Fast 500.000 Tote

Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk

So titelt die New York Times vor einigen Tagen. Gemeint ist der Ukraine-Krieg. Die Reaktionen darauf, vor allem auf Social Media, haben mich doch einigermaßen überrascht.
Da wundern sich tatsächlich Leute darüber, wie viele Menschen da gestorben sind oder verletzt wurden.
Dabei ist der Konflikt seit 2014 am Laufen, also schon 9 Jahre.
Wer sich das genauer ansehen möchte, kann das hier tun:
https://www.lpb-bw.de/chronik-ukrainekonflikt

Am 23.02.2022 erklärt Russland also der Ukraine den Krieg. Und seitdem tobt dieser Krieg. Entgegen allen Erwartungen hat die für übermächtig gehaltene russische Armee es nicht geschafft, die Ukraine in einer Art Blitzkrieg zu besiegen. Denn wider Erwarten wehrten sich die Ukrainer mit Händen und Füßen. Und als Konsequenz gibt es eben Tote. Sie sind die Konsequenz jeden Krieges. Und sie sind nur die offensichtliche Konsequenz. Da sind z.B. die entführten Kinder. Laut der Ukraine sind es ca. 19.500. Russland selbst spricht sogar von 700.000 Kindern und sagt, dass es sich dabei um Evakuierungen handle.
https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-krieg-700-000-ukrainische-kinder-seit-kriegsbeginn-nach-russland-verschleppt-a-0a709765-a583-459a-b63a-059ad81f3aed

Social Media

Wenn man aber die vielen Social Media Berichte so sieht, dann sind viele Menschen völlig überrascht. Als wenn sie bis heute nicht begriffen haben, dass da ein Krieg tobt. Und er findet nicht in Russland statt, sondern in der Ukraine. Das sind nur 1547 km Luftlinie zu Deutschland. Da fallen Bomben auf Schulen, Krankenhäuser, ja sogar Theater und Kirchen. Da kann man auf Videos sehen, wie Clusterbomben mitten in der Stadt explodieren. Das alles ist bekannt, kann man tausendfach nachlesen, sich ansehen und anhören.

Interessant auch der Gedanke vieler, dass die Ukraine ja ein Entwicklungsland sein muss, wo man wahrscheinlich noch mit den alten übriggebliebenen Trabis aus der ehemaligen DDR herumfährt. Dass die russischen Soldaten Toiletten, Kühlschränke, Waschmaschinen und sogar Traktoren gestohlen haben, hat natürlich niemand mitbekommen. Dabei gibt es auch dafür tonnenweise Beweise.
https://www.rnd.de/politik/ukraine-russische-soldaten-klauen-traktoren-und-maehdrescher-hersteller-schaltet-sie-ab-FHYTOPYEFVDXVOQE43PXVN6CWQ.html

Aber in Deutschland ignoriert man sowas ganz großzügig. Und wenn dann ukrainische Flüchtlinge mit einem BMW oder gar einem SUV hier unterwegs sind, dann kann das ja alles wohl nicht sein.

Wir haben 2 Weltkriege vom Zaun gebrochen und sind geschichtlich gesehen verantwortlich für Millionen Tote. Aber wir sind auch privilegiert. Wir leben nämlich seit 78 Jahren im Frieden. Wir sind wiedervereint und sind noch immer die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Welt.

Da verwundert es nicht, dass so mancher eine etwas merkwürdige Sicht hat, was den Krieg in der Ukraine anbetrifft. Dass Politikwissenschaftler der Ukraine erklären wollen, was sie zu tun hätte. Da schreiben diverse Leute sogenannte offene Briefe.

Militärexperten

Aber am faszinierendsten finde ich die ganzen militärischen Experten, die es plötzlich alle gibt. Hier ist ein ähnlicher Effekt wie beim Fußball zu beobachten. Plötzlich ist jeder Bundestrainer. So auch hier. Da ist die Gegenoffensive gescheitert und es wäre dann doch mal langsam Zeit, zu verhandeln. Mal abgesehen davon, dass Russland ja jedwede Verhandlung ablehnt, stellt sich natürlich die Frage, warum die Ukraine das machen sollte?

Ich konnte auch kein Militärhandbuch finden, in dem drinsteht, ab welcher Dauer eine Gegenoffensive als gescheitert anzusehen ist. Oder wie viele KM Landgewinn man mindestens haben muss, um nicht als gescheitert zu gelten.

Und noch etwas ist in diesem Zusammenhang interessant. Da haben wir in Deutschland den Gepard ausgemustert. Und jetzt ist er im Kriegseinsatz und macht seine Sache erstklassig. Da beweist das System IRIS-T, ein Flugabwehrsystem, wie gut es ist im Einsatz. Aber die Bundeswehr hat das System nicht!
Stattdessen kaufen wir für viel Geld ein israelisch/amerikanisches Raketenabwehrsystem.
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-arrow-3-deutschland-100.html

Dabei zeigt der Krieg in der Ukraine mehr als überdeutlich, die Zukunft liegt zum überwiegenden Teil im Drohnenkrieg. Und hier wäre der Gepard perfekt. Sein Nachfolger, der Skyranger soll nun doch bestellt werden. So 20 – 30 Stück. Eine völlig lächerliche Anzahl in Anbetracht der Größe unseres Landes und der Menge an Drohnen, die ein eventueller Gegner so schicken kann.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-will-20-bis-30-skyranger-systeme-kaufen-a-4daf7e95-2093-4333-a66b-9964533fca98

Und dann sind da ja noch die Marschflugkörper (Taurus). Sie sind eine Besonderheit insofern, als sie technisch einige Merkmale haben, die kein anderer Marschflugkörper hat.
https://www.tagesschau.de/taurus-marschflugkoerper-104.html

Aber in Deutschland zögert man eine Lieferung hinaus. Dabei wäre die Taurus ideal, um die Brücken auf der Krim zu zerstören und so der Logistik der Russen einen schweren Schlag zu verpassen. Was wahrscheinlich das Ende des Krieges deutlich beschleunigen würde. Leider können wir uns offensichtlich nicht dazu durchringen, bisher.
Vielleicht braucht es ja da noch ein paar tausend Tote mehr.

Fazit

Je schneller dieser Krieg endet, umso besser. Bedauerlicherweise ist Schnelligkeit keine Eigenschaft der Politik.

Ullrich Slusarczyk

Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk

1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.

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