10. Dezember 2024

Bekenntniszwang in sozialen Medien

4 thoughts on “Bekenntniszwang in sozialen Medien

  1. Hat es auch vor Social Media schon gegeben. In der Französischen Revolution hat Maximilien de Robespierre eine Diktatur der Moral und Tugendhaftigkeit errichtet. Wer kein guter moralischer Mensch war wurde dann hingerichtet, Kopf ab. Ähnlich haben dann die „Roten Garden“ im kommunistischen Chinas Mao Zedongs während der Kulturrevolution gewütet.

    Im grunde ist es gut ein guter Mensch zu sein nur nicht alle Menschen welche sich sehr offensiv als „Gutmenschen“ vermarkten sind das auch. Das sollen die beiden historischen Beispiele zeigen.

    Heute herrscht ja u.a an den Universitäten Angst, viele Wissenschaftler meiden Forschungsthemen die teilen der „woken“ bubble widersprechen könnten. Irrer weise sogar bei Naturwissenschaftlichen Themen usw. Was auf der Strecke bleibt ist dann die offene, demokratische Debatten Kultur. Wer sich z.B. heutzutage offen als Jude und pro Israel an vielen Unis ausgibt ist seines Lebens ja auch net mehr sicher.

    Wie sollen Studenden gute Demokraten werden wenn an den UNIs selbst die Freiheit zunehmend unter die Räder kommt ?

  2. Guter Beitrag.

    Als Musiker kenne ich das ganz gut. Ständig wird gefragt, wie man zu diesem oder jenem steht und während ich da als Privatperson mitunter durchaus Meinungen habe und diese auch teile, so tue ich dies auf den Künstleraccounts auf Plattformen, auf denen ich nur als Künstler unterwegs bin, eben nicht. Diese dienen einzig und allein der Vergrößerung meiner Reichweite als Künstler. Dennoch, es wird erwartet, dass ich auch als Künstler eine Ansicht habe und diese vertrete. Warum? Kunst ist Kunst.

    Tatsächliche, echte Unterhaltung, die mir neulich auf Social Media auf einem meiner Künstleraccounts aufgedrückt wurde:

    Dude: „Ich mag deine Musik.“
    Ich: „Danke, das freut mich zu hören.“
    Dude: „Ja Mann, aber ich verstehe die Aussage nicht.“
    Ich: „Welche Aussage?“
    Dude: „Na die politische Aussage. Ich finde da keine. Das verstehe ich nicht.“
    Ich: „Da ist ja auch keine drin.“
    Dude: „Aber warum machst du dann Musik?“
    Ich: „Weils Spaß macht. Und weil das Ergebnis Menschen gefällt.“
    Dude: „Hä?“

    Leute, nicht alles muss eine politische Aussage haben. Manches macht auch einfach nur glücklich oder traurig oder macht sonst was mit Einem, wenn man es hört, liest, sieht, etc. Das ist ok. Kunst darf auch einfach nur mal gefallen. Sie muss nicht zwingend politisiert werden.

  3. Ein paar Anmerkungen, Hinweise und konstruktive Kritik:

    1. Selbst wenn du kategorisch zwischen staatlicher und sozialer Repression unterscheidest, so suggeriert die Wahl deiner Absätze, dein Layout und die Gedankenstruktur, dass Unterdrückung von Meinungen unter Androhung oder Einsatz des staatlichen Gewaltmonopols mit dem sozialen Phänomen des Shitstorms und „Cancel Culture“ gleich schwer wiegen würden.

    1.1 Rhetorisch machst du die Unterscheidung ja, aber das wird nur einer kleinen Leserschaft auffallen / im Gedächtnis bleiben. Das Gros deiner Rezipientis wird in die Schwurbler-Falle laufen und den Fortschrittsdruck der Zivilgesellschaft mit staatlichen Hoheitsakten gleichstellen.

    1.2 „Die da oben!“, das „Establishment“ „zwinge“ jetzt alle zum „Gendern“, „verbiete das Schnitzel“, schaffe meine Heizung ab (so, dass „ich frieren müsse“) und „klaut“ mir mein (Verbrenner-)Auto!

    1.3 Merkt ihr was?
    Ein paar der eben genannten Beispiele sind staatliche Hoheitsakte (Gesetze) und ein paar der Beispiele sind „nur“ gesellschaftlich bedingte Veränderungen von Konventionen und Umgangs-Normen. Hättet ihr einen Unterschied daraus gemacht? Wohl eher nicht. So geht es zumindest den meisten, die sich wenig(-er) mit Politik im Detail beschäftigen. Alles was hängen bleibt ist Repression. Von egal wem, egal wie. Hauptsache dagegen sein. Das ist die Diskussionskultur der USA, die wir heute erleben. Befeuert durch die Neue Rechte (Populisten) und Alt-Linken, wie Wagenknecht (BSW).

