„Ein Netz sei ein tolle Sache“ hatte der Verkäufer im Baumarkt gesagt, „da könne nichts passieren“ – an diese Worte musste der Sperling denken als er mit den Krallen darin verheddert langsam über seinem Nest auspendelte. Vielleicht hätte er aber auch nicht die BILD aufschlagen sollen, er war nun mal schreckhaft und wenn seine Erwartungen enttäuscht wurden schlug er eben instinktiv eine Salto. Was war passiert?
Wie die BILD meldete (nicht SZ, Spiegel, Focus oder Neues Deutschland, nein, die BILD) hat nicht nur die Bundeswehr schon seit längerem Kenntnis von PRISM, sondern auch der BND nutzt schon länger Ergebnisse der NSA.
„Hm“ sinniert der Sperling „gab es eine Putsch in der Redaktion? War Diekmann krank, oder was?“
Um es mal klar zu sagen: Nicht das PRISM von deutschen Behörden wohl schon länger genutzt wurde hat ihn so überrascht, nein, die BILD, treue Stütze aller konservativen Regierungen seit Adenauer und sich nie zu schade wenn es darum geht Kritikern der Regierung übelst mitzuspielen – die BILD hat zum zweiten mal in des Sperlings Lebensspanne die Regierung ins Visier genommen. Und diesmal hat sie nicht – wie üblich – die Zwille aus der Schublade geholt, nein, offensichtlich hat sie sich entschieden schwere Artillerie einzusetzen. Mitten im Wahlkampf.
„Langsam dringt wohl durch was es bedeutet, wenn die Amis ungestraft so weitermachen“ schloss der Sperling einen kurzen Denkvorgang ab, „Tante Angela tut nichts und das macht Cousine Friede wohl langsam unruhig“.
Eines steht fest: Die Bespitzelung aller durch NSA, GCHQ und weitere führt dazu, das Journalisten nicht mehr risikolos recherchieren oder vertraulich mit Informanten in Kontakt treten können. Da alle Internetseitenabrufe, alle Telefonate und alle anderen Kontakte die nicht mit Mitteln aus der Zeit vor dem Jahr 1820 durchgeführt werden protokolliert und ausgewertet werden können ist es ein leichtes, mit Desinformation oder rabiateren Mitteln unbequeme Berichterstattung von vorneherein zu behindern oder zu unterbinden. Damit hätte sich das mit der „Freien Presse“ weitgehend erledigt, zumindest wenn sie schneller als im 19. Jahrhundert üblich agieren und reagieren will.
Unser fröhlicher kleiner Piepmatz überlegt derweilen, wie er sich vor seinem nächsten wöchentlichen Zeitungsgenuss absichern will. Es soll ja automatische Fangsysteme gegeben, hat er mal gelesen, für kleine Singvögel. Über die Konsequenzen für die Presse macht er sich kaum Gedanken – er hofft das sie weiterhin kräftigst und so lange auf die Regierung einschlagen wird bis diese handelt. Oder die Wahl verliert und die nächste dann gezwungen ist zu handeln wenn sie nicht unter Dauerbeschuss stehen will – immerhin gilt die Presse als vierte Macht im Staate und es wird mal wieder Zeit für eine Kraftprobe.
Redaktionsmitglied Sperling
Redakteur seit 2011, Kernteam der Redaktion seit 2013. De facto "Leitung" ab 2016, irgendwann auch offiziell Chefredakteur - bis 2023. Schreibt und Podcastet nur wenn ihm die Laune danach steht, zahlt aktuell die Infrastruktur der Flaschenpost, muss aber zum Glück nicht haften 🙂