

Es liegt nicht nur an den Katastrophen des Nahen Ostens oder dem sich rasant abkühlenden Verhältnis zu Russland, dass ein ganzer Kontinent weitgehend aus der Wahrnehmung verschwand. Die Kriege, die nach dem Ende des kalten Kriegs in Afrika ausbrachen, nahmen inzwischen ein Ende. Das Wirtschaftswachtum liegt über den Kontinent betrachtet zwischen 5% und 6%, die extreme Armut ist in den letzten 25 Jahren um 40% zurück gegangen und 6 der 10 am schnellsten wachsenden Volkeswirtschaften befinden sich auf dem afrikanischen Kontinent. Das sind gute Voraussetzungen für die Zukunft, über die Kofi Annan (ehemaliger Generalsektretär der Vereinten Nationen), Salil Shetty (Amnesty International), Hassan Sheikh Mohamud (Präsident Somalias), Youssef Amrani, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus und Jean-Marie Guéhenn (ehemaliger Leiter des Planungsbüros „Politik“ des Französischen Außenministeriums) am Morgen des 3. Tages der Münchner Sicherheitskonferenz sprachen.
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren sich einig: Der Kontinent entwickle sich in die richtige Richtung. Das Wirtschaftswachstum sei nicht nur der Nachfrage nach Rohstoffen zu verdanken, denn 2/3 der Wirtschaftsleistung geht auf die Binnennachfrage zurück. Gleichzeitig schlägt die Demokratie tiefe Wurzeln, die Gleichheit der Geschlechter wird ausgebaut und die HIV- sowie die Tuberkuloseinfektionen gehen zurück. Allerdings gibt es Ungleichheiten und auch Rückschläge in einigen Regionen.
Boko Haram tötet in Afrika mehr Menschen als der IS im Nahen Osten. In einigen armen Staaten konnten sich andere Rebellengruppen festsetzen. Eine Studie sagt, dass 40% derer, die sich Rebellengruppen anschließen sagen, sie täten es, weil sie keine Arbeitsplätze oder eine Perspektive für die Zukunft hätten. Ein rein militärischer Ansatz wäre hier kontraproduktiv. Denn Afrika ist auch der Kontinent mit der zweitgrößten Ungleichheit auf der Welt. Eine kleine Elite wurde reich, investiert diesen Reichtum aber nicht in die Infrastruktur und die Bildung. Diese Reichen zahlen kaum Steuern und rauben so dem Staat so zusätzlich Ressourcen. In Afrika wird Schätzungen zufolge bis zu 1/4 des Bruttoinlandsprodukt durch Korruption gestohlen. Das zersetzt die Rechtstaatlichkeit und Legitimität in diesen Ländern. Der Wohlstand bleibt bei einer Minderheit, während die Mehrheit um das Überleben kämpft.
Der Präsident Somalias sieht auch sein Land auf den richtigen Weg. 1991 brach das ganze Land zusammen. Wer damals 5 Jahre alt sei, also heute zur Generation der 30-Jährigen zählt ist wahrscheinlich Vater oder Mutter, lebt in einem abgelegenen Gebiet und hat mangels Schul- und Berufsausbildung keine Perspektive für die Zukunft. Das macht anfällig für die Kräfte des Bösen. Aus wirtschaftlichen, nicht aus idiologischen Gründen schlössen sie sich Al-Shabaab an. Vor dem Zusammenbruch war Somalia ein zentral organisierter Staat, dann lange Zeit ein nichtregiertes Staatsgebiet. Heute hat die Bundesrepublik Somalia eine föderale Struktur. Diese Strukturen sind noch schwach, weil Geld und Expertise fehlt, aber es gibt lokale Lösungen und Ideen. Terroristen verlieren ihre Fähigkeiten zu großen Anschlägen. Während vor 2 Jahren noch der Präsidentenpalast aus nur 100 Meter Entfernung beschossen werden konnte, verlagerten sich die Anschläge inzwischen auf nur schlecht zu schützende Zivilisten in Hotels und Märkten. Dass sich Daesh (IS) und Al-Shabaab gegenseitig bekämpfen, ist für das Land in gewisser Weise ein Glücksfall.

Die Ursachen für den Terror sind gut untersucht: Ungerechtigkeit, Ungleichheit und eine führungslose Jugend. Das macht sie zu leichten Opfern für Terrororganisationen, die von außen kämen. Denn Armut führt zu Arbeitslosigkeit, die kann zu Terror führen. Damit trägt der Mangel an Demokratie und eine schlechte Regierungsführung direkt zu den Terrorursachen bei. Mit anderen Worten: Wer in einer Demokratie lebt, verhungert nicht, weil die Politiker wissen, was die Menschen an den Wahlurnen machen können. Deswegen waren sich die Teilnehmer der Diskussionsrund einig, die wirtschaftliche Entwicklung beschleunigen und die Demokratie stärken zu wollen. Eine starke Demokratie verringert die Anfälligkeit, also brauche man als Grundpfeiler für das Überleben der Nation stabile Staaten mit einer starken Demokratie.
Für Afrika gibt es viele Herausforderungen für die Zukunft: Demokratie, Wirtschaft und Terror. Den Menschenrechten muss Geltung verschafft werden, fragile Staaten dürfe es nicht geben, dass das entstehende Machtvakuum sofort ausgenutz wird. Solche Krisen sind früh erkennbar, es geht also darum, entschlossen zu handeln.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.