
Saad Faruque
Einige Fragen bleiben dennoch offen: Wie kann nachgewiesen werden, dass ein Unfall wirklich durch ein Problem mit der Software verursacht wurde? Kann ein Fahrzeugbesitzer oder -eigentümer überhaupt noch haftbar gemacht werden? Bedeutet es in der letzten Konsequenz, dass KFZ-Versicherungen überflüssig werden? Oder müssen Mitfahrer vor jedem Start einer Lizenzvereinbarung (EULA) zustimmen, die den Hersteller von der Haftung freistellt?
Programmieren der Autos von Benutzern wird nicht legal möglich sein
So verlockend die Aussicht für Bastler und Hacker auch sein mag: Nein, die Fahrzeuge werden nicht vollständig selbständig umprogrammiert werden können. Jeder Hack wird als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gemäß §315b StGB verfolgt werden. Trotzdem muss es die Möglichkeit geben, die Software auf eventuelle Hintertüren oder Sicherheitslücken zu überprüfen, auch und gerade zur Klärung der Schuldfrage bei Unfällen. Ob sich das mit proprietärer Software umsetzen lässt, muss geklärt werden – wahrscheinlich ist dies aber nicht, da der Hersteller kaum als neutrale Instanz gelten kann.
Hoffentlich gibt es Sicherheitsupdates
Wer ein Android-Smartphone besitzt, kennt das Problem: Kaum ist das Gerät älter als ein Jahr, gibt es keine Software-Updates mehr. Autos werden aber in der Regel über einen Zeitraum von über 10 Jahren gefahren. So lange sind dann auch mindestens noch Sicherheitsupdates für die Fahrzeuge nötig. Auch die Infrastruktur mit zentralen Servern muss während der Lebensdauer des Fahrzeugs erhalten bleiben: Niemand möchte, dass sein Auto nach zwei Jahren die Straßen nicht mehr kennt.
Auf diesen Langzeitsupport müssen die Hersteller verpflichtet werden, damit es nicht zu gravierenden Sicherheitslücken kommt. Dazu genügt es nicht, eine entsprechende Haftung bei nicht-erstellten Patches in Gesetzesform zu gießen: Im Zweifelsfall ist der Hersteller eine Tochterfirma eines anderen Konzerns und geht in die Insolvenz. Ist der Eigentümer des Fahrzeugs dann für eventuell auftretende Fehler haftbar zu machen, auch wenn er keine Möglichkeit hat, das zu beeinflussen?
Es ist jederzeit bekannt, wo sich ein Fahrer aufhält
Zugegeben, die meisten Menschen sind heute schon dauernd ortbar: Jeder, der ein Mobiltelefon mit sich herumträgt, kann jederzeit von seinem Mobilfunkanbieter lokalisiert werden. Bei Smartphones funken häufig installierte Apps den Standort regelmäßig an einen zentralen Server. Und das Navigationsgerät in Autos kann dazu verwendet werden, die Fahrten aufzuzeichnen, wie ein Ford-Manager offen zugegeben hat.
Bei selbstlenkenden Fahrzeugen wird sich das noch weiter steigern: Da das Auto den Weg zwischen zwei Punkten finden muss, kann es auch gleich die aktuellen Verkehrsdaten von einem zentralen Server abrufen, um die optimale Route berechnen zu können, wenn die Berechnung nicht gleich auf dem zentralen Server stattfindet. Um die Daten genauer halten zu können, wird jedes Fahrzeug seine Kenndaten wie aktueller Aufenthaltsort, aktuelle Geschwindigkeit und die Anzahl von Fahrzeugen in der Umgebung an den Server zurücksendet.
Arbeitsplätze für Berufskraftfahrer werden wegrationalisiert
Carsharing-Angebote, die wirtschaftlich betrachtet Kurzzeit-Autovermietungen darstellen, werden boomen. Einfach per Smartphone ein Fahrzeug bestellen, in kurzer Zeit fährt es von alleine vor. Taxis werden überflüssig und die Fahrgäste werden auf diese Systeme umsteigen, weil das Bezahlen einer Person für das Lenken eines Fahrzeugs im Vergleich mit einem Computer und Sensorik einfach zu teuer ist.
Genauso wird es sich mit LKWs verhalten: Wenn ein Fahrer nach 4,5 Stunden eine Pause machen muss und am Tag nicht mehr als 10 Stunden fahren darf, führt dies zu langen unrentablen Standzeiten von Fahrzeugen. Ein selbstlenkender LKW kann rund um die Uhr durchfahren – von Tank- und Ladepausen abgesehen. Der Beruf des Tankwarts wird wieder neu entstehen, zumindest bis zur Flächendeckenden Einführung von Tankrobotern.
Netzneutralität muss dringend festgeschrieben werden
Hersteller von Autos werden auf verschiedenen Wegen versuchen, miteinander zu konkurrieren. Wie oben bereits erwähnt, werden die Fahrzeuge ständig über das Internet kommunizieren. Dabei ist es notwendig, dass es keine Marktverzerrung gibt, wenn ein bestimmter Hersteller nur über ein Netz kommuniziert oder von bestimmten Netzbetreibern bevorzugt wird.
Der Betreiber der LKW-Maut Toll Collect ist ein gemeinsames Unternehmen der Deutschen Telekom und von Daimler. Diese Zusammenarbeit darf nicht zu einer gegenseitigen Vorzugsbehandlung der beiden Partner führen, denn dies erschwert neuen Teilnehmern den Marktzugang.
Fazit
Selbstlenkende Fahrzeuge werden weite Bereiche der Gesellschaft so stark verändern wie kaum eine Technik vorher. Diese Veränderungen zu antizipieren und für die Allgemeinheit positiv zu gestalten, ist Aufgabe der Politik.
Sicherlich sind hier nicht alle Aspekte aufgelistet: Wie wird die Nutzung von Fahrzeugen in Zukunft aussehen? Wird der Straßenverkehr zunehmen, während gleichzeitig die Fahrzeuge in engeren Abständen und gleichmäßiger fahren werden? Wie muss der ÖPNV auf den veränderten Individualverkehr angepasst werden?
Zum Abschluss noch eine steile These: Nach der Zulassung von selbstlenkenden Autos wird die Zahl der Verkehrstoten zurückgehen, sodass darüber diskutiert wird, ob überhaupt noch von Menschen gesteuerte Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen erlaubt sein sollen.