
Solarzellen auf Häuserdach Bild von <a href="https://pixabay.com/de/users/solarimo-15097051/?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=4808172">Solarimo</a> auf <a href="https://pixabay.com/de/?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=4808172">Pixabay</a>
Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
Deutschland war einmal führend in Sachen Energiewende. Menschen aus aller Welt haben nach Deutschland gesehen, sich in Deutschland informiert. Verantwortlich dafür waren zu einem großen Teil Kommunen und die erste EEG-Novelle.
Doch schon die zweite Novelle bremste den Höhenflug und die dritte beendete ihn. Mehr als 150.000 Menschen haben alleine einmal in der Windenergiebranche gearbeitet. Jetzt sind es deutlich unter 100.000 und das letzte Werk für Flügel von Windkraftanlagen hat geschlossen. Diese werden jetzt in Indien hergestellt und dann über mehr als 6000 Kilometer wieder nach Deutschland transportiert. Ein Gewinn für unsere Klimabilanz ohne Frage.
Auch in der Solarbranche war Deutschland einmal gut dabei. Vor allem im Bereich der Produktion und Forschung für Solaranlagen. Doch auch dieser Bereich wurde zerstört. Heute kommen praktisch alle Solarmodule aus China. Von 110.000 Arbeitsplätzen gingen mehr als 70.000 verloren. Nimmt man dann noch die verkauften Gasspeicher an Russland, Pardon Gazprom und Tochterunternehmen dazu, sowie die völlig einseitige Beschaffung von Erdöl (Rosneft) hauptsächlich ebenfalls in Russland, so ist Deutschland heute eher eine Witznummer international.
Hauptsächlich verantwortlich sind die CDU und die FDP in den Jahren 2009 – 2013. Aber auch viele SPDler von Gerhard Schröder bis Manuela Schwesig haben Ihren Anteil an der jetzigen Situation. Und als wäre das noch nicht genug, wurden dann Gesetze, die dringend überarbeitet werden müssen, nicht überarbeitet.
Pumpspeicherkraftwerke
Ein Paradebeispiel dafür ist z. B. dass Pumpspeicherkraftwerke als Letztverbraucher angesehen werden. Das hat sie unwirtschaftlich gemacht, mit der Folge der Stilllegung einiger.
Pumpspeicherkraftwerke sind Kraftwerke, die innerhalb kürzester Zeit hochgefahren werden können, um Strom zu liefern. Dazu bekommen sie Überschussstrom vorher, den sie dazu nutzen, um Wasser in höher gelegene Bereiche zu pumpen und dort zu speichern. Gibt es dann dringenden Bedarf an Strom, der z. B. nicht durch Windkraft oder Solarstrom gedeckt werden kann, springen solche Pumpspeicherkraftwerke ein. Wenn da nicht die Einstufung als Letztverbraucher wäre, die einem Pumpspeicherkraftwerk den Staus eines Kraftwerkes abspricht. Was für das Kraftwerk bedeutet, es muss zweimal im Grundsatz alle Abgaben, Umlagen, Steuern und Netzentgelte bezahlen. Einmal wenn sie den Strom beziehen, und einmal, wenn sie ihn wieder abgeben. Das macht sie hoch unwirtschaftlich. Zumindest in Deutschland.
In Österreich und der Schweiz hingegen kauft man gerne Überschussstrom. Genauer gesagt, müssen wir die Abnahme sogar bezahlen. Und wissen Sie, was die Schweiz und Österreich damit machen. Sie füllen damit Ihre Pumpspeicherkraftwerke. Ein Schildbürgerstreich ohnegleichen. Dabei machen Pumpspeicherkraftwerke großen Sinn, vor allem auf lange Sicht [1].
Windkraftanlagen
Sie sind nicht schön. Verschandeln die Umwelt, zerstören angeblich Wälder, töten Millionen von Vögeln, machen durch Infraschall krank. Die Mythen über Windkraftanlagen sind Legion. Und absurd sind sie darüber hinaus in vielen Fällen auch noch. Tatsächlich sterben z.B. in Deutschland jedes Jahr geschätzte 100 Millionen Vögel durch Kollisionen mit Glasscheiben, vornehmlich an Gebäuden.
Die Zahlen für getötete Vögel, Fledermäuse etc. belaufen sie dabei für den Zeitraum von 2002 bis 2021 auf unter tausend bei Bussarden und Rotmilanen und 3910 bei Fledermäusen [2]. Also in 19 Jahren! Die Anzahl der Neugenehmigungen ist seit Jahren rückläufig. Die Förderungen für viele Anlagen laufen aus. Dabei sind neue Anlagen um ein Vielfaches effektiver als die alten Anlagen.
Kleinere Anlagen z.B. für Gebäude, die an jedem Neubau angebracht werden könnten, sieht man kaum. Entsprechende Vorschriften fehlen. Lobbyismus und Korruption verhindern auch hier einen sinnvollen Ausbau. Stattdessen werden 20.000 Arbeitsplätze im Kohlebergbau als zu wichtig angesehen, um sie abzubauen. Die ca. 140.000 Arbeitsplätze in den erneuerbaren Energien dagegen? Shit Happens.
