Die Flaschenpost interviewt alle Spitzenkandidaten der einzelnen Bundesländer für die Bundestagswahl 2013. Wir fragen genauer nach, was ihre Ziele für Deutschland sind und wie man sie im Wahlkampf unterstützen kann.
Heute: Andreas Kaßbohm
Name | Andreas Kaßbohm |
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Nick | Käptn Nemo |
Alter | 53 |
Wohnhaft in | Ichtershausen |
Beruf | Dipl.Ing. für Informationstechnik |
Spitzenkandidat in | Thüringen |
Direktkandidat für Wahlkreis | WK 192 Gotha – Ilm-Kreis |
andreas@kassbohm.de |
Flaschenpost: Warum bist Du der Piratenpartei beigetreten?
Andreas: Ich bin bereits seit langem (eher im Hintergrund) politisch aktiv und z.B. Mitbegründer und Herausgeber des 2000 mit einigen Mitstreitern des SELF-HTML-Forums gestarteten e-Zine “Advograf-de”, welches sich auf dem Höhepunkt der Markenabmahnungen gegen Abmahnwahn im Internet stark gemacht hat.
Ebenso war ich Mitgründer des Bundesverbandes gegen digitale Spaltung geteilt.de e.V. (2011).
Mit “Mehr Demokratie”, dessen Mitglied ich ebenfalls bin, setzte ich mich für die Durchsetzung der Bürgerrechte und mehr direkte Mitbestimmung, z.B. Volksentscheide auch über globalere Haushaltsfragen ein.
Meine Kompetenzen liegen neben den Bereichen der Telekommunikation und dem Infrastrukturausbau unter anderem im Bereich der Gesetzgebungsverfahren, des Haushaltsrechts sowie der Verwaltungsmodernisierung als eine Voraussetzung für durchgängige Transparenz und bürgernahes Verwaltungshandeln sowie konsolidierte Haushalte in Bund und Ländern.
Zu den Piraten kam ich Anfang 2012. Durch den totalen Verlust an Glaubwürdigkeit bei den etablierten Parteien, deren permanente Mißachtung der Bürgerrechte durch Regierung und Parlament und der klaren Ausrichtung der aktuellen Politik am Prinzip „Privatisierung der Gewinne und Solidarisierung der Verluste“ sind die PIRATEN bis heute „alternativlos“, um dieses beliebte Kanzlerinnenwort einmal zu stapazieren.
Daseinsvorsorge ist in der aktuellen Politik bestenfalls noch eine Randnotiz, wenn man von der für die Finanzindustrie einmal absieht.
Flaschenpost: Was macht für Dich die (Politik der) Piratenpartei aus?
Andreas: Authentizität, Glaubwürdigkeit, Bürgernähe und der Wille zu bedingungsloser Transparenz aller politischen Prozesse (auch wenn es weh tut) sind für mich der innovative Markenkern der PIRATEN. Piraten sind an der Lösung von Problemen interessiert und nicht an der Profilierung von Personen. Themen STATT Köpfe allerdings „kippte das Kind mit dem Bade aus“. Denn Themen können sich nicht selbst transportieren. Daher ist der nun gefundene Weg Themen DURCH Köpfe in die Gesellschaft zu bringen sehr erfolgversprechend. Und so stehen bei allen Lösungsansätzen auch immer die Themen und nicht die passenden Farben von Parteien im Vordergrund. Gute Lösungen werden unterstützt, schlechte abgelehnt. Egal ob der Einreicher CDU oder LINKE heißt. Gute Ideen abzulehnen, weil sie von „den Falschen“ vorgetragen wurden ist Politik 1.0.
Die Ideen müssen die Demokratie voranbringen und zum Nutzen der Betroffenen sein.
Flaschenpost: Was hat Dich motiviert für den Bundestag zu kandidieren?
Andreas: Wir Piraten sind keine Berufspolitiker und wollen es auch nicht werden.
