Das Ergebnis der Landtagswahl steht fest. O-Ton: “Die CSU holte die absolute Mehrheit, was das Ende der Demokratie bedeutet. Die Piratenpartei konnte aus dem Stand heraus 2% erreichen, ein toller Erfolg.” So reden sich viele das Ergebnis passend. Die Wirklichkeit sieht allerdings etwas anders aus. Wir Piraten in Bayern traten 2013 tatsächlich zum ersten mal bei einer Landtagswahl an. Bei der Bundestagswahl 2009 holten die Piraten bundesweit 2%, der bayerische Anteil daran betrug ebenfalls 2%. Der Wissenschaftler würde von einem steady state sprechen.
In Bayern leben 12.5 Mio. Menschen, davon sind 9.3 Mio. wahlberechtigt. Zur Wahl gingen knapp 6 Mio. Wähler, also die Hälfte der Einwohner. Vergleicht man die Anzahl der für eine Partei abgegebenen Stimmen mit der Anzahl der Parteimitglieder stehen wir Piraten als schlechteste Partei von allen da. Diese Betrachtungsweise deckt sich mit dem Wahlergebnis in Prozent. Würde man die 2% der ÖDP (eine Partei wie die Grünen, nur von rechts) sowie die separatistische Bayernpartei mit je 4.000 bzw. 5.000 Mitgliedern mit einbeziehen, ständen wir Piraten mit unseren 6.400 Mitgliedern noch einmal schlechter da.
Die CSU sowie die SPD holten mit knapp 148.000 bzw. 65.500 Parteimitgliedern jeweils je 19.000 Wähler pro Mitglied. Viel effizienter waren die Grünen, die auf jedes ihrer 7.200 Mitglieder knapp 72.000 Wähler gewinnen konnten. Die Linke und die FDP, mit 2.300 bzw. 5.200 Mitglieder eher politische Zwerge im Freistaat, holten pro Mitglied immerhin knapp 40.000 Wählerstimmen. Wir Piraten als Nr. 4 der großen Parteien in Bayern, dazu noch stolz auf unsere guten Ideen und die Effizienz, mit der wir die knappen Mittel einsetzen, holten knapp 19.000 Stimmen pro Mitglied, sind hier also etwas schlechter als CSU und SPD. Wobei diese zwei Parteien viel Geld in den Wahlkampf stecken konnten – wir nicht.
In einer kleinen Befragung waren verschiedene Gründe zu erfahren, die Piraten nicht zu wählen:
IT-Mitarbeiter: “Alles über die IT wirkt fundiert. Der Rest des Programms macht einen zusammen gewürfelten Eindruck.”
Manager: “Der Wahl-O-Mat sagte mir “Piraten”, aber die Stimme wäre verschenkt.”
Managerin: “Der Wahl-O-Mat ergab etwas zwischen Grün und Orange. Dann verglich ich die Statements, die man auf der Webseite gegeneinander stellen konnte und entschied mich für das, was am besten passte.”
IT-Mitarbeiter: “Der Wahl-O-Mat riet mir zu den Piraten. Als Randgruppe sind sie für mich aber uninteressant.”
Eine hohe Wahlbeteiligung ist prinzipiell zu begrüßen. Doch sind hohe Wahlbeteiligung von je her der Gegner kleiner Parteien. Nicht die kleinen Parteien, sondern ausgerechnet die CSU konnte bei dieser Wahl neue Wähler mobilisieren. Von Mollath bis zur Verwandtenaffäre war alles vergessen. Die Spähaffäre auf der anderen Seite nutzt offensichtlich derzeit nur denen, die stramm für Überwachung eintreten, obwohl die Enthüllungen immer mehr Bürger betreffen. Dazu kommt, dass die Bürger angesichts neuer Meldungen nur noch mit den Schultern zucken. Die neueste Meldung, dass die NSA sich die Daten der EU-Bürger, die die EU nicht rausrücken mag, einfach holt, fand kaum kaum noch Widerhall. Darüber berichteten nur wenige Zeitungen. Und nimmt man die Anzahl der Kommentare zu einem solchen Artikel als Gradmesser des Interesses, sieht die Realität trostlos aus. Der entsprechende Artikel in der ZEIT wurde nach wenigen Stunden wohl wegen Desinteresses der Leser von der Startseite genommen. In über 30 Stunden wurde der Artikel auch nur 24 Mal kommentiert.
Wir thematisieren bestimmt die richtigen Themen. Doch entweder interessiert sich niemand dafür oder dem Wähler fehlt das Glaube dran, dass wir hier etwas gerade rücken können.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.