Im Augenblick wird geschossen, verletzt, gemordet und getötet – und es sieht nicht so aus, als änderte sich das in naher Zukunft. Der UN-Generalsekretär verurteilt zu Recht den Beschuss von UN-Schulen, die USA fahren, wie kaum anders zu erwarten, eine Doppelstrategie, indem sie zwar den Angriff auf UN-Einrichtungen verurteilen, aber gleichzeitig die Aufmunitionierung des israelischen Raketenabwehrsystems Iron Dome finanzieren.
Hamas will nicht verhandeln, und Reinhold Robbe, der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, hat am 4. August in einem ZDF-Interview durchblicken lassen, dass er nach seinem kürzlichen Israelbesuch auch dort, zum Beispiel bei Außenminister Avigdor Lieberman, keine Bereitschaft für Frieden erkennt. 47% der Getöteten seien Terroristen, sagen sie. Man muss das einmal übersetzen: Mehr als jeder zweite Getötete war also kein Terrorist. Dazu zählen auch die Kinder, die am Strand von Gaza durch Kanonenfeuer israelischer Schnellboote gestorben sind.
Die Situation ist verfahren, und es gibt keine weltpolitischen Kräfte, die dies ändern können oder wollen. Die Europäer sind abgetaucht, ihnen scheint es wichtiger zu sein, zum soundsovielten Male den Beginn des Ersten Weltkrieges zu zelebrieren. Russlands Putin steht wegen der Ukraine in der Ecke, für China ist das vielleicht deswegen alles uninteressant, weil es in Israel und Palästina keine nennenswerten Bodenschätze oder Absatzmärkte gibt.
Ist das alles? Geht das ewig so weiter? Bis entweder irgendwann entweder die Israelis oder die Palästinenser ausgerottet sind? Nein. Und dafür gibt es Beispiele. Nicht nur etwa die deutsch-französische Aussöhnung nach zwei Weltkriegen, sondern der Frieden zwischen Israel und Ägypten, zwischen Israel und Jordanien, das den Verlust der West Bank hingenommen hat. Und hätte Israel die Golan-Höhen zurückgegeben, als diese strategisch nicht mehr wichtig waren (weil man heute mit AWACS- und Joint STARS-Flugzeugen oder Aufklärungsdrohnen so weit nach Syrien hineinsehen kann, dass mögliche Bedrohungen frühzeitig erkannt werden können), dann wäre wohl auch mit Syrien ein Frieden möglich gewesen, denn Syrien ist ein laizistisches, kein religiöses Regime. Heute, wo auch Syrien im Chaos versinkt, geht das nicht mehr.
Das ist aber noch keine Perspektive. Ein Palästinenserstaat, der aus zwei nicht verbundenen Territorien besteht, wäre kaum funktionstüchtig. Der Gaza-Streifen allein wäre kaum lebensfähig, das Westjordanland möglicherweise. Wenn man zynisch wäre, könnte man natürlich sagen, da wir wissen, dass die Hamas Tunnel bauen kann, sollen sie doch eine U-Bahn von Gaza nach Ramallah graben. Das ist natürlich Kabarett.
Eine Idee, die hier in der Diskussion in der Redaktion entstanden ist und eine Freundin schon im letzten israelisch-palästinensischen Krieg mir gegenüber geäußert hat, ist eine israelisch-palästinensische Föderation. Darin wäre Israel etwa für die Verteidigung der Außengrenzen und vielleicht die Geldpolitik zuständig, der Rest wird geregelt wie zwischen den deutschen Bundesländern oder den amerikanischen Bundesstaaten.
Keiner verspricht, dass das so kommt. Aber so sehr sich Steinmeier und Kerry auch abrackern, einen Waffenstillstand herbeizuführen, ihre Erfolgschancen stehen nicht allzu gut. Vielleicht weil es eine neue Idee braucht, um alte, tödliche Gedankenmuster aufzubrechen. Das einzige, was wir hier heute dafür tun können, ist eine Diskussion anstoßen.