Beim BPT gibt es immer die Garantie, interessante Menschen zu treffen. Salomon Reyes fällt in diese Kategorie. Er kümmert sich um den Wahlkmapf auf Bundesebene. Gegen Ende des Parteitags in Neumünster Neumarkt unterhielten wir uns über den Wahlkampf und wie er laufen soll.
Flaschenpost: Salomon, was genau ist die Bezeichnung von dem, was du tust?
Salomon: BTW-Macher! So würde man das zumindest im Piratenjargon sagen. Ich versuche in Vorbereitung zur Bundestagswahl Grundlagen zu schaffen und Projekte zu gestalten, damit wir im Sommer möglichst reibungslos Wahlkampf machen können. Im Endeffekt läuft das auf eine Koordination der einzelnen Landesverbände mit dem Bundesvorstand und der Bundespresse hinaus.
Flaschenpost: Wie kamst du zu dieser Aufgabe?
Salomon: Ich bin durch die Berlin-Wahl in die Partei und somit auch in die Wahlkampfarbeit gespült worden und habe schnell gemerkt, dass das von der Aufgabenstellung her, zu mir passt. Ab Sommer 2012 habe ich deshalb begonnen, mich in die Planungen zur Bundestagswahl einzuklinken und habe dort sukzessive mehr und mehr Verantwortung übernommen.
Seit dem Jahreswechsel nun leite ich die Projektgruppe Bundestagswahl – wobei leiten ein sehr hierarchischer Begriff ist für das, was ich dort mache.
Die Projektgruppe jedenfalls war lange Zeit der wichtigste, wenn auch nicht der einzige Ort, an dem bundesweite Koordination stattfand. Seit dem Frühling gibt es nun gut 4-5 Gruppierungen, die sich – vor allem seit Neumarkt – auf Bundesebene intensiv mit Fragen rund um die Bundestagswahl beschäftigen. Diese Gruppierungen organisieren sich zwar nominell parallel zueinander, aber durch Personalüberschneidungen und Sitzungsprotokolle ist dennoch gewährleistet, dass die relevanten Informationen nicht untergehen,sondern für gewöhnlich bei den richtigen Leuten ankommen.
Flaschenpost: In welcher Phase sind wir derzeit?
Salomon: Nun ja, wir befinden uns gerade in der Vorbereitung zu dem, was wir in den kommenden 3-4 Monaten auf die Bürger loslassen wollen.
Soll heißen: Unsere Wahlplakate werden momentan von den Gliederungen per Sammelbestellung geordert und ab Anfang Juni ausgeliefert.
Selbiges gilt für die bundesweiten Flyer und unser brandaktuelles Wahlprogramm.
Und dann ist da ja noch Abgeordnetenwatch – die Plattform, die wohl jeder Transparenz-Mensch im Herzen trägt. Als Piratenpartei wollen wir da natürlich glänzen und stimmen gerade mit den Listen- und Direktkandidaten ab, wer Kapazitäten hat, ein eigenes Profil zu bespielen.
Und da nun auch so gut wie alle Bundestagskandidaten fest stehen, baut die Bundespresse aktuell eine Struktur auf, über die Termine, Presseanfragen und Wahlprüfsteine möglichst gezielt an die einzelnen Personen weitergeleitet werden können.
Flaschenpost: Bedeutet das, dass die Ideen schon unter Dach und Fach sind und jetzt die Umsetzung kommt?
Salomon: Ja, genau das bedeutet es. Wir sind zwar eine dynamische Partei, in der jeden Tag neue Ideen entstehen und sich verselbstständigen. Allein heute vormittag habe ich zum Beispiel zwei Umsetzungswünsche reinbekommen. Die grundlegenden Ideen, die den Kern eines Wahlkampfs ausmachen, sind jedoch bereits unter Dach und Fach und müssen jetzt nur noch sauber ausgeführt werden.
Flaschenpost: Wie sieht es in den Landesverbänden selbst aus?
Salomon: Es ist Licht und Schatten. Ich habe durch meinen Einsatz als Wahlkampfhelfer bei den vergangenen vier Landtagswahlen bemerkt, welche Bundesländer welche Stärken haben und welche strukturschwach sind.
Und die Schwächen, die sich damals offenbart haben, konnten bisher nicht entscheidend abgestellt werden.
Es ist vor allem die geringe Personalstärke mancher LVs, die dafür sorgt, dass ich mancherorts sogar soweit gehen muss, Lobbyarbeit für eine bundesweite Wahlkampfkoordination zu betreiben. Es sind auch jetzt noch manche LVs nicht davon überzeugt, dass der bundesweite, kontinuierliche Austausch von Informationen wichtig genug ist, um an den regelmäßigen Sitzungen teilzunehmen.
