
Militärposten | CC BY 2.0 by <a href="shttps://www.flickr.com/photos/112078056@N07/">snamess</a>

Die Krise in der Ukraine beschäftigt uns. Viele haben Angst, dass es wieder zu einem Konflikt mitten in Europa kommt. Die Präsidentenwahl in der Ukraine hat die Kräfte gestärkt, die das Land näher an die Europäische Union bringen wollen. Der Osten des Landes will dagegen engere Beziehungen zu Russland, die Wahl in diesem Landesteil war eher schwierig. Die Sicherheitslage dort ist fragil und die ukrainische Übergangsregierung konnte nicht das Gewaltmonopol des Staates in dieser Region bewahren. Einen Tag nach den Wahlen ist es wieder zu schweren Kämpfen zwischen dem ukrainischen Militär und den Aufständischen gekommen. Russland hat indessen angekündigt, mit dem ukrainischen Präsidenten zusammen arbeiten zu wollen. Dabei wird Putin versuchen der Ukraine klar zu machen, dass nur eine Einbindung in die von Russland geplante Eurasische Union dem Land helfen wird. Wenn Putin und Russland eine Annäherung der Ukraine an den Westen und die NATO akzeptieren würde, gäbe es diese Krise nicht.
Der Westen dagegen trägt Mitschuld an dem Konflikt. Hier ist eine mangelnde „geopolitische Sensibilität“ zu erkennen, wie August Paradetto in der deutschen Fachzeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik schrieb. Hier hat die EU klar gezeigt, dass sie von der Ukraine eine klare Antwort haben wollte, ob die Entwicklung nach Russland oder in Richtung der EU gehen soll. Denn wenn die Ukraine EU Mitglied wird und damit die Ostgrenze auch zur Grenze zwischen der EU und Russland wird, so werden kulturelle und ökonomische Bindungen zu Russland durch Grenzbefestigungen zum Schutz der EU-Außengrenzen eingeschränkt. Die EU hat jedoch übersehen, dass in der Ukraine der Osten des Landes bei allen Wahlen immer pro-russische Kräfte wählte und wenn man dem Politologen Samuel Huntington glauben will, stand das Land immer schon vor einer Zerreißprobe zwischen Ost und West.
Die EU ist derweil machtlos und überlässt das Vermitteln und Handeln den USA. Sie hat auch keine Wahl, da Putin aus Mangel an Soft-Power militärisch harte Aktionen durchführt – militärischer Druck soll die Ukraine auf Kurs bringen. Jetzt will die NATO ihre Präsenz im Osten des Bündnisgebietes ausbauen, weil die baltischen Staaten wie auch Polen Angst vor Russland bekommen. Gleichzeitig meldete die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, dass Russland plant in Weißrussland neue Stützpunkte zu errichten.
Jetzt nach den Wahlen und dem Sieg des westlichen Lagers hat die Ukraine wieder eine legitime Regierung. Die EU könnte die neue Situation als Chance nutzen, sich in den Friedensprozess einzubringen.
Was können wir PIRATEN in dieser Zeit tun? Zunächst ist es immer gut vernetzt zu sein. Die Ukraine und der Kampf um die Selbstbestimmung ist wichtig, vor allem wenn man sich am Beispiel Ukraine gesehen mit Aktivisten zusammen schließt. Das bringt Stimmungsbilder und Informationen aus erster Hand, ganz unabhängig von offiziellen Medien, welche immer eine gewisse Tendenz haben und in Deutschland zum großen Teil den konservativen Mainstream widerspiegeln. Das Internet hilft den PIRATEN mit Aktivisten und Gruppierungen die unserer Politik und unserem Verständnis von Freiheit nahestehen, in Kontakt zu kommen. Jetzt war das Ergebnis zu den Europaparlamentswahlen kein Erfolg für die Partei, doch muss man im Verbund mit den anderen Piratenparteien in Europa an einer europäischen Strategie arbeiten.
Die Debatte um eine Aufrüstung der EU wird kommen und die Russen zu Reaktionen nötigen. Dabei machen europäische Verteidigungsanstrengungen nur Sinn, wenn sie in eine europäische Politik münden welche diesen Namen auch verdient. Wenn man den amerikanischen Einfluss auf die EU begrenzen, und beispielsweise TTIP und die NSA ablehnt, muss man bedenken, dass die EU die USA derzeit nicht verprellen kann, weil unsere Sicherheit von Washington abhängt. Wenn die USA die EU als tatsächlich gleichberechtigten Partner respektieren soll, muss die europäische Politik einsehen, dass nach 1989 nicht das Zeitalter der Postmoderne in der Außenpolitik eingetreten ist, sondern man sich eher im 19. Jahrhundert wiederfindet wo es um Interessen und Machtpolitik mit neokolonialen Aspekten ging.
Wir PIRATEN müssen bei der Suche nach Antworten auf die Fragen der Zukunft überlegen, ob wir dem Merkelischen Diktum „nie wieder!“ folgen oder ob es sehr wohl stabilisierende Einsätze geben darf. Nationbuilding ist ein langer Prozess und in Zeiten der zerfallenden Staaten dürfen wir nicht vergessen, dass viele Menschen in zerfallenden Staaten nicht mehr leben können oder wollen. Sie fliehen, weil sie zuhause keine Perspektive mehr sehen. Dazu kommt, dass in diesen Staaten nicht gerade die Freiheit gelebt werden kann, welche wir als PIRATEN anstreben und auch anderen wünschen. In der Sicherheitspolitik muss man gegenüber Russland zu einer Antwort und Strategie kommen, welche sich bewusst macht, dass es Staaten um Macht und Sicherheit geht. Dieser Debatte muss sich die Partei stellen, denn es sind die Fragen, auf die unsere Wähler morgen Antworten von uns erwarten.