Wir machen Politik „aus Notwehr“, denn die aktuell (un)tätige Berufspolitik fährt die wichtigsten Grundsätze der Demokratie in dieser Gesellschaft gerade „an die Wand“. Wenn Gesetze nur noch in Kraft gesetzt werden um Lobbyinteressen zu vertreten, dann ist es höchste Zeit dem einen Riegel vorzuschieben.
Schaut man sich den leeren Penarsaal bei wichtigen Abstimmungen, wie z.B. der Änderung des Meldegesetzes an, erübrigen sich weitere Worte. Auch ist die immer häufiger zu erlebende Unterwerfung der freien Gewissensentscheidung unter den Fraktionszwang, wie erst wieder beim leistungschutzrecht zu erleben nicht länger hinnehmbar.
Für die aktuelle Politik könnte man formulieren: „Wer glaubt, dass diese Volksvertreter das Volk vertreten, glaubt auch, dass Zitronenfalter
Zitronen falten.“ Und damit hat man auch gleich den Quell der Verdrossenheit vieler Wähler benannt. Sie sind nicht „politikmüde“ sondern „Politikermüde“. Es ist einfach nicht länger mit anzusehen, wie die „etablierten“ Politiker die Bürger am Nasenring durch die Manege führen.
Flaschenpost: Was war Dein erster Gedanke, als Du das Listen-Wahlergebnis gesehen hast?
Andreas: Ich war überrascht vom Ergebnis und auch von der Deutlichkeit des Votums. Und erfreut darüber, dass wir eine gute, fachlich austarierte Liste haben, mit der wir ein breites Themenspektrum abdecken und eine Vielzahl von Wählern sicher von unseren Zielen überzeugen können.
Flaschenpost: Wie möchtest Du unsere Politik und unser Programm den Wählern näher bringen?
Andreas: Ich rede mit den Bürgern, auf Stammtischen, Infoständen sowie Informations- und Schulungsveranstaltungen. Wie die, welche wir aktuell durchführen und für alle Gemeinden in Thüringen anbieten.
Über den „Schutz der persönlichen Daten im Zeichen von PRISM und TEMPORA“, ein Thema, welches im Bewusstsein der Bürger noch nicht ausreichend und flächendeckend verankert ist.
Flaschenpost: Was möchtest Du im Wahlkampf machen und wie kann man Dich dabei konkret unterstützen?
Andreas: Wir müssen sehr viel mehr Material in „Bildhafter Sprache“ anbieten, so wie die Sozial-Media-Angebote der SG Gestaltung auf Twitter oder Facebook. Solches Material brauchten wir um an die OFFLINER heranzukommen – die keine Clips auf Youtube schauen – auch als Flyer oder im Postkartenformat, so wie unser LV bereits einige produziert hat, etwa über Fracking.
Des weiteren müssen wir natürlich im Internet breit aufgestellt sein und möglichst alle Kanäle erreichen, auf denen sich auch die Bürger bewegen, da uns die traditionellen Kanäle zum Teil verschlossen sind, weil Redaktionen nicht über uns und unsere Tätigkeit berichten.
So betreibe ich unter wahlkreis-192.de eine Website und bin auf Twitter unter @AndreasKassbohm zugegen und poste auf Google+ und Facebook.
Flaschenpost: Was ist dein thematischer Schwerpunkt?
Andreas: Ich habe mehrere Schwerpunkte, von denen ich die zwei wichtigsten benennen möchte.
Dies ist zum einen die Trennung von Netz und Dienst in allen Infrastrukturbereichen.
Infrastrukturen sind (teuerster) Kernbestandteil der Daseinsvorsorge und gehören daher dem ruinösen Wettbewerb entzogen. Wettbewerb darf daher nur im Bereich der Dienstleistungen stattfinden. Wie im Verkehrswesen, wo Strassen öffentliches Eigentum sind, die Dienstleistungen darauf jedoch im Wettbewerb erbracht werden, muss dieses Prinzip auch in allen anderen Infrastrukturzweigen durchgesetzt werden.