Das in Verbindung mit der Unverbindlichkeit, die durch unsere Ehrenamtlichkeit und die Furcht vor der piratigen Empörungskultur befördert wird, sorgt dafür, dass – von einem Kern abgesehen – immer wieder andere Menschen an den Sitzungen teilnehmen. Letztere stiften durch ihren lückenhaften Kenntnisstand immer wieder Verwirrung, indem sie sich auf Hörensagen anderer Leute beziehen.
Das führte letztens zu der kuriosen Situation, dass sich auf Nachfrage herausstellte, dass die alternative Quelle im Endeffekt einfach nur eine meiner Mails war, die auf einer anderen Mailingliste veröffentlicht wurde.
Mit klar definierten Verantwortungsstrukturen, ein wenig Kontinuität und Aufmerksamkeit wäre der Sache schon sehr viel geholfen.
Die mitteldeutschen Landesverbände haben da auf Bundesebene bisher einen außerordentlich guten Job gemacht.
Flaschenpost: Was kommt für den Wahlkampf auf uns zu?
Salomon: Harte Arbeit. Es wurden die wichtigen Grundlagen geschaffen – sowohl von den Koordinatoren, der Bundespresse als auch durch den Bundesparteitag. Ab Juli liegt die Verantwortung in den Händen der Basis. Die muss sich an Aktionen beteiligen, Plakate hängen, Infostände betreiben und das Wahlprogramm lernen.
Das sind die wahren Multiplikatoren. Kein Schlömer, keine Nocun, kein Nerz kann Menschen so nachhaltig erreichen, wie eine Person, die unmittelbar mit ihnen in den Dialog tritt – und diese Dialoge gibt es halt nur abseits von Kameras und Internetplattformen.
Ins Sofa pupsen, Teilhabe fordern und über Verfehlungen einzelner Personen schimpfen, kann man auch noch nach der Wahl.
Ein jeder Pirat muss sich darüber klar sein, dass das hier in die Geschichtsbücher eingehen wird – So oder so. Und er kann sich selber fragen, wieviel er bereit ist für einen Eintrag zu tun.
Es geht hier nicht darum, irgendwelche Leute in den Bundestag zu setzen, sondern darum eine Idee zu platzieren und sie im Gedächtnis der Bevölkerung zu verankern.
Aber um auf die organisatorische Ebene zurückzukommen: Die vergangenen Landtagswahlkämpfe haben davon gelebt, dass die entsprechenden Bundesländer Unterstützung durch andere Landesverbände erhalten haben. Die Unterstützung fällt nun weg, da jeder LV sich selbst helfen muss.
Es wird also darauf hinauslaufen, dass Piraten vor Ort nur durch Wissenstransfers in Form von Arguelinern oder Aufzeichnungen von Schulungen unterstützt werden können. Diese Dinge sind bereits in Mache und werden demnächst über die üblichen Kanäle verbreitet.
Flaschenpost: Wo wird noch Unterstützung benötigt?
Salomon: Ach, mach doch nicht so ein Fass auf, da könnte ich dir nen 30-Seiten-Report zu schreiben.
Offene Projekte gibt es genug. Je nachdem, ob wir Zuwachs bekommen oder nicht, ziehen die sich halt länger oder kürzer hin oder fallen am Ende ganz runter. Generell brauchen wir Menschen, die über den Zeitraum von zwei Wochen oder mehr Verantwortung übernehmen.
Baustellen sind zum Beispiel Recherchearbeit für Sonderflyer, Pflege des Wikiportals und Supervision der eingeleiteten Projekte – Aber das ist wie gesagt nur ein Ausschnitt.
Allgemein können Anfragen zur Mithilfe an die Mailingliste der Projektgruppe Wahlen gestellt werden.
Flaschenpost: Sind Wahlkampfparties geplant?
Salomon: (lacht) Ja, unzählige. Es gibt 5 bis 6 Bundesländer, die eigene Wahlkampfauftaktveranstaltungen geplant haben und dann gibt es natürlich noch den bundesweiten Wahlkampfauftakt, der in die Abendstunden gelegt wird und auf Ende Juni datiert wurde.
Über Wahlparties zu den Hochrechnungen gibt es auch schon ein paar Ideen, aber da ist noch nichts spruchreif.
Flaschenpost: Noch ein abschliessender Satz an die Leser?
Salomon: Wenn wir den Weg, den wir auf Koordinationsebene eingeschlagen haben, weitergehen und sich noch ein paar Piraten anschließen, werden wir einen ordentlichen Wahlkampf abliefern.
Und spätestens ab dem Moment, wo die Wahlplakate in den LVs ankommen und die Basispiraten ihre Flyer und Kaperbriefe in die Hände bekommen, wird sich eine Eigendynamik entwickelt, die unseren Wahlkampf nochmals positiv befeuert.
Und wenn dieser Punkt erreicht ist, gönn ich mir ne Fassbrause, lehne mich freudig zurück und mach mal nen Tag blau.
Flaschenpost: Salomon, wir wünschen Dir viel Erfolg bei deiner Koordinatorenaufgabe! Vielen Dank für die interessante Unterhaltung.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.