Wikipedia beschreibt Patente wie folgt: “Ein Patent ist ein hoheitlich erteiltes gewerbliches Schutzrecht für eine Erfindung. Der Inhaber des Patents ist berechtigt anderen die Benutzung der Erfindung zu untersagen.”
Weniger prosaisch lassen sich Patente als handelbare Monopolrechte bezeichnen, die es dem Patentinhaber erlauben von anderen Marktteilnehmern hohe Nutzungsgebühren einzufordern oder diese – Kraft des Patentrechts – vom Markt auszuschliessen.
Früher, als bekanntlich alles besser war, schützten Patente Erfindungen vor Nachahmungen. Das Zahnradgetriebe war patentiert – in Folge wurde das Planetengetriebe entwickelt. Der Phonograph war patentiert, in Folge wurde das Gramophon entwickelt. Die Nippkowscheibe war patentiert – deswegen wurde nach anderen Möglichkeiten gesucht bewegte Bilder zu übertragen – die Bildröhre kam zu Ehren.
Heute bemisst ein Land seinen Erfindergeist nach der Anzahl der jährlich angemeldeten Patente. Doch während die Zahl der angemeldeten Patente von Jahr zu Jahr steigt sinkt deren Sinnhaftigkeit. Dazu kommt der Umstand, dass viele Patente längst bekannte Techniken in leichter Abwandlung beschreiben. Nur einige Beispiele:
1.) Der Mailclient holt die Nachrichten beim Server ab. Erinnert an das Postfach in der analogen Welt. Das neue Patent beschreibt den Server, der die Nachrichten zum Mailclient überträgt. Erinnert an den Briefträger. Ist aber patentiert. Die Klagen des Patentinhabers brachte den Hersteller des Blackberry, RIM, an den Rand des Ruins.
2.) Linux gilt gemeinhin als freies und kostenloses Betriebssystem. Doch gibt es in der IT kaum einen Gedanken, der nicht schon von einem anderen gedacht wurde. Wenn dieser andere dann schnell zum Patentamt läuft um diesen Geistesblitz schützen zu lassen, ist es schnell vorbei mit der Freiheit und dem Preisvorteil. Allein Microsoft (als Anbieter des Betriebssystems Windows) kassiert für jedes unter Linux betriebene Mobiltelefon zwischen 3.- und 6.- US-Dollar. Warum? Nun, es kann Bilder in Dokumenten anzeigen (das konnten schon die alten Ägypter. Doch Microsoft erfand das Rad neu und rannte damit zum Patentanwalt). Und ein Prozess kann einen anderen Prozess starten. Auch hier kam erst Microsoft auf die Idee damit zum Patentrichter zu gehen. Programme die mit Geräten kommunizieren (sagt der Browser zum Modem: ‘hole mir doch mal https://die-flaschenpost.de‘) wurde laut Patentschrift zuerst von Microsoft erdacht. Die größte Innovation von Microsoft ist das Dateisystem mit dem schönen Namen VFAT. Ist natürlich von Patenten streng geschützt. Baut allerdings auf das Dateisystem des 70-er Jahre-Betriebssystems CP/M auf. Heute verdient Microsoft mehr Geld mit Patentlizenzen an Android als mit dem hauseigenen WindowsMobile, das am Markt kaum Akzeptanz geniesst. Allerdings war es Apple, nicht Microsoft, die auf die Idee kamen, dass Geräte auch abgerundete Ecken haben können. Was es Samsung unmöglich macht seine Pads auf legale Art und Weise an den Kunden zu bringen.
Sollten Sie Unternehmer in der Softwarebranche sein, sollten Sie sich vor allzu pfiffigen Programmierern in Acht nehmen! Alle wirklich guten Methoden beliebige Datenreihen (z.B. 34, 23, 1, 59, 3, 10) in die richtige Reihenfolge zu bringen sind patentiert. Wollen Sie ihr Unternehmen behalten… in der Ruhe liegt die Kraft!
Ähnlich verhält es sich mit der Texterkennnung. Algorithmen die mehr als 99% Erkennungsrate versprechen (im Schuldiktat kaum mehr als ‘ausreichend’ sind patentiert. Oder warum dachten Sie, sind auf jedem 2. Werbeplaket diese 2D-Barcodes abgebildet, statt der Webadresse, die dahinter steckt? Natürlich sind auch die 2D Barcodes patentiert, nur sind die Lizenzen einen Tick billiger. So wird Innovation gefördert! Und nach HighTech sehen die schwarz-weiss gefleckten Barcodes auch noch aus.
Denken sie etwa “was ein Telefon kann, kann mein Computer schon lange”? Seien Sie auf der Hut bei der Entwicklung von Software. Vom Klingeln, über das Annehmen (oder ignorieren) eines Gespräches bis zum Auflegen ist so ein Telefongespräch in Software mit patentrechtlichen Tretminen gespickt!
Besonders schlau sind Patentbüros. Sie kaufen wahllos Patente zusammen und schauen, was sich in der Summe daraus machen lässt. Hier ein Patent zur Datenübertragung, ein bischen Video und Datenkomprimierung, eine Bezahlfunktion… und fertig ist die Klage wegen Patentverletzungt. Das für die Klagen gegen große Unternehmen notwendige Kleingeld verschaffen solche Büros sich, indem weitgehend rechtlose Seitenbetreiber verklagt werden. Da kein Richter in den USA es je wagen wird die Betreiber von Porno- oder Glückspielseiten frei zu sprechen, ist die Kriegskasse schnell gefüllt. Und die nächste Klage gegen die nächst größeren Seitenbetreiber eingereicht. Das eingenommene Geld dient zur Finanzierung der nächsten Klagen. Bis am Ende die ganz Grossen Unternehmen vor Gericht stehen. Die Softwarehäuser, Fernsehstationen und Prozessorhersteller. Diese Vorgehensweise ist allerdings mühsam und langwierig. Den schnelleren Reibach macht der, der es schafft seine patentgeschützte Technik zum Standard zu erheben. Ein aktuelles Beispiel ist die Datenübertragungstechnik UMTS. Nahezu kein in Europa und anderen Teilen der Welt verkauftes Mobiltelefon kommt ohne UMTS-Unterstützung aus. Allerdings ist UMTS kein offener Standard, den jeder Hersteller einfach so implementieren darf. Mehrere Patentbüros teilen sich duzende Patente und kassieren bei den Herstellern ab. Die zahlen zähneknirschend das Schutzgeld, denn die Chancen in einem Prozess sind nahezu Null. Wie hoch die Kosten pro Gerät sind ist nicht bekannt. Kenner der Szene schätzen jedoch, dass bis zu 20% des Gerätepreises dem Patentrecht geschuldet sind.
In den letzten vier Jahren wurden alleine durch sogenannte Patenttrolle 80 Milliarden US-Dollar verbrannt. In den USA wurden 2010 wegen Patentstreitigkeiten 2.600 Prozesse geführt. Das erklärte Ziel aller europäsischen Regierungen ist es, bei den Patenten mit den USA gleich zu ziehen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.