Die letzte Diskussionsrunde bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2015 widmete sich der Frage, ob wir gerade das Ende des Nahen Ostens, so wie wir ihn bisher kannten, erleben. Lyse Marie, Chefin der internationalen BBC-Korrespondenten, hatte als Moderatorin der Gesprächsrunde keinen leichten Stand. Ihre Gesprächspartner auf dem Podium kämpften noch einmal die Schlachten der Vergangenheit aus. Dass der IS als Terrororganisation bekämpft werden muss war für alle unstrittig. Aber schon bei der Beurteilung von Hamas, eine sunnitisch-islamistische Palästinenser-Organisation, die den Staat Israel mit terroristischen Mitteln beseitigen und einen islamischen Staat errichten will, gerieten Yuval Steinitz, ehemaliger Minister für internationale Beziehungen Israels und Riyad al-Maliki, faktisch der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, heftig aneinander.
Einen klaren Blick auf die Veränderungen in der Region bewies Khalid bin Mohammad Al Attiyah, derzeit Außenminister des Emirats Katar. Die größte Veränderung in den arabischen Ländern sei der Umstand, dass westliche Länder ihre Unterstützung für die örtlichen Diktatoren einstellten, seit der arabische Frühling ausbrach. Für ihn startete dieser Wandel bereits mit der Besetzung des Iraks: “Heute muss man sich mit den Menschen auseinandersetzen. Moderne Technik bewirkt, dass sich Meinung nicht mehr aufzwingen lässt”. Die Terrororganisationen würden jedoch vom Umstand begünstigt, dass kleine ethnische Gruppierungen am Rande der Gesellschaft stehen und nur als Kämpfer, sei es für den IS oder die reguläre Armee, akzeptiert werden. Für Andrew Brown, Direktor bei Shell, ist die Jugend die größte Hoffnung auf eine Veränderung in diesen Ländern. Sie sind gut ausgebildet, studieren an guten Universitäten in Doha und in anderen Städten in der Golf-Region. Sie erwarten nach dem Studium eine Beschäftigung, die ihrer Qualifikation entspricht. Für sie muss eine Lebensgrundlage geschaffen werden.
Der alte Nahe Osten findet sein Ende, etwas neues ist noch nicht zu erkennen. Unzählige Terrororganisationen wie IS, Al-Shabaab, Hamas und andere dschihadistische Gruppen machen es derzeit schwer daran zu glauben, dass in der Region etwas neues entsteht, das den vielen jungen Menschen Arbeit, Wohlstand und vor allem auch Sicherheit bringen kann. Die Wortgefechte von München zeigen, dass dies, wenn überhaupt, tatsächlich nur den Jungen gelingen kann.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.