Die Flaschenpost interviewt alle Spitzenkandidaten der einzelnen Bundesländer für die Bundestagswahl 2013. Wir fragen genauer nach, was ihre Ziele für Deutschland sind und wie man sie im Wahlkampf unterstützen kann.
Heute: Volker Berkhout
Name | Volker Berkhout |
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Nick | volkerberkhout |
Alter | 31 |
Wohnhaft in | Kassel |
Beruf | Wirtschaftsingenieur, wissenschaftlicher Mitarbeiter |
Spitzenkandidat in | Hessen |
Direktkandidat für Wahlkreis | Kassel | WK 168 |
volker.berkhout@piratenpartei-hessen.de |
Flaschenpost: Warum bist Du der Piratenpartei beigetreten? Was macht für Dich die (Politik der) Piratenpartei aus?
Volker: Bei der Bürgerschaftswahl 2008 in Hamburg habe ich die Piratenpartei über das Plakat „Nicht die Politiker sollen die Bürger überwachen, sondern die Bürger die Politiker“ kennengelernt. Zu der Zeit wurde gerade die Vorratsdatenspeicherung eingeführt und ich habe mich gefreut, dass eine Partei deutlich gegen die ausufernden Überwachungsmaßnahmen eingetreten ist. Ich bin dann nach der Wahl zum Hamburger Stammtisch gegangen und habe dort sehr interessante Gespräche mit tollen Leuten geführt. Eingetreten bin ich dann kurz vor dem Bundesparteitag 2008 in Hannover.
Die Ideen und die Politik der Piratenpartei hat für mich eine inhaltliche und eine methodische Seite. Inhaltlich stehen wir für eine Vertrauensgesellschaft mit einem positiven Menschenbild. Wir vertrauen den Bürgern und wollen ihnen Möglichkeiten zur freien Entfaltung eröffnen. Wir wollen zeigen, dass freiwillige Kooperation, wie sie im Netz bei vielen Projekten zu fantastischen Ergebnissen geführt hat, auch im größeren Maßstab funktioniert.
Die Piraten haben erkannt, dass das aktuelle Urheber- und Patentrecht die Verwendung von Wissen und Kulturgütern erheblich einschränkt. Angesichts der Entwicklung in die Wissens- und Informationsgesellschaft gefährdet oder verhindert ein falsch verstandenes „geistige Eigentum“ innovative Entwicklungen und privatisiert öffentliche oder natürliche Güter zum Nachteil der Gesellschaft. Wir wollen eine Kultur, in der Wissen geteilt und kooperativ genutzt wird und die Urheber dafür belohnt werden.
Deshalb setzen wir uns auch gegen staatliche Überwachungs- und Zwangsmaßnahmen ein. Der Staat soll die Freiheit der Bürger garantieren. Wer sich überwacht fühlt verhält sich anders. Das ist eine Einschränkung der Freiheit zur Selbstentfaltung. Die Piraten haben erkannt, welche weitreichenden Gefahren durch Überwachung in einer sich digitalisierenden Gesellschaft entstehen.
Methodisch sind die Piraten die erste Partei, die die Politik auf allen Ebenen mit den Bürgern vernetzen will. Die Möglichkeiten bei uns mitzumachen sind sind unheimlich groß. Wir sind ein großes Experiment, welche Methoden und Werkzeuge für Beteiligung im politischen Prozess geeignet sind.
Die Themen die wir besetzen sind entscheidend für die gesellschaftlichen Entwicklungen von morgen und übermorgen. Wir haben die Chance vielen Menschen das Vertrauen in die Politik zurückzugeben.
Flaschenpost: Was hat Dich motiviert für den Bundestag zu kandidieren? Was war Dein erster Gedanke, als Du das Listen-Wahlergebnis gesehen hast?
Volker: Ich habe recht lange überlegt, ob ich für den Bundestag kandidieren soll oder nicht. Ein Bundestagsmandat bringt sehr viel Verantwortung mit sich und wird mich sehr stark fordern. Ich habe mich dann dafür entschieden, weil ich glaube, dass unser Bundestagswahlkampf eine der spannendsten Herausforderungen ist, die man im Moment angehen kann.
Das Wahlergebnis bei der Aufstellungsversammlung war dann überwältigend. Ich hatte gehofft, dass es für einen aussichtsreichen Platz reichen würde. Allerdings war ich vor und nach der Rede in Grünberg schon ziemlich aufgeregt und nervös. Dass am Ende aber über 80% der hessischen Piraten mir ihr Vertrauen ausgesprochen haben, war wirklich fantastisch. Ich hoffe, ich kann die Erwartungen nun auch erfüllen.
Flaschenpost: Wie möchtest Du unsere Politik und unser Programm den Wählern näher bringen?
