Ein altes Sprichwort sagt, dass Reisen bildet. Diesem Motto folgend sitze ich in Toulouse in einem Straßencafé und freue mich an den kleinen Unterschieden zwischen Deutschland und Frankreich: Hier scheint bei 24°C die Sonne, in den Strassen gibt es öffentliche Mülleimer die regelmäßig gelehrt werden und in den Geschäften bleibt man beim Bezahlen Herr über seine EC-Karte. Anders als in 99.9 % der Geschäfte in Deutschland schiebt man nämlich die Karte hier selbst in das Lesegerät und tippt anschließend die PIN ein. Im durchtechnisierten Deutschland hingegen muss man der Dame oder dem Herrn an der Kasse die Karte überreichen, worauf sie von geschultem Personal in den sorgsam gehüteten Kartenleser gesteckt wird. In Frankreich gilt auch hier: Selbstbedienung! Frühestens, wenn die Kasse nach einer Minute keine Quittung ausspuckt wird mal geschaut. Aber ein C’est une carte étrangère, généralement, ca dure un peu, der Hinweis auf die langsame Leitung nach Deutschland, beruhigt gleich wieder. In Deutschland wurde ich nur ein einziges Mal aufgefordert die EC-Karte selbst in das Gerät zu stecken. Ursache war nicht das Vertrauen in meine feinmotorischen Fähigkeiten, sondern die Tatsache, dass das Anschlusskabel zu kurz war, der Kartenleser deshalb vorne bei der Kasse und dem Kunden, statt ganz hinten beim Kassierer, also in Sicherheit stehen musste. In Frankreich musste ich die Karte kein einziges Mal aus der Hand geben. Nicht in Paris, nicht in Lyon, und eben auch nicht in Toulouse oder sonstwo.
Woher mag diese Zurückhaltung gegenüber dem Kunden kommen? Ist es ein unterstelltes (oder tatsächliches) Defizit an Feinmotorik? Oder der Verdacht, dass die oft zitierte Technologiefeindlichkeit in Deutschland sich irgendwie negativ auf den Bezahlvorgang auswirkt, wenn der Kunde dem Gerät zu nah kommt? Dass die Ablehnung von Neuerungen bad vibrations erzeugt, wovon weniger kritische Länder verschont bleiben? Immerhin bleibt man auch in Deutschland Herr über seine PIN: unvorstellbar, dass man sie der Kassiererin sagen muss, und sie die PIN daraufhin eintippt. Noch.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.