20. Mai 2024

Ist der Troll Präsident geworden – oder ist er gar kein Troll?

Donald Trump ist der 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Was ist passiert? Steht uns nun der Weltuntergang bevor? Oder ist Trump genauso, wie viele andere Politiker unserer Zeit - laut, wenn es darauf ankommt, aber vergesslich, wenn es um die Dinge geht, die gestern gesagt wurden?

1 thought on “Ist der Troll Präsident geworden – oder ist er gar kein Troll?

  1. Das ist natürlich eine sehr fein ziselierte Argumentation von Sperling: Trump ist berechenbar in seiner Unberechenbarkeit und die Politiker der etablierten Parteien und das Establishment sind unberechenbar in ihrer Berechenbarkeit.
    Aber selbst Freunde der Dialektik sollten sich an die Tatsachen halten. Merkel‘s Entscheidung für den sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft angesichts der Katastrophe der Atomkraftwerke in Fukushima in der Folge des Tsunami war überraschend, fast von Panik geprägt, unberechenbar. Denn eigentlich war des Atomausstieg längst zwischen Politik und Industrie unter Dach und Fach gebracht worden. Auch die Entscheidung Merkel‘s im Jahr 2015, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen war so nicht vorhersehbar. Dass in der Frage der Flüchtlinge etwas zu geschehen hatte, war allerdings schon lange klar.
    Alle anderen Beispiele, die Sperling anführt, sind jedoch falsch. Wehrpflicht: Das hatte Westerwelle (FDP) in den Bundestagswahlkampf eingebracht, dass die CDU das dann gemacht hat, spielt überhaupt keine Rolle, die FDP war schließlich nicht mehr im Bundestag. Im übrigen ist die Wehrpflicht nicht abgeschafft, sonder lediglich ausgesetzt.
    Den Hartz-Gesetzen, der Agenda 2010 sind lange Diskussionen in der SPD vorangegangen. Zum Teil waren sie erdacht von der Bertelsmann-Stiftung. Umgesetzt hat sie die SPD, obwohl diese Art von sozialer Ungerechtigkeit – Stichwort Niedriglohnsektor – und diese Art eines Erniedigungssystems – Stichwort ALG II – ja eher dem ideologischen Inhalt der CDU/CSU zuzuordnen sind, auch das spielt keine Rolle.
    Inwiefern die Ökosteuer eine „Subvention der Industrie/Besserverdienenden“ darstellt, ist mir absolut nicht klar, aber da die Grünen schon lange argumentiert hatten, ein Liter Benzin müsse zum Schutze der Umwelt mindestens fünf D-Mark kosten, ist die Ökosteuer auch nicht wie ein Wintergewitter über uns hereingebrochen.
    Was man über Trump sagt, ist ja richtig: Er ist rassistisch, sexistisch, feindlich gegenüber Minderheiten jeglicher Art, populistisch, unberechenbar. Letzteres möglicherweise sogar für ihn selbst. Eine Eigenschaft fehlt noch: Seine Haltung ist, wie das neue Modewort lautet, postfaktisch. Die Fehler Sperlings gehen leider auch in diese Richtung, fürchte ich, nimmt man hinzu, dass der zweite Absatz des Artikels sich auch so lesen lässt, als dass hier von Lügenpresse die Rede ist.
    Von einem piratigen Nachrichtenmagazin hätte ich etwas anderes erwartet. Die etablierte Politik in fast allen westliche Demokratien nimmt ihre Wähler – das ist der Souverän, um das einmal klarzustellen – immer weniger oder besser: nur noch ungenügend wahr. Das ist hellsichtigen Politikern wie Martin Schulz oder Katrin Göring-Eckhart auch völlig klar. Es geht also um nichts geringeres als politische Teilhabe – immerhin ein piratiges Kernthema. Da hat auch Trump angesetzt. Wie er es in Inhalt und Form und, was seine Zielgruppe angeht, gemacht hat, war allerdings vollkommen unerträglich. Dass er politische Teilhabe nicht gewähren wird, ist dem kritischen Betrachter natürlich klar. Und wirtschaftliche auch nicht. Die wirtschaftlichen Maßnahmen, die er avisiert hat, werden genau denen schaden, die ihn gewählt haben. Das ist übrigens bei der AfD gar nicht viel anders, denn deren Wirtschaftsprogramm ist sehr nahe an dem der obsolet gewordenen FDP. Nun könnte man sagen, die kommende US-Innenpolitik muss uns nicht interessieren. Aber Trump liefert ein gutes Lehrbeispiel. Man kann mit dem Thema Teilhabe Schindluder treiben. Dabei ist politische und wirtschaftliche Teilhabe entscheidend für den Erhalt und die Weiterentwicklung unserer Demokratie und Gesellschaft. Nicht mit Volksabstimmungen auf Bundesebene à la Seehofer. That‘s prone to Brexit.
    Die einzigen, die das Thema Teilhabe in Deutschland glaubhaft vertreten können, sind die PIRATEN.
    Aber vielleicht ist Sperlings Artikel ja auch nur ein Beitrag zum Karnevalsauftakt.

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