
Freiheit statt Angst / 11.09.2010 (CC-BY-SA: Tobias M. Eckrich)

Ein Pass mit biometrischen Informationen, Datenbanken über Fussballfans und Überwachungskameras. Seit die USA den so genannten „Krieg gegen den Terrorismus“ ausgerufen haben, wollen viele Länder ganz vorne dabei sein, wenn es darum geht, Daten zu sammeln. Durch die Enthüllungen Edward Snowdens wurde erstmals klar, welche Ausmasse diese Überwachung bereits angenommen hat. Weltweit. Tagtäglich. Doch dem stehen viele gelassen gegenüber. Denn wer nichts zu verbergen hat – so die landläufige Meinung – habe auch nichts zu befürchten.
Gleichgültigkeit am Datenschutz gibt es auch in der Privatwirtschaft. So ist es Alltag, kostenlose Spiele auf dem Handy zu installieren und diesen im Gegenzug zu erlauben, regelmässig Informationen an Werbeanbieter zu übermitteln. Manche Spiele erhalten sogar die Berechtigung, auf Positionsangaben, persönliche Kontakte oder Kurznachrichten zuzugreifen. Es überrascht nicht, dass sich der amerikanische Geheimdienst NSA und das britische Pendant GCHQ für diese Daten interessieren.
Für den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB), Hanspeter Thür, ist der gläserne Mensch längst Realität geworden. Er lud deshalb letzten Dienstag anlässlich des Datenschutztages 2014 zu einem Podium, dessen zentrale Frage war: «Datenklau und Lauschangriff – ist unsere Privatsphäre noch zu retten?»

Zu den geladenen Gästen gehörte auch Alexis Roussel, Präsident der Piratenpartei Schweiz. Er diskutierte mit der Sozialdemokratin und Ständerätin Anita Fetz sowie Nationalrat Ruedi Noser von der FDP über die Herausforderungen der Informationsgesellschaft. Während Fetz vor Gleichgültigkeit warnte, betonte Noser, dass nicht alles Sammeln von Daten negativ sei. Es brauche insbesondere eine Klärung des Einsichtsrechts und des Rechts zum Löschen.
Für Pirat Roussel ist das zu wenig – er forderte ein Grundrecht an den eigenen Daten und eine Verankerung der digitalen Identität. «Snowden hat uns allen gezeigt, dass die aktuell geltenden Gesetze nicht ausreichen», so Roussel zur Flaschenpost. Es brauche eine radikale Veränderung. Persönliche Daten sollen dem Individuum gehören und ohne dessen Einverständnis nicht weiter verwendet werden dürfen. Auch nicht durch Geheimdienste.
Nosers Auffassung teilt die Piratenpartei Schweiz zumindest teilweise. Im September 2011 reichte sie in Zusammenarbeit mit SVP-Nationalrat Lukas Reimann die Motion Freiheit stärken. Recht an den eigenen Daten sichern ein, die das Einsichtsrecht in persönliche Daten stärken sollte. Die Vorlage kam im Parlament nie zur Abstimmung und wurde Ende letzten Jahres «abgeschrieben, weil seit mehr als zwei Jahren hängig». Der Bundesrat beantragte zuvor eine Ablehnung und schlug vor, stattdessen die Entwicklungen in der EU abzuwarten.
Doch was sagt der Eidgenössische Datenschützer zum ganzen? Am Datenschutztag veröffentlichte er einen Blogbeitrag, worin er die eingangs erwähnte Gleichgültigkeit kontert. «Jede und jeder von uns hat etwas zu verbergen! Von kleinen Ticks über Krankheiten oder Schulden zu familiären Problemen haben wir alle Themen, die wir nur im engsten Kreis oder gar mit niemandem besprechen», so Thür. Es sei ein kolossaler Irrtum zu glauben, dass man sich nur für Ihre Daten interessiert, wenn Sie etwas auf dem Kerbholz haben. Das Sammeln von Personendaten sei inzwischen ein lukratives Geschäft und betreffe alle.