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Herbert Wehner saß ab 1949 für die SPD im Bundestag. Er war Minister für gesamtdeutsche Fragen und später Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Wehner gehörte einem Typus Politiker an, dessen Werdegang alles andere als geradlinig war. Bevor er den Sozialdemokraten beitrat, war er Kommunist. Er floh vor der Naziherrschaft nach Moskau und landete dort mit mehreren Hundert anderen Dissidenten im Hotel Lux. Was ein sicherer Ort für Gleichgesinnte hätte sein können, wurde für viele zur Falle. Keiner, der die Zeit im Hotel Lux überlebte, behielt diese Zeit in guter Erinnerung.
Wikipedia schreibt zu seiner Zeit im Hotel Lux:
Wehner entging Stalins großem Terror, dem sehr viele deutsche Exil-Kommunisten zum Opfer fielen. Historische Forschungen haben ergeben, dass er seinerseits in Moskau sowjetischen Dienststellen Material über politische „Verfehlungen“ deutscher Kommunisten zur Verfügung gestellt hat, die dann Opfer des Großen Terrors geworden sind.
Aus heutiger Sicht würde man das Hotel Lux wohl als Haifischbecken bezeichnen. Um die eigene Existenz zu sichern, wurden andere geopfert. Jeder Neuankömmling im Hotel Lux musste einen ausführlichen Fragebogen ausfüllen und auch Auskunft zu seinem Umfeld geben. Doch Gesinnungsprüfungen waren nur der Anfang des Terrors. Die Lux-Bewohner mit grösserem Einfluss ließen andere über die Klinge springen, um die eigene Machtposition zu sichern. Diese wenigen priviligierten Bewohner im Lux erhielten damit auch ihre im Allgemeinen bessere Situation. Das eigene Badezimmer statt der Gemeinschaftsduschen war nur ein Aspekt davon. Als Wehner im Hotel Lux ankam, befand sich dort das Entscheidungszentrum der Deutschen Kommunistischen Partei, die in Hitlers Deutschland verboten war. Ob erhobene Vorwürfe wahr oder ganz bzw. teilweise erfunden waren, spielte keine Rolle. Vieles wurde auch erfunden, um die vermeintliche Sicherheit vor rechter Verfolgung nicht zu gefährden.
Das GEO-Magazin schrieb:
Gleich in seinen ersten Tagen in Moskau gerät auch Wehner in die Mühlen des von Stalin initiierten Verfolgungswahns, der sich längst auf die deutschen Kommunisten im Exil übertragen hat. Ein Politbüro-Kollege teilt der Kaderabteilung des Exekutivkomitees der Komintern mit, Wehner sei ein enger Freund eines verhafteten angeblichen Trotzkisten gewesen – eine höchst belastende Information, denn schon durch eine Freundschaft mit einem Verfemten kann man sich der Verschwörung verdächtig machen. Und tatsächlich hat Wehner mit dem Inhaftierten eine Zeit lang eng zusammengearbeitet. […] Von der Solidarität früherer Jahre ist nicht mehr viel geblieben.
Heute würde man die Gleichgültigkeit, ja die Zustimmung zu gegenseitigem Beschuldigen und den Säuberungen als „Stockholm-Syndrom“ bezeichnen. Viele Bewohner des Hotel Lux bezeichneten es aber auch nach dem Ende des großen Terrors zwischen dem Herbst 1936 und Ende 1938 als notwendig, um das große Ziel einer klassenlosen Gesellschaft zu erreichen.
Wehner lieferte in dieser Zeit umfangreiche Berichte über andere Kommunisten. Die wurden oft verhaftet, verurteilt, in Lager gesteckt oder hingerichtet. Bei Herbert Wehner werden die Jahre im „Lux“ wohl dazu beigetragen haben, seine Wandlung vom Kommunisten zum Sozialdemokraten einzuläuten. Seinen Bruch mit dem Kommunismus vollzog er zwischen 1942 und 1944 in Schweden.
Der Begriff des Landesverräters, den Konservative gerne auf Wehner anwendeten, muss jedoch zurückgewiesen werden. Der durch inzwischen freigegebene Unterlagen zweifelsfrei nachgewiesene Verrat Wehners betraf andere Kommunisten, aber nicht Deutschland an sich. Vor dem Hintergrund seiner Zeit im Hotel Lux blieb Wehner, trotz seiner grossen politischen Begabung, immer in der 2. Reihe. Er hat es sein restliches Leben lang bereut, Kommunist gewesen zu sein. Die „Gruppe Ulbricht“ dagegen verließ das Hotel Lux am 30. April 1945 mit Ziel Berlin. Von dort aus verbreiten sie dann selbst linken Terror.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.