    2. Konformität und Meinungspluralität sind nicht zwingend ein Gegensatz.

    2.1 Parteien (auch die Piraten) leben von unterschiedlichen Meinungen innerhalb der eigenen (sozialen, im Falle von Parteien auch juristischen) Gruppe. Wir streiten (demokratisch, sachlich) um die Details zu einzelnen Positionen. Du, Sperling, z.B. bist bedingt durch deine Sozialisation gewiss in manchen Ansichten ein Produkt deiner Generation, deines kulturellen und sozialen Umfeldes, des Zeitgeistes in dem du aufgewachsen bist und deiner (negativen) Erfahrungen. Das gilt natürlich für uns alle. Auch die „jungen“ und „linken“, die vlt. eher was mit dem „woken Scheiß“ anfangen können.

    2.2 Peer-Pressure ist nicht zwingend etwas schlechtes. Wer die eigene Gedankenstruktur und Weltanschauung auf Empathie und Emotionen aufbaut (Typ-Frage) wird derartige soziale Phänomene brauchen, um in unserer Gesellschaft durch den Tag zu kommen. Ich weiß, du Sperling, willst auf die Aufklärung, auf sapere aude, Non-Konformismus und Authoritätskritik hinaus. Bei einigen rationaler gestrickten Menschen, die Argumente über alles stellen und zu ambivalenten Positionen neigen mag das auch wirken. Einige andere verlierst du mit deinem Text aber an verschwörungsideologische, fundamentalistische und politisch extremistische Rattenfänger.

    2.3 Cancel Culture kann auch konstruktiv und notwendig sein.

    2.3.1 Gerichte „canceln“ tagtäglich die Karriere und den Ruf von Menschen – auch öffentlich durch Pressemitteilungen. Selbiges gilt für gut recherchierten, fundierten, seriösen Investigativjournalismus. Meinungsblogger (sogenannte Influencer) zerlegen auf Social Media regelmäßig die perfiden Maschen und Argumentationsmuster von noch viel unseriöseren Figuren des Öffenlichen Lebens. Dabei müssen hin und wider auch Karrieren und Images von Menschen dran glauben (z.B. erst Andrew Tate vs. Greta Thunberg, dann Greta Thunberg vs. Israel).

    2.3.2 Rezo hat vor 5 Jahren massiv zum damaligen und heutigen Erfolg der politischen und zivilgesellschaftlichen Grünen (FFF, Extincion Rebellion, Greenpeace, „Klimakleber“, usw.) beigetragen. In seinem „Die Zerstörung der CDU“ hat er alle Mechaniken des „Canceln“ genutzt und sich bewusst seiner Reichweite (-> Shitstorm) bedient. Was der Unterschied zu „toxischer“ Cancel Culture ist? Ganz einfach. Fakten, Quellen, Belege. Rezo stellte nicht einfach neue Vorwürfe in den Raum und griff so die Unschuldsvermutung an. Nein. Ein Rezo stellte lediglich altbekanntes zusammen, strukturierte und schuf rhetorisch und emotional einen Kontext, der in der Breiten Masse der Bevölkerung so geistig noch nicht ins Gedächtnis gerückt war. Im Grunde wie die in 2.3.1 genannten staatlichen Akteure. Mit dem Unterschied: Rezo ist eine Privatperson und nicht der Staat. Hat es der CDU/CSU geschadet was Rezo damals gemacht hat? Jein. Ist das legal was er gemacht hat? Definitiv! Ist das „Cancel Culture“? Per Definition: Ja. Toxisch und destruktiv? Auf keinen Fall! Wenn die Union nicht kritisiert werden will, muss sie eben bessere Politik machen.

    3. WAS du sagst mag richtig und wichtig sein. WIE du deinen Kommentar aufbaust führt aber leider zu einem von dir ungewünschten Ergebnis. Ich persönlich hätte mir jedenfalls ein bisschen mehr Ambivalenz in deinem Text gewünscht.

    1. Hi Leon, dann schreibe selbst einen Artikel in dem du Konformitätsdruck und mobbing bei diskonformität als etwas positives darstellst. Ich empfinde das als zutiefst undemokratisch.

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