschaftsbericht notwendigen Belege zu übergeben. Die Belege sind jedoch notwendig, um von staatlicher Seite Geld für die Parteienfinanzierung zu bekommen. Der Landesvorstand hatte mehrfach Fristen gesetzt, die vom Bezirksvorstand ignoriert wurden. Da der LV damit keine andere Möglichkeit sah, ohne die Belege einen regelkonformen Rechenschaftsbricht zu erstellen, wurde der BzV abgesetzt – verbunden mit der Aufforderung an die damit zu Basismitgliedern gewordenen Ex-Vorstände, die Belege dem Landesvorstand zu übergeben. In der Diskussion wurde klar, dass nicht alle der abgesetzten Vorstände hinter dem unterfränkischen Sonderweg stehen, sondern die Absetzung begrüßen. In Hintergrundgesprächen war zu erfahren, dass auch vielen Basispiraten das Vorgehen des Vorstands unverständlich ist – sie sich aber nicht trauen, das öffentlich zu sagen. Das Popcorn verschwand wieder von den Tischen als klar wurde, dass die Angelegenheit noch nicht ausgestanden ist, da die Übergabe der Unterlagen noch aussteht.
Ein Satzungsänderungsantrag, der den Vorstand auf ein Rumpfteam auf den Vorsitzenden, den stellvertretenden Vorsitzenden, den Schatzmeister und den Generalsekretär festlegt, die übrige Besetzung des Vorstands aber flexibel gestalten will, erreichte knapp die notwendige 2/3 Mehrheit. Die Abstimmung musste wiederholt werden, da eine Auszählung verlangt wurde. Auch hier wurde der Antrag mit 35 zu 72 Stimmen angenommen. Es folgte ein Antrag auf geheime Abstimmung, der fand jedoch die 10 notwendigen Unterstützer nicht. Wegen der geänderten bzw. nun unklaren Zusammensetzung des Vorstands verlor die Tagesordnung mit Punkten wie “Wahl des Generalsekretär” oder “Wahl der Beisitzer” ihren Sinn. Viele Piraten fühlten sich an den Bundesparteitag in Bingen erinnert. Dort dauerte die Neuwahl des Vorstands eine kleine Ewigkeit, da immer neue Anträge und Satzungsinterpretationen die Versammlung lähmten. Die Versammlungsleitung erarbeitete eine Strategie für das weitere Vorgehen. Das bestand vor allem daraus, dass tatsächlich erst einmal Vorschläge zur möglichen Zusammensetzung gesammelt werden, über die dann abgestimmt wurde. Letztlich, man war bereits mehrere Stunden hinter dem Plan, gewann der Vorschlag, der den Rumpfvorstand um einen Politischen Geschäftsführer und zwei Beisitzer erweitert.
- Ein politischer Geschäftsführer – 38 Stimmen
- Ein politischer Geschäftsführer und zwei Beisitzer – 102 Stimmen
- Ein politischer Geschäftsführer und stellv. Schatzmeister – 22 Stimmen
- Ein politischer Geschäftsführer und stellv. Schatzmeister und 1 Beisitzer – 56 Stimmen
- Ein politischer Geschäftsführer und stellv. Schatzmeister und 2 Beisitzer – 50 Stimmen
- Ein politischer Geschäftsführer und stellv. Schatzmeister und 3 Beisitzer – 35 Stimmen
- stellv. Vorsitzender, ein politischer Geschäftsführer und 2 Beisitzer – 49 Stimmen
- 3 Beisitzer – 40 Stimmen
Andere Satzungsänderungsanträge gab es nicht, zumindest keine gültigen Anträge, für die, so war es im Antragsportal deutlich beschrieben, die Einreichung per E-Mail notwendig gewesen wäre.
In den Vorstand wurde gewählt:
- Vorsitzende: Nicole Britz
- Stellvertreter: Claudius Roggenkamp
- Politischer Geschäftsführer: Olaf Konstantin Krueger
- Schatzmeister: Klaus Jaroslawsky
- Generalsekretär: Mark Huger
- Beisitzer: Marion Ellen und Thomas Knoblich
Inzwischen war es Sonntag geworden, die Temperaturen draußen waren deutlich gesunken, die Piraten in der Halle waren froh im Warmen zu sitzen und nutzten die Zeit mit der Wahl des Schiedsgerichts, der Kassenprüfer und des Finanzrats.
Auch wenn durch die Satzungsänderung mit der Festlegung auf einem Rumpfvorstand mehrere Stunden an der Tagesordnung vorbei benötigt wurden, konnten alle weiteren Anträge behandelt werden.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.