In Zeiten der dominierenden “Schwarzen Null” werden Politiker gerne erfinderisch. So hatte Verkehrsminister Meyer (SPD) aus Schleswig- Holstein eine interessante Idee: Warum sollte man die Lebensdauer der renovierungsbedürftigen Raderbrücke im Kreis Rendsburg- Eckernförde nicht durch den Einsatz neuer Überwachungstechnik verlängern?
“Section Control” heißt das neue Wunderwerk der Technik und es erfasst ausnahmslos jedes Auto auf der maroden Raderbrücke. Auf diese Art wollte Verkehrsminister Meyer alle Autofahrer mit Bußgeldern belegen, die auf der Brücke zu schnell fahren und dadurch die Bausubstanz der Brücke weiter schädigen. Die neue Technik würde ausnahmslos jeden Autofahrer fotografieren und das Land Schleswig- Holstein 700 000 € kosten. Also deutlich mehr als herkömmliche Messtechnik für Geschwindigkeiten. “Section Control” gilt darüber hinaus als recht fehleranfällig. Wie lange die Fotos der Autofahrer archiviert würden, war ebenfalls unklar.
Dies ist ein Verstoß gegen den Datenschutz, fand die Piratenfraktion in Kiel, denn so würden die Autos völlig unbescholtener Bürgerinnen und Bürger, die einfach nur über die Brücke fahren, fotografiert und die Daten gespeichert werden. Solche Technik kann sogar irgendwann zur Erstellung von Bewegungsprofilen genutzt werden und würde somit anlasslose Massenüberwachung bedeuten, vermutete die Piratenfraktion.
Im gemeinsamen Antrag mit der FDP vom 12.02.15 begründeten die Piraten ihre Ablehnung von “Section Control” sorgfältig und bezogen die Erfahrungen aus dem Land Niedersachsen mit ein. Dort war die Technik nämlich bereits im Einsatz. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass die “Section Control” mehr Unfälle verhindern würde, als herkömmliche Geschwindigkeitskontrollen, die momentan erheblich günstiger und weniger fehleranfällig sind, fanden die Piraten aus Kiel heraus.
Bisher liegen nämlich nur Untersuchungen vor, die auf Strecken durchgeführt wurden, bei denen vor dem Einsatz von “Section Control” gar keine Messungen durchgeführt wurden. Deshalb konnte der Beweis, dass mehr Autofahrer sich durch den Einsatz der neuen Technik zu einer regelkonformen Fahrweise befleißigen, als dies bei herkömmlicher Geschwindigkeitskontrollen der Fall ist, nicht erbracht werden.
Es ist auch keineswegs sichergestellt, dass Autofahrer, die zu schnell fahren, dies nicht weiterhin tun und nur für den Moment der Messung langsam fahren. Am gravierendsten sind jedoch die Grundrechtsverletzungen der anlasslos überwachten Autofahrer, begründeten die Piraten ihre Ablehnung im Antrag.
Nach der ersten Beratung der Piratenantrags im Kieler Landtag stand eines fest: Verkehrsminister Meyer (SPD) hatte ein Einsehen und beschloss am 19.02.15 auf den Einsatz von “Section Control” zu verzichten. Auf der Rader Hochbrücke werden nun vier konventionelle Messgeräte zum Einsatz kommen.
Der Antrag der Piratenfraktion wurde zur Beratung in die Ausschüsse verwiesen, aber auf Schleswig-Holsteiner Autobahnabschnitten wird es dank der Piratenfraktion zunächst keine Geschwindigkeitskontrollen durch die “Section Control”-Technik geben.
Der Landtagsabgeordnete der Piratenfraktion Patrick Breyer fordert nun auch das Land Niedersachsen auf, ebenfalls auf die umstrittene Erfassung der Autofahrer durch “Section Control” zu verzichten und erklärt der Presse:
“Deswegen muss jetzt endlich auch Niedersachsen akzeptieren, dass der dort geplante ‘Section Control’-Modellversuch illegal ist und vor den Gerichten keinen Bestand haben wird. Die Auffassung des dortigen Datenschutzbeauftragten, die eindeutigen Fahrzeugkennungen fielen nicht unter den Datenschutz, ist unhaltbar.”
Piraten wirken!