Es war für die Veranstalter sicher nicht leicht, im vorweihnachtlichen München einen Platz für eine Veranstaltung wie die „Platz da! – Flüchtlinge sind willkommen!-Demonstration zu finden, denn an vielen zentralen Plätzen stehen die Buden der Weihnachtsmärkte. Der Max-Joseph-Platz bot den Teilnehmern auf jeden Fall nicht genug Platz – man stand bis zum Odeonsplatz. Die Polizei sprach von 12.000 Teilnehmern. Allerdings darf diese Zahl bezweifelt werden. Denn das Gesamtareal des Max-Joseph-Platzes umfasst etwa ca. 6.000 m2. Da die Polizei den gesamten Bereich absperrte, ist die vom Veranstalter genannte Zahl von 25.000 Teilnehmern glaubhafter. Diese Einschätzung wird von der bekannten Schätzgröße „2-4 Personen pro m2“ zusätzlich gestützt. Die roten, orangen und grünen Fahnen waren in der Mehrzahl, auch Gewerkschaftler und ein kleiner, aber peinlich-lauter Haufen der Antifa war dabei. Auch die Fahnen von christlichen Organisationen waren in der Luft.
Nichts zu sehen, war dagegen von der CSU. Ein Demonstrationsteilnehmer bemerkte trocken, dass die CSU immerhin die Polizei geschickt hätte. Auf der Bühne waren neben dem Oberbürgermeister Dieter Reiter (seine Rede ist im grünen Kasten nachzulesen) auch Konstantin Wecker, die „Sportfreunde Stiller“, Max Uthoff und Claus von Wagner von der ZDF-Satieresendung „Die Anstalt“, vier Geistliche der großen Kirchen sowie ein Chor des Staatstheaters, auf deren Vorplatz die Demonstration ja stattfand. Beim Chor war man sich wohl einig, dass jeder Demonstrationsteilnehmer bei Beethovens Sinfonie „Freude, schöner Götterfunke“ mitsingen soll – deswegen wurden Notenblätter verteilt. Diese Maßnahme war aber nicht nötig, der Großteil der Demonstranten sang mit, ohne einen einzigen Blick auf den Text zu werfen.
Servus München, hallo. Schönen Abend.
Super, dass so viele Menschen hier sind, weil wir in München ein Zeichen setzen werden heute Abend. Ein Zeichen, dass München bunt ist und bunt bleibt. Ein Zeichen, dass München weltoffen ist, tolerant ist und beides auch bleiben wird. Bei uns, liebe Münchner, ist Platz für jeden Menschen. Für verschiedene Hautfarben, für Herkunft oder Muttersprache. Und: bei uns ist auch Platz für alle Religionen, für alle Gläubigen. Für die, die Freitags in die Moschee gehen, für die, die samstags in die Synagoge gehen, für die, die sonntags in die Kirche gehen und auch für die, die sonntags lieber zu Hause bleiben.
Meine Damen und Herren, weit über ein Drittel der Münchner hat einen Migrationshintergrund. Und das ist gut so. Und wir werden in München das Thema Integration hinbekommen. Wir haben es bewiesen und ehrlich, jeder, der in der Bundesrepublik unterwegs ist, in anderen Großstädten, würde nie auf die Idee kommen, dass München den größten Migrantinnen und Migratenanteil hat – weil wir es gut hinbekommen haben mit einer Politik, die auf Integration, nicht auf Ausgrenzung zielt. Und weil das so ist, bin ich auch ganz sicher, dass in München Platz für Flüchtlinge ist. Für Menschen, die zu uns kommen, weil sie nicht mehr weiter wissen. Ich möchte ihnen mehr als ein Dach über dem Kopf und etwas zu Essen bieten. Ich möchte ihnen Heimat bieten!