Volker: Wir haben inzwischen ein umfangreiches Programm zu zahlreichen Themen. Allerdings ist eine Lehre aus der Niedersachsen-Wahl, dass wir im Wahlkampf nur eine begrenzte Menge an Aufmerksamkeit bekommen können. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir unser Programm auf wenige zentrale Botschaften konzentrieren. Anhand dieser Botschaften sollten wir begründen können, warum es die beste Entscheidung ist, Piraten in den nächsten Bundestag zu wählen.
Um Aufmerksamkeit als (noch) kleine Partei zu bekommen, sollten wir meiner Meinung nach auch stark auf kreative Aktionen setzen, zum Beispiel beim Protest gegen die Bestandsdatenauskunft. Damit können wir zeigen, dass wir die Partei mit den Ideen sind und Aufmerksamkeit für unsere Themen erzeugen.
Dann gibt’s noch einen weiteren Weg: Einfach machen. Wir haben in Hessen viele Piraten in kommunalen Mandaten. Dort sollten wir zeigen, dass wir uns für Transparenz und mehr Bürgerbeteiligung einsetzen. Ich selbst bin zum Beispiel Mitglied im Ortsbeirat in Kassel Nord(Holland) und in der Regionalversammlung Nordhessen.
Ansonsten ist das direkte Gespräch an Infoständen und bei anderen Gelegenheiten sicher ein wichtiges Mittel. Ich werde versuchen, bei vielen Infoständen dabei zu sein. Auch bei den verschiedenen Diskussionsrunden möchte ich zeigen, dass die Positionen der Piraten weiter denken als die der Altparteien.
Flaschenpost: Was möchtest Du im Wahlkampf machen und wie kann man Dich dabei konkret unterstützen?
Volker: Mir ist es wichtig, im Wahlkampf das Top-Thema Grundrechte zu bearbeiten. Da wir in Hessen zeitgleich den Landtag wählen, haben wir Thementeams gegründet, die die Themen Freiheits- und Grundrechte, Teilhabe und Transparenz und Korruptionsbekämpfung bearbeiten. Die Teams sollen die aktuellen Themen in den Bereichen im Blick haben, Vorschläge für Ideen oder Stellungnahmen entwickeln und Inhalte, z.B. für Flyer zusammenstellen. Dort suchen wir noch weitere engagierte Piraten, die die BTW- und LTW-Kandidaten unterstützen.
Auch die Servicegruppen (z.B. Presse, Recherche, Lektorat) im Bund und auf Landesebene können weitere Aktive gut gebrauchen.
Als konkrete Aktionen habe ich Veranstaltungen zum Windenergiekonzept in Nordhessen geplant. Größere Events kommen mit dem Hessentag im Juni und dem Zissel im August auf uns zu. Weitere Wahlkampfideen und -aktionen arbeiten wir gemeinsam mit den Thementeams und der PG Wahlen derzeit aus.
Darüber hinaus freue ich mich über alle Unterstützungsangebote und -ideen unter volker.berkhout@piratenpartei-hessen.de!
Flaschenpost: Was ist dein thematischer Schwerpunkt?
Volker: Ich bin da ziemlich dicht an den Kernthemen. Am wichtigsten ist mir der Einsatz für die Freiheits- und Grundrechte und der Bereich der Immaterialgüterrechte. Als dritter Schwerpunkt bleibt noch die Energiepolitik. Hier sehe ich besonders bei den Themen Fracking und Überarbeitung des EEGs wichtige Themen in der nächsten Legislaturperiode.
Flaschenpost:Wofür möchtest Du Dich im Bundestag einsetzen, welches Ressort / welche Ausschüsse möchtest Du besetzen?
Volker: Meine erste Wahl wäre der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie. Ich denke dort kann ich meine Erfahrungen und Fähigkeiten am besten einsetzen und den Wert des „geistigen Eigentums“ in Frage stellen und an Weiterentwicklungen im Rahmen der Energiewende mitarbeiten.
Allgemein möchte ich mich dafür einsetzen, dass eine Piratenfraktion ihre Rechte nutzt, und etwa durch parlamentarische Anfragen mehr Transparenz im Staat herstellt. Außerdem liegen mir die Rechte des Parlaments am Herzen. Weitreichende Entscheidungen, etwa über Haushaltsmittel wie beim ESM, dürfen nicht an kleine Gremien ausgelagert werden.
Flaschenpost: Wenn Du eine Sache in Deutschlands Politik ändern könntest – was wäre das?
Volker: Grundgesetzänderungen dürften nur nach einem Volksentscheid möglich sein. So ist das Verfahren z. B. für Änderungen der hessischen Landesverfassung. Dafür braucht es natürlich zuerst einmal den Volksentscheid auf Bundesebene.
Flaschenpost: Danke für das flauschige Gespräch!
Das nächste Interview gibt es in ein zwei Wochen – dann mit Jan Niklas Fingerle der fürs Saarland auf dem ersten Platz der Liste steht.