Wie Autobahnen gehören auch die Datenautobahnen aus dem Wettbewerb entfernt und als staatliche Daseinsvorsorge allen Bürgern in gleicher Qualität und zu vergleichbaren Kosten zur Verfügung gestellt. Damit ist dann auch die Gewährleistung der von den PIRATEN geforderten Netzneutralität keine Diskussionsthema mehr.
Und zum anderen ist es die Transparenz sämtlicher staatlicher Verwaltung und garantierter Schutz der Privatsphäre.
Jeder Bürger hat einen Anspruch darauf zu erfahren, wie mit seinem Geld (Steuern) und in seinem Auftrag (Verwaltung) bzw. Namen (Urteile) durch den Staat umgegangen wird. Ein IFG, welches aktuell äußerst halbherzig umgesetzt wird und immer noch ein „Antragsdelikt“ darstellt, muss in eine Bringepflicht des
Staates umgewandelt werden. Der Staat muss sozusagen „im Glashaus“ arbeiten. Denn nichts von dem was Menschen in seinem Namen oder Auftrag tun, ist ein „Privatvergnügen“. So halbherzig, wie das IFG umgesetzt wird, wird derzeit auch der Schutz der persönlichen Daten derzeit durch Parlamente und Verwaltungen ernst genommen.
Hier muss sofort ein Paradigmenwechsel einsetzen.
Flaschenpost: Wofür möchtest Du Dich im Bundestag einsetzen, welches Ressort / welche Ausschüsse möchtest Du besetzen?
Andreas: Da ich auf Grund meiner beruflichen Laufbahn fachlich recht breit aufgestellt bin, kann ich mir eine Mitarbeit in den verschiedensten
Fachbereichen vorstellen.
- Infrastrukturpolitik
- Telekommunikationsrecht
- Verwaltungsrecht
- Medienrecht (Staatsverträge)
- Rundfunkrecht (Staatsverträge)
- Subventionsrecht (Förderpolitik; EU/Bund/Land)
- Vergaberecht
- Demographischer Wandel
- Verwaltungsmodernisierung
- Urheberrecht, Patent- & Markenrecht, Titelschutz
Meine präferierten Ausschüsse im Bundestag
Für den Fall des Erreichens eines Bundestagsmandates werde ich mich um die Mitgliedschaft in einem oder mehreren der folgenden Ausschüsse, in etwa in der aufgelisteten Rangfolge, bewerben.
- Haushalt
- Wirtschaft und Technologie
- Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
- Ältestenrat
- Gemeinsamer Ausschuss
- Vermittlungsausschuss
- Rechtsausschuss
- Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
- Arbeit und Soziales
- Finanzen
- Inneres
- Kultur und Medien
- Untersuchungsausschüsse
Sehr interessiert wäre ich auch an der Mitarbeit in der neu vorgesehenen Föderalismuskommission III zur Neuverteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern.
Ebenso würde ich mich gerne um die Mitarbeit in der neu einzuberufenden Enquete-Kommission zum BGE bewerben, dessen schnellstmögliche Umsetzung mir sehr am Herzen liegt.
Flaschenpost: Wenn Du eine Sache in Deutschlands Politik ändern könntest – was wäre das?
Andreas: Sich auf nur eine Sache zu beschränken ist schwierig.
Ich würde gerne Regierungen in Bund und Ländern nur noch als ALL-PARTEIEN-Koalitionen bilden und Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide als feste Elemente unserer Demokratie etablieren. Die Kräfte und Fähigkeiten der Abgeordneten sollen der Findung der bestmöglichen Problemlösungen für alle Bürger dienen und nicht im sinnlosen gegenseitigen Bekämpfen in den Parlamenten vergeudet werden.
In allen wesentlichen Fragen, muss das gesamte Volk auch in die Willensbildung einbezogen werden. Die Schweiz lebt seit Jahren vor, dass dies problemlos umsetzbar ist.
Flaschenpost: Danke für das freundliche Gespräch!