Die Fahrt des #bybus132 nach Bremen nach den Erinnerungen von Nadine Englhart, Thomas Knoblich und Marion Ellen.
Schon die Organisation gestaltete sich nicht einfach. Der ursprünglich als 2. Fahrer eingeplante Pirat fiel aus, der Verkauf der 49 Bustickets lief nur schleppend an, obwohl mehrere gesponserte Tickets auch die Mitfahrt von Piraten mit kleinen finanziellen Mitteln ermöglichten. Aber Piraten entscheiden sich immer auf den letzten Drücker, und viele hatten auch einfach keine Zeit für eine Busanreise. Denn eines war von vornherein klar: wir wären eine lange Zeit unterwegs.
Der Bus sollte um 7:30 Uhr in München starten, am Kieferngarten, am Hauptbahnhof und auf Zwischenstationen in Ingolstadt, Nürnberg und Bayreuth nacheinander um die 37 Piraten eingesammelt werden. Als Gesamtfahrzeit waren zwischen zehn und zwölf Stunden geplant.
Der Bus kam schon mit ungefähr einer Stunde Verspätung auf die Autobahn, da das ursprünglich zugesagte Fahrzeug nicht zur Verfügung stand. Irgendwo zwischen München und Ingolstadt wurde die Toilette nach einem erfolglosen Reparaturversuch mit Gaffa-Tape gesperrt. Dass Kaffeemaschine und Wasserkocher defekt waren, machte den meisten nichts aus. Die Orga hatte für ausreichend Getränke gesorgt, außerdem gab es Butterbrezn und Wiener Würstchen.
An der Raststätte in Nürnberg Feucht fand ein Fahrerwechsel zügig und reibungslos statt. So machten wir uns auf den Weg die letzten Piraten aus Erlangen und Bayreuth einzusammeln. Zum Frühstück gab es die bereits geschmierten Butterbrezn mit Bier, die Würstl wurden kalt serviert. Aber alles war gut. Die Laune prächtig, es wurde diskutiert, gelacht und neue Bekanntschaften geschlossen.
Dass unser Bus allmählich Schwierigkeiten bekam Fahrt aufzunehmen, bemerkte zu diesem Zeitpunkt höchstens unser Fahrer und die vorne sitzenden Mitfahrer.
Also raus zum Rasthof Fränkische Schweiz und suchen, wo das Problem liegt. Für einen kurzen Augenblick war auch alles in Ordnung. Dann ging es plötzlich nur noch mit 40-50km/h vorwärts und der Standstreifen wurde zu unserer Fahrspur.
Der erst graue, dann schwarze Rauch aus dem Bereich des Motors zwang uns dann doch zum Stehenbleiben. Ein Turboladerschaden machte eine Weiterfahrt mit diesem Bus unmöglich. Die kurze Ansage „Alles Raus – und hinter die Leitplanke“ wurde von uns ohne große Diskussion verstanden und umgesetzt.
Erster Pirat (besorgt): Ob der das schafft?
Zweiter Pirat (nassforsch-fröhlich): „Klingt nicht so.
Bus: Hrrrrrrrrrrrrrrrgrrrrrrrrrpffflöööörchhh…
Plötzlich, kurz nachdem die Steigung überwunden ist, ertönt ein äußerst hässliches Geräusch. Die Insassen erblassen.
@impertinenzija (versonnen aus dem Fenster blickend): Ups, da raucht ja was.
@gromlix (die Piratengardine am Heckfenster herunterreißend) DER BUS BRENNT! RAUS! ALLE RAUS!
Alle: RETTET DIE TWITTERDEVICES!!11elf
Der Bus: RÖCHEL! HUST! SPOTZ!
Er hält auf dem Standstreifen, das Motorengeräusch erstirbt … Die Insassen raffen ihre Habseligkeiten zusammen, versammeln sich hinter der Leitplanke und zücken ihre Smartphones.
Und hier standen wir nun, 35 frierende Piraten an einem abschüssigen Hang kurz vor Bayreuth bei eisigem Wind, und warteten auf den Ersatzbus. Autos rauschten im Sekundentakt an uns vorbei; wir unterhielten uns, es wurde viel gelacht. Und dann wurde getwittert. Über die grandiose Landschaft. Welcher Filmtitel am besten zum brennenden Bus passen könnte. Wie sich die ADAC-Helfer Gaffa-Tape ausliehen. Dass uns das THW retten würde. Niemand kam auf den Trichter Thomas für die Panne die Schuld zu geben. Kein Wunder. Er hatte sie auch nicht. Gegen die Kälte haben wir angezittert, getwittert, gekuschelt, gelacht und Wodka getrunken.
Nur in den letzten zwanzig Minuten wurden alle ein wenig stiller, doch keiner beschwerte sich.
Als dann endlich ein Bus neben uns anhielt, waren für den ersten Moment alle froh, dass es nun endlich weiter geht. Aber die ersten Piraten lasen entsetzt die Werbung auf dem Bus „Merkel-Reisen“. Es kam zu Tumulten, es wurde in den kaputten Bus gesprungen um die Piratenfahne zu holen. Andere riefen „da steigen wir nicht ein“. Zum Glück stellte sich schnell heraus, es war nur ein netter Fahrer, der uns behilflich sein wollte – ihm sei an dieser Stelle herzlich gedankt!
Die Polizei hatte aber inzwischen einen anderen Bus bei der Bundespolizei organisiert, und so mussten wir noch ein paar Minuten warten, bis das blau-weiße Großraumtaxi mit den interessanten Helmablagen bei uns eintraf.
Der Fahrer setzte uns wieder an der vorigen Raststätte ab und wünschte uns gute Reise. Nach weiteren eineinhalb oder zwei Stunden Wartens (nun immerhin im Warmen) kam der Ersatzbus, mit dem wir nach Bayreuth fuhren, um unsere Sachen um- und unseren letzten Passagier einzuladen.
Kurz vor Bremen haben alle jeden Kilometer gezählt. Endlich erreichten wir das Ziel, nach über 17 Stunden kamen wir in Bremen an. Hinter uns lag eine lange Fahrt mit einer großen, nicht geplanten Pause mitten auf der A9.
In Bremen wurden wir freundlich von der Orga vor Ort empfangen. Die Piraten teilten sich auf ihre wohlverdienten Schlafplätze im Hotel oder der Schlafhalle auf, und manche trafen sich noch im Bus auf ein Bier. Denn da war unser Fahrer endlich froh, alles hinter sich zu haben, und unendlich dankbar einer Partei anzugehören, deren Mitglieder solche Schwierigkeiten mit so einer Laune meistern.
Wo wir Lösungen hatten, haben wir sie angewandt. Wo wir keine hatten, haben wir die Probleme bewundert und getwittert, gekuschelt, gelacht.
Die Piraten, die nicht leibhaftig bei uns waren, waren über Twitter & Co dennoch bei uns. Auf dem BPT konnte jeder mit DEM BUS was anfangen. Sie gaben uns ihr Mitgefühl, ihren Flausch und ihren Witz.
Die Fahrt im #bybus132 hat gezeigt:
- Wir können das!
- Wir können zusammenhalten!
- Wir können in Windeseile hinter Leitplanken springen!
- Wir können 2 Stunden in bester Laune im Wind hinter einer Leitplanke stehen!
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.