Die Münchnerinnen und Münchner haben sich in die letzten Wochen und Monaten unglaublich engagiert. Das zeigt sich auch heute wieder und deswegen ist heute die Gelegenheit auch einmal Danke zu sagen – danke an alle, die sich ehrenamtlich engagieren, sich damit beschäftigen, den Menschen hier eine Heimat zu bieten – Danke!Integration funktioniert, meine Damen und Herren. Wir haben es in München gemeinsam bewiesen. Es funktioniert mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern und mit einer vernünftigen Politik. Einer Politik, die den Menschen und nicht Kostenstellen in den Vordergrund stellen. Eine Politik, die Ängste abbaut und keine Ängste schürt.
Dieser Abend hier heute zeigt München von seiner allerbesten Seite. Tausende Menschen stehen hier heute und stehen auch gemeinsam gegen Rassismus und gegen Ausgrenzung und so ist das richtig. Und natürlich – es gibt eine bundesweit durchaus heftige Debatte um den richtigen Umgang mit PEGIDA. Und natürlich will ich auch sagen: Es handelt sich nicht bei jedem Teilnehmer einer PEGIDA-Demonstration um einen Rechtsextremen. Aber man darf auch nicht so tun, als trügen Menschen, die sich an solchen Demonstrationen beteiligen, keine Verantwortung dafür, wem sie hinterherlaufen. Die Teilnahme an einer Demonstration ist schon eine bewusste Entscheidung und damit tragen die Teilnehmer durchaus auch eine Verantwortung. Und aus dieser Verantwortung können und dürfen wir die Teilnehmer von PEGIDA-Demonstrationen auch nicht entlassen.
Ich kann daher nur alle bitten, darüber nachzudenken, und sich genau zu überlegen, welchen Interessen sie durch eine Teilnahme an solchen Demos Vorschub leisten und ob sie das tatsächlich wollen. Natürlich – demonstrieren soll man und demonstrieren darf man in unserem Land. Aber Maßgabe muss schon Artikel 1 des Grundgesetzes sein: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – und daran muss sich jede Demonstration richten. In München jedenfalls, und das zeigen Sie heute alle in eindrucksvoller Weise, ist kein Platz für Hetze, für Verleumdung von Menschen und dafür ist diese Demo heute Abend ein unglaublich tolles Zeichen. Herzlichen Dank, dass Ihr alle hier wart.
Danke!
Die Sprecher auf der Bühne äußerten Abscheu für die Plattitüden, die die „Sprücheklopfer von Dresden“ bei PEGIDA von sich geben. Verständnis für die „Sorgen und Nöte der Mitläufer“ seien nicht gerechtfertigt, denn auch wenn viele der dortigen Demonstranten Sorgen um ihren Arbeitsplatz hätten, von Geldsorgen geplagt werden oder an hohen Mieten oder Arbeitslosigkeit leiden – diese Sorgen hätten nichts mit dem Islam oder Flüchtlingen zu tun. Vielmehr seien „deutsche Versäumnisse“, das fehlende Zuwanderungsrecht, der Grund für viele Missstände. In Dresden werde eben nicht für „das Volk gesprochen“. Die freiwillig bei Asylinitiativen für die Flüchtlinge eintreten, die in Kirchengemeinden und Sportvereinen mit Dolmetscherdiensten helfen und Flüchtlinge integrieren, die in Unterkünfte gehen und beim Nötigsten helfen, repräsentieren Deutschland viel treffender.
Die Vertreter der Kirchen machten klar, dass PEGIDA nicht im Namen des Christentums spricht – und dass Jesus als Aramäer schon bei der Geburt ein Flüchtling war und Zeit seines Lebens Flüchtling blieb. Konstantin Wecker sang von einem Land, das eine Willkommenskultur besitzt. Dabei hat er, ganz offensichtlich, einen Teil unseres PIRATEN-Programms vertont.
Vor Ort waren etwa 25 PIRATEN, teilweise extra aus Düsseldorf angereist, um in München ein Zeichen zu setzen. Unsere Fahnen waren weithin sichtbar und schafften es, bis in die Nachrichtensendungen. Mit der Teilname an dieser Demonstration zeigten wir Präsenz und auch, wofür die Partei steht: Offenheit und Toleranz für die Schwachen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.