Als der Sperling, wie so oft mit einem Flügel vor den Augen, vorsichtig seine Zwitscher-Timeline entlang las, da fiel ihm auf, dass Herr Lauer mal wieder das Thema war – und mit ihm anderes, ehemaliges gefiedertes Piratenpersonal. Die Nachtigall kommentierte Lauers Gespräche mit der SPD mit den Worten „Ah, einer eurer politischen Arschlochparker sucht eine neuen Parkplatz“.
Der Sperling fragte sie „WTF? Politischer Arschlochparker? Häh?“ und die Nachtigall, sonst eher zurückhaltend, polterte los: „Ja klar, die lassen sich als Listenkandidaten ins AGH wählen, wegen des Parteiprogramms und um diese umzusetzen. Wenn sie die Partei dann verlassen, um ein anderes (oder auch kein) Programm umzusetzten, dann besetzten sie mit ihrem fetten Hintern den Sitz im AGH anstatt ihn freizumachen!“
Der Sperling hatte das schon öfter so und ähnlich gehört, in Berlin liegt die Sache aber so: Es gab keine Nachrücker, und für die Konkurrenz sollte man keine Platz freimachen.
Auf diesen Umstand angesprochen wurde die Nachtigall zwar etwas leiser, maulte dann aber „Und die ganzen anderen? Die wurden alle nicht wegen ihrer schönen Nase gewählt, sondern weil die Menschen von ihnen erhofften dass sie etwas ändern – und zwar als Piraten, nicht als CDU/LINKE/GRÜNE/wasauchimmer. Auch alles politische Arschlochparker!“
Womit wir bei des Pudels Kern sind: Listenkandidaten werden primär über ihre Liste und für ihre Partei gewählt, nicht als Personen. Das ist auch beim „Spitzenkandidaten“ oder medial besonders präsenten Leuten so. Und es hilft auch kein Schönreden, kein „Ich mach weiter was ich immer machte, euer geändertes Proramm vertrete ich nicht“, kein „unabhängiges Mandatgerufe!“: Wer eine Partei verlässt, der verlässt auch dessen Programm und tritt alle, die für ihn gewahlkämpft, gerackert und getan haben in den Rücken. Wer dann weiter den Stuhl besetzt und damit den Wählern ihr Recht nimmt (das Recht, dass das Parteiprogramm vertreten wird, für das er/sie gewählt wurde) der tritt diese auch noch einmal ins Kreuz.
Zurückzutreten und den Platz freizumachen, erfordert als allererstes eine ethisches Grundverständnis dieser Begebenheit und den Willen, den Wählerwunsch vor die eigene Pfründe, vor den Rentenanspruch und vor das Ego zu stellen. Das ist aber schwer, denn mit dem Gefühl der eigenen Wichtigkeit steigt das Bedürfnis nach Zuspruch oder Aufmerksamkeit – und die Gewöhnung an die teilweise dicken Saläre.
Mal abgesehen von den oberen Fällen aus Berlin würde sich der Sperling wünschen, das all diejenigen, die der Partei den Rücken gekehrt haben, aber ihr Mandat behalten, mal kurz darüber nachdenken was sie mit ihrem Handeln über ihre ethisch-moralischen Werte kommunizieren.
Und natürlich bezeichnet man niemanden öffentlich als politischen Arschlochparker, egal wie die Fakten aussehen.
Redaktionsmitglied Sperling
Redakteur seit 2011, Kernteam der Redaktion seit 2013. De facto "Leitung" ab 2016, irgendwann auch offiziell Chefredakteur - bis 2023. Schreibt und Podcastet nur wenn ihm die Laune danach steht, zahlt aktuell die Infrastruktur der Flaschenpost, muss aber zum Glück nicht haften 🙂