In den 60-er Jahren wurde der Bundesschatzbrief erfunden. Er ermöglichte es den Bürgern, Geld risikolos und ganz ohne Gebühren anzulegen – bei der Bundesrepublik Deutschland. Anleger mit “konservativer Anlagestrategie”, die also großen Wert auf Sicherheit legten und im Gegenzug bereit waren, bei der Rendite Abstriche zu machen, griffen gerne zu den Wertpapieren der Deutschen Finanzagentur.
Nachdem die Bundesschatzbriefe über Jahrzehnte hinweg sehr beliebt waren, verloren sie in Zeiten der “Euro-Krise” an Attraktivität. Denn der Zinssatz sank Jahr für Jahr und liegt zur Zeit sogar unterhalb der Inflationsrate. In Folge der niedrigen Zinsen schrumpfte der Anteil der Privatanleger innerhalb weniger Jahre auf 330.000. Rentenkassen oder Versicherungen kauften auf der Suche nach einem sicheren Hafen für ihre Gelder dagegen immer mehr Schuldscheine der Bundesrepublik.
Im Juli gab das Bundesfinanzministerium bekannt, dass die Ausgabe der Wertpapiere an Privatanleger nun eingestellt werden soll. Das Handelsblatt zitierte hierzu aus einem internen Schreiben:
“Nach gründlicher Prüfung sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass die damit verbundenen Kosten und der möglicherweise zu erwartende Nutzen in keinem ausgewogenen Verhältnis zu den damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken stehen”
Mit der Entscheidung, Staatsanleihen faktisch nur noch an institutionelle Anleger auszugeben, begibt sich der Staat bedingungslos in die Hand der Kapitalmärkte. Das mag in Zeiten des AAA-Ratings und historisch niedriger Zinsen schadlos funktionieren, doch die bittere Rechnung kommt, sobald auch nur leiseste Zweifel an der Bonität aufkommen. Die ersten Ratingagenturen senkten die Aussicht für Deutschland und einzelne Bundesländer und ihre Landesbanken bereits auf ‘negativ’. Folgt dieser “angekündigten Abwertung” eine tatsächliche Abstufung, wird Deutschland an den Kapitalmärkten höhere Zinsen zahlen müssen, um an frisches Kapital zu kommen.
In Zeiten, in denen keine Woche vergeht, ohne dass ein neuer “Bankenskandal” bekannt wird, setzt Deutschland ein falsches Signal damit, seine Bürger zu eben diesen Banken zu schicken. Sicher sind Versicherungen und Rentenkassen notwendig, doch verfolgen diese Unternehmen nacktes und insbesondere eigenes Gewinnstreben und ziehen schnell weiter, wenn anderswo mehr Rendite winkt. Ich, als einer der verbliebenen Privatanleger, würde niemals eine Ratingagentur beauftragen, das Rating meines Landes herabzustufen. Ich würde Entscheidungen auch niemals ausschließlich kalten Effizienzkriterien wie “Kosten” vs. “Nutzen” vs. “Risiko” unterwerfen. So gesehen sind Privatanleger die treueren Kunden – die nicht einmal Druck ausüben
Natürlich ist es für Privatanleger weiterhin möglich, Bundesschatzbriefe bei Banken zu kaufen – gegen zusätzliche Bankgebühren. Und natürlich gibt es Banken, die Privatanlegern in einem schwierigem Umfeld ein sozial verantwortliches Investment ermöglichen – allerdings ist das Risiko eins Verlustes hier nicht zu vernachlässigen. Doch die Vorteile des Originals “Bundesschatzbrief” erreichen diese Alternativen kaum.
Meine ePetition 25686 soll den Bundestag dazu bringen seinen Einfluss auf das Finanzministerium zu nutzen. Sie hat zum Ziel die Entscheidung über die Abschaffung der Bundesschatzbriefe rückgängig zu machen. Wenn sich 50.000 Unterstützer finden, besteht eine Chance. Für die Bundesschatzbriefe, für das Land, das sie ausgibt und für die Menschen, die sie kaufen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.