Sie nutzten die Zukunftsängste in großen Teilen der Gesellschaft aus, um Ihre falschen Thesen und Ihre eigene Person in das Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Eine streng wissenschaftliche Analyse Ihrer Thesen ist im politischen Diskurs leider dem Bauchgefühl einer verblendeten Mehrheit unterlegen. Deswegen möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Ihnen hiermit sehr deutlich zu sagen, warum Sie Unrecht haben und was man von ihren Ideen halten sollte.
Bisher haben Sie immer mehr oder weniger erfolgreich versucht, Ihre Kritiker mit einem Konvolut aus statistischem Datenmaterial schachmatt zu setzen. Sie werfen mit „statistischen Fakten“ um sich, ohne zu erwähnen, dass dies nur ihre eigene Interpretation ist und dass diese Interpretation nicht einmal von den Forschern der Studie geteilt wird. Sie leihen sich also die Glaubwürdigkeit renommierter Forscher für Ihre Machenschaften aus. Dies haben Sie sogar einmal freimütig zugegeben:
„Wenn man aber keine Zahl hat, muss man eine schöpfen, die in die richtige Richtung weist, und wenn sie keiner widerlegen kann, dann setze ich mich mit meiner Schätzung durch.“ – Zitat aus der Süddeutschen Zeitung.
Sie erfinden also einfach Zahlen und interpretieren diese immer genau so, wie Sie diese gerade brauchen. Das hat nichts mit Tacheles reden zu tun. Sie lügen ganz einfach immer dann, wenn Ihnen die Realität in den Weg kommt. Von wissenschaftlich fundierter Arbeit sind Sie meilenweit entfernt. Ich werde mich aber bewusst auf einige besondere Falschaussagen ihrerseits beschränken.
Intelligenz sei zu 50 bis 80 Prozent erblich, behaupten Sie immer wieder. Als ehemaliger Banker ist Ihnen sicherlich die Prozentrechnung ein Begriff? Prozentangaben müssen stets eine Bezugsgröße haben. Die absolute Intelligenz eines Menschen lässt sich aber gar nicht messen. Ein Intelligenztest ermittelt und vergleicht die Intelligenz eines Menschen mit dem geschätzten Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Welche genetischen Faktoren bei der Ausprägung der Intelligenz mitwirken, ist noch immer ungeklärt. Also ist Ihre Prozentangabe einfach Unsinn, da sie auf keinerlei Fakten beruht.
„Besorgniserregend ist, dass die Probleme der muslimischen Migranten auch bei der zweiten und dritten Generation auftreten, sich also quasi vererben, wie der Vergleich der Bildungsabschlüsse zeigt.“
Ihre stetig vertretene These, dass speziell bei der Gruppe der Muslime in Deutschland wegen kultureller Grundmuster und genetischer Veranlagungen keine positive Entwicklung der Bildungssituation feststellbar sei, ist schlicht falsch. Es gibt zwar noch viel Verbesserungsbedarf, aber eine Steigerung des Bildungserfolges ist klar ersichtlich.
Laut Mikrozensus 2008 haben 22,5% Personen mit türkischem Migrationshintergrund Abitur oder Fachabitur. In der ersten Generation sind es dagegen nur 3%. Dies ist eine Steigerung von ca. 800%, nachzulesen in der Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“ (MLD) vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Ergebnisse der aktuellen PISA-Studie bestätigen ebenfalls einen ansteigenden Erfolg.
Laut Mikrozensus 2008 bestreiten Personen mit türkischem Migrationshintergrund zu 9,5% ihren Lebensunterhalt überwiegend aus Hartz IV. Das ist im Vergleich mit der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, welche eine Quote von 3,5% ausweist, in der Tat leider sehr hoch. Ihre Behauptung, Personen mit türkischem Migrationshintergrund hätten eine Hartz IV-Quote von 40%, ist aber einfach blanker Unsinn. Man kann damit lediglich – wie mit allen daher gezauberten Zahlen – besser polemisieren.
Gerade der Schwimm- und Sportunterricht wird von Ihnen ja als ein Messinstrument für die kulturelle Integration genutzt. Die Zahl der Kinder, die an diesen Angeboten nicht teilnehmen, liegt bei ca. 7-10%. Sie behaupten ernsthaft, es wären deutschlandweit fast 90%.
Die Hauptangst vieler Menschen besteht offensichtlich darin, Deutschland würde durch eine stetige Zuwanderung und hohe Geburtenraten unter Zuwanderern – bei gleichzeitig sinkender Geburtenrate der Einheimischen – bald zu einem islamischen Land werden und zukünftig mehrheitlich aus arabisch- und türkischsprechenden Menschen bestehen. Eine demografische Studie der Universität Rostock belegt aber, dass Migranten nicht mehr Kinder als Deutsche bekommen: “Frauen der zweiten Migrantengeneration haben sich dem Geburtenverhalten von deutschen Frauen nahezu angepasst”, fand die Soziologin Nadja Milewski heraus. Die Zuwanderung hat seit 2002 stark abgenommen. Die Auswanderung dagegen hat insgesamt zugenommen. Dies belegen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes.
Besonders bei Studierenden mit türkischem Migrationshintergrund äußern 36% Prozent den Wunsch, in die fremde Heimat der Eltern abzuwandern. Dadurch entsteht ein nicht unerheblicher volkswirtschaftlicher Schaden. Die biologistische Herangehensweise bei sozialen Problemen ist eine Wurzel für Rassismus. Eine Gesellschaft, die zu Rassismus und Sozialdarwinismus neigt, braucht niemand. Niemals führte dies zu irgendeiner Verbesserung.
Die Piratenpartei wird sich dieser Entwicklung entgegenstellen, weil Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschen- und Bürgerrechte sowie das Recht auf eine sichere Existenz elementare Bestandteile einer jeden Gesellschaft sein müssen.
Hochachtungsvoll,
Andreas Heimann