Hier muss man allerdings sagen, spielt auch die Meinung, groß ist besser, eine Rolle. Dass ein etwas kleinteiligerer Ausbau ebenfalls Sinn machen könnte, ist vielen Verantwortlichen einfach noch nicht bewusst geworden. Dabei machen es Nachbarländer schon lange vor. So gibt es z. B. seit 2000 in Spanien eine Solarpflicht [3].
Sowas wäre in Deutschland natürlich völlig undenkbar, denn dann könnte ja kein großer Konzern mehr daran Geld verdienen. Und natürlich würde es die Situation eines Blackouts dramatisch verringern. Da ist es natürlich besser, wir warten erstmal, bis so ein Blackout eintritt. Dann ein paar teuere Studien, ein paar Berater engagiert, die dabei helfen, wie man den großen Konzernen Geld zuschanzen kann, und schon ist man Retter in der Not und wird wiedergewählt.
Solarenergie
Sie ist die schnellste und meines Erachtens auch einfachste Art, der Energiekrise zu entkommen. Wenn, ja wenn da nicht die Zertifizierung wäre. Bereits fertige Anlagen gehen teilweise erst nach Monaten, sogar erst nach Jahren ans Netz [4]!
Es lebe die Bürokratie. Waren vorher nur Anlagen ab 1 Megawatt zertifizierungspflichtig, sind es jetzt schon Anlagen ab 135 Kilowatt. Allerdings gibt es überhaupt nicht genug Zertifizierer. Und so vergammeln schlüsselfertige Anlagen vor sich hin.
Schildbürger, wo hin man sieht.
Auch die Tatsache, dass es Solarzellen gibt, die von beiden Seiten aus funktionieren (bifaziale Module), also Strom produzieren, hat sich noch nicht herumgesprochen [5].
Tausende von Parkplätzen und Dächern, die mit solchen Solarmodulen bestückt werden könnten, genauer müssten! Schließlich wollen wir ja alle die Klimakatastrophe verhindern.
Aber ich gebe zu, ich habe da so meine Zweifel, dass die aktuell regierenden Parteien das wirklich wollen. Wir regen uns lieber auf, wenn sich Menschen z. B. auf der bzw. an der Straße festkleben. Und Innenstädte ohne Auto, undenkbar. Da würden ja die Geschäfte dort pleitegehen. Das Lustige ist, all das ist bereits widerlegt [6].
Und noch eine Neuigkeit. Man kann auch mit Strom heizen, statt Gas. Dazu müsste Strom allerdings preiswerter werden. Was sehr wohl möglich wäre, aber politisch scheinbar nicht gewollt ist. Es braucht keine riesigen Energieanbieterkonzerne, die dann zu groß sind, um sie sterben zu lassen (to big to fail). Das Problem ist, wir stehen auf große Konzerne. Die laden immer zu so schönen Veranstaltungen mit Schnittchen und Sekt ein. Oder beauftragen mal einen Vortrag, der dann gut bezahlt wird, mit einem oder zwei Jahresgehältern in der Höhe z. B. von einer Pflegekraft.
Fazit
Es existieren Unmengen an sogenannten Fakenews (Lügen) über die Energiewende und wie wir sie bewältigen können. Dabei ist fast alles wissenschaftlich perfekt ausgeforscht. Wir haben erstklassige Leute in diesem Bereich wie Claudia Kemfert [7] und Volker Quaschning [8].
Nun wissen wir allerdings spätestens seit Christian Drosten [9] und der Corona Pandemie, dass die Politik nicht in der Lage ist, auf Wissenschaftler zu hören bzw. nur auf solche, die man selber ausgesucht hat, wie Klaus Stöhr, der jetzt als Nachfolger im Sachverständigenausschuss von Christian Drosten sitzt, und dort einen unwissenschaftlichen Blödsinn [10] nach dem anderen von sich gibt.
Wenn wir die Energiewende schaffen wollen und damit auch die Klimakatastrophe verhindern wollen, haben wir einen langen Weg vor uns. Dass dies mit CDU/CSU, SPD und FDP klappt, wage ich zu bezweifeln. Zu groß sind die Lobbyabhängigkeiten.
Es wird Zeit für die Piratenpartei. Frei von Lobbyarbeit.
Ullrich Slusarczyk
[1] https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=sev-003%3A2014%3A105%3A%3A1793
[4] https://www.youtube.com/watch?v=H_4IktoCTQQ
[5] https://solarenergie.de/solarmodule/arten/bifaziale-module
[6] https://goodnews-magazin.de/mehr-umsatz-durch-autofreie-strassen/
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Claudia_Kemfert
[7] https://www.diw.de/de/diw_01.c.10839.de/personen/kemfert__claudia.html
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Volker_Quaschning
[8] https://www.htw-berlin.de/hochschule/personen/person/?eid=1363
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Drosten
[9] https://www.leopoldina.org/fileadmin/redaktion/Mitglieder/CV_Drosten_Christian_D.pdf
[10] https://twitter.com/PSHolstein/status/1542553988574466053
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.