Das gerade verabschiedete Wahlgesetz kommt bei den ungarischen Bürgern nicht gut an. Immer mehr Ungarn gehen auf die Straße und demonstrieren gegen das Gesetz, denn dieses scheint die Macht der großen, etablierten Parteien zu stärken, während kleinere Parteien und vor allem Bündnisse eher benachteiligt werden.
So sollen nun beispielsweise die Wahlbezirke auf eine Weise verkleinert werden, dass sie angeblich die amtierende Partei Fidesz begünstigen sollen. Wahlforscher haben berechnet; wäre bei der letzten Wahl nach dem neuen Gesetz gewählt worden, hätte Fidesz eine 3/4-Mehrheit im Parlament erlangt.
Auch soll die Anzahl der Mandatsträger auf knapp die Hälfte der aktuellen Zahl schrumpfen. Einige Sitze im Parlament werden für die Vertreter der ethnischen Minderheiten reserviert. Die Wahl orientiert sich nun am deutschen System; es wird einen Wahlgang geben für die Erst- und Zweitstimme für einen Direktkandidaten und eine Parteienliste.
Um ins Parlament zu kommen, benötigt eine Partei, wie auch in Deutschland, 5% der abgegebenen Stimmen, Parteibündnisse aus zwei Parteien 10% und sollten sie sich aus drei oder mehr Parteien zusammensetzen, sogar 15% der Stimmen. Damit Parteien überhaupt eine Landesliste aufstellen können, müssen sie in 9 der 19 Komitate (ung.: megye; Verwaltungsbezirke) Kandidaten aufstellen. Aufgestellt werden kann jeder, der binnen 21 Tagen 1.500 Unterschriften gesammelt hat.
Auch diese Qualifizierung wurde verschärft, denn nach dem alten Wahlgesetz benötigten die Kandidaten 750 Stimmen in 45 Tagen. Hier wird von der Opposition, sowie den Bürgern Ungarns wieder eine Diskriminierung der kleineren Parteien gesehen. Die Vetreter ethnischer Minderheiten stehen auf eigenen Listen, die jedoch den selben Vorgaben unterliegen, wie die der Mehrheitsvertreter. Das neue Wahlgesetz ist nur noch mit einer 2/3-Mehrheit veränderbar.
Die Protestierenden sprechen von einer Beschränkung des demokratischen Wettbewerbs und einem schleichenden Abbau der Demokratie, da durch das neue Gesetz das althergebrachte System unterstützt wird und neue Parteien weniger Chancen haben, überhaupt im Parlament vertreten zu sein. Auch Abgeordnete haben sich zusammen mit den Aktivisten der LMP (die „Grünen“ der Ungarn) an die Zugänge des Parlamentsgebäudes gekettet, um gegen das Gesetz zu demonstrieren.