Ein Kompendium von Ideen für die Politik soll auf der Klausur von 20 multikulturellen Autoren aus 17 Ländern auf der Frankfurter Buchmesse entstanden sein. Drei Tage lang saßen sie in verschiedenen Konstellationen von gleichzeitig höchstens zwölf Anwesenden zusammen und haben aktuelle Probleme der Weltpolitik erörtert. Rassismus, Rohstoffknappheit, Unterdrückung, Sklavenhandel und Terrorismus etwa, um nur einige wenige zu nennen.
Am Freitag, den 10. Oktober 2014, haben die Autoren der Presse und ausgewähltem Publikum einige dieser Ideen vorgestellt. Gleich zu Beginn verteidigte sich die Sprecherin der Autoren, die Schriftstellerin Janne Teller, vorrausschauend gegen Vorwürfe, dass die Klausur hinter geschlossenen Türen stattgefunden hat. Nur so wäre eine völlig offene Diskussion gewährleistet gewesen, in der jeder auch einmal etwas Falsches aussprechen könne, ohne dafür sofort bestraft zu werden. Weiterhin habe man versucht, in der Diskussion alles mit einfließen zu lassen, auch Gott; der Mensch sei nämlich kein rationales Gebilde, sondern ein Konglomerat aus verschiedensten emotionalen und biologischen Komponenten.
Schnell ging es dann aber schon zur Erläuterung, oder eher Nennung, einiger Ideen, die den Autoren gekommen sind.
So plädieren sie etwa für eine pluralistische Gesellschaft, denn nur so könne Mulitkulturalismus möglich sein. Nicht nur die EU müsse akzeptieren, dass sie ein Einwanderungsgebiet ist, in dem die Freiheit des Einzelnen nur so weit gehen kann, bis sie die Freiheit eines anderen beschränkt.
Außerdem brachen die Autoren eine Lanze für Menschen, die an der gesellschaftlichen Version einer sogenannten „Multiple Personality Disorder“ leiden, sich also nicht so einfach einfügen oder definieren können, wie andere. Es sei, so ein Autor, vielmehr eine Multi Personality Order. Denn, wenn man erst definieren muss, wer man ist, bleibt so mehr Platz, um auch andere mit einzuschließen.
Weiter ging es mit der Unzulässigkeit, Flüchtlinge ertrinken oder verhungern zu lassen. Alles, was in der eigenen Kraft stehe, müsse dagegen aufgebracht werden, aus Kriegsgebieten Fliehende sterben zu lassen.
Interessant war unter anderem eine kleine Diskussion über unsere Auffassung von Demokratie. Mehr Macht müsse an die Bürger gebracht werden, und vor allem müssten diese sich der Macht bewusst werden oder gemacht werden. Fehlende Partizipation und die Käuflichkeit der Politiker seien ein sehr großes Problem. Dazu kam der schöne Satz „It is our democracy, not the one of our politicians“. Ein damit einhergehendes Problem sahen die Autoren in der Diskrepanz zwischen Rüstungsausgaben und Ausgaben für Frieden. Während die Forderung, einen Friedens-Minister zu installieren, etwas ideenlos daherkam, war die Aufforderung, je einen Dollar für den Frieden auszugeben für jeden Dollar, der für den Krieg aufgewendet wird, unterstützenswert.
Nachdenklich machte auch die Forderung, mehr Transparenz in die „Werbung“ für die Demokratie zu setzen. Wenn man in Afrika für unsere Staatsform werbe und sie als die einzig wahre priese, solle man auch ehrlich zu den Fehlern und Schwierigkeiten der Demokratie stehen und sie erläutern. Die Demokratie, für die wir werben, sei nicht die, die wir leben. Das kann man so sicherlich unterschreiben.
Während die Forderung nach mehr kulturellem und nicht-gewinndenkendem Teilen, sowie der Wunsch, die natürlichen Ressourcen in die Hand des Volkes und nicht in die einiger Unternehmen zu stellen, etwas kurz kam, widmete Teller dem nächsten Punkt nicht nur viel Zeit zu, sondern auch am meisten Enthusiasmus.
Wir hätten heute mehr Sklaverei denn je zuvor. Dabei sprach sie nicht nur von Sex-Sklaven, sondern unter anderem auch von Niedriglöhnern, mit denen verfahren werden könne, wie man gerade wollte. Sie forderte im Namen aller Autoren, die an der Klausur teilgenommen haben, dass die Abschaffung dieser Missstände absolute Priorität auf der politischen Agenda haben solle. Der Mensch müsse unter allen Umständen vor dem Geld kommen.
Sehr interessant und sicherlich kontrovers zu diskutieren war noch der Einwand eines Autoren, die Politik solle endlich aufhören, uns alle fünf Jahre einen neuen gemeinsamen Feind zu präsentieren. Natürlich sprach er von der IS, die nicht einfach so aus der Luft und ohne finanzielle Mittel aus dem Westen entstanden sein könne. Sicherlich ginge da etwas vor im Nahen Osten und natürlich müsse man es beobachten und analysieren, aber das Schüren von Panik sei nicht der richtige Weg. Außerdem gebe es in jeder Religion humanistische Elemente, die nur erkannt werden müssten und auf deren Basis dann eine Verständigung möglich wäre.
Zum Ende der Pressekonferenz gaben die Autoren dann zu, keine magischen Ideen präsentieren zu können, da das Thema dafür einfach zu komplex wäre. Und auch, wenn die Politiker beschäftigt damit wären, sich auf den nächsten Wahlkampf vorzubereiten, wäre es schön, wenn sie sich ein paar Ideen aus dem nächste Woche kostenlos erscheinenden Kompendium der Ideen herauspicken würden.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Ideen, die die Autoren erarbeitet haben, nicht alle neu anmuten. Gerade das (Umver-)Teilen der Rohstoffe und die stärkere Partizipation des Volkes sind Ideen, die viele Parteien (zuvorderst natürlich die Piratenpartei) bereits mehr oder weniger vertreten. Allerdings darf man den Autoren auch nicht vorwerfen, ihre Zeit verschwendet zu haben, denn sicherlich hat sich niemand von der dreitägigen Klausur die eine, alles ändernde Idee erwartet. Man darf gespannt sein auf das umfassende Werk, das die Autoren demnächst für alle frei verfügbar herausgeben werden. Möglicherweise findet es ja auch beim einen oder anderen Politiker Zuspruch.