
Piraten wirken | CC BY 2.0 Michael Renner

Am 5.8.2015 erreichte der Streit um die Veröffentlichung geheimer Dokumente zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr einen neuen Höhepunkt. Die „Funke Mediengruppe” hatte die Papiere im Jahr 2012 ins Internet gestellt. Aber das wollte sich die Bundesregierung nicht bieten lassen und bedrohte die Verantwortlichen mit einer Zwangsvollstreckung. Deshalb war die Funke Mediengruppe aus Nordrhein-Westfalen nun gezwungen, die Dokumente aus ihrem Online- Portal zu löschen. Engagiert griffen die Piraten der NRW-Fraktion ein: Sie beschlossen die internen Papiere selbst zu veröffentlichen, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und die Pressefreiheit zu schützen.
Der Hintergrund
Seit 2012 dauert nun schon der Streit der Funke Mediengruppe um tausende Dokumente zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan an. Diese stammen aus dem Verteidigungsministerium, tragen den Vermerk „VS (Verschlusssache)– nur für den Dienstgebrauch” und waren ursprünglich für die Abgeordneten im Verteidigungsausschuss des Bundee bestimmt, der in Berlin unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagt.
Die Papiere belegen, dass das Risiko für deutsche Soldaten in Afghanistan deutlich höher war, als das Ministerium offiziell behauptete. Die Bürgerinnen und Bürger wurden also systematisch belogen und die Wahrheit über die Gefährlichkeit des Afghanistan-Einsatzes unter den Teppich gekehrt. Um dem Verlag endgültig einen Maulkorb zu verpassen, also die unliebsamen Dokumente aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen, warf das Verteidigungsministerium der Mediengruppe Funke vor, gegen das Urheberrecht verstoßen zu haben.
Ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln gab dem Ministerium recht, aber der Verlag will weiter dafür kämpfen, dass die Papiere der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.
Deshalb legte Funke in diesem Jahr „Nichtzulassungsbeschwerde“ beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ein. Der Prozess kann ein bis zwei Jahre dauern. Sollte sich das Gerichtsverfahren über Monate und Jahren hinziehen, wären die Unterlagen nach Beendigung uninteressant geworden. Dieser Effekt, durch Verzögerung Zeit zu gewinnen und dadurch die Brisanz der Dokumente zu relativieren, käme dem Ministerium mutmaßlich nicht ungelegen.
Nach der Anklage von netzpolitik.org versucht wieder ein Ministerium in die Pressefreiheit einzugreifen. Das Verteidigungsministerium gönnte sich dabei keine so leicht angreifbare Flanke wie Generalbundesanwalt Range, der die Blogger von Netzpolitik.org gleich wegen Landesverrat anklagte und damit viel Staub aufwirbelte. Schnell wurden Rücktrittsforderungen gegenüber Range immer lauter, bis Bundesjustizminister Heiko Maas am 4.08.15 seinen Generalstaatsanwalt „feuerte”. Es wird aber auch immer offensichtlicher, dass der Skandal um die Ermittlungen gegen netzpolitik.org zunehmend weitere Kreise zieht: Justizminister Heiko Maas wusste eventuell Bescheid, das Bundeskanzleramt sicher ebenfalls, aber hochvermutlich auch Innenminister Thomas de Maizière.
Die diffizileren Methoden des Verteidigungsministeriums gegenüber der Funke-Mediengruppe passen in das Schema, investigativen Journalismus zu verhindern. Sie laufen nämlich auf dasselbe hinaus: Die Öffentlichkeit soll uninformiert bleiben – unbequeme Journalisten werden mit juristischen Tricks behindert und mittels Strafen bedroht. Respekt vor dem Grundgesetz, konkret Artikel 5 „Pressefreiheit” – komplette Fehlanzeige!
Piraten wirken!
Die Piraten der Fraktion des NRW-Landtags haben vor, eine Lanze für die Pressefreiheit und Transparenz zu brechen. Sie handelten und beschlossen die Dokumente weiterhin zu veröffentlichen. Auf einen Rechtsstreit mit dem Verteidigungsministerium ist die Piraten-Fraktion vorbereitet.
Marc Grumpy Olejak, Parlamentarischer Geschäftsführer der Piratenfraktion im Landtag NRW erklärt der Presse: „Wir als Piratenfraktion im Landtag NRW stellen uns hinter die WAZ/Funke-Gruppe: wir werden die ‚geheimen‘ Afghanistan-Papiere des Verteidigungsministeriums weiterhin veröffentlichen und ermuntern die WAZ/Funke-Gruppe, dies ebenfalls zu tun. Notfalls muss dieser absurde Kampf bis vor den Bundesgerichtshof getragen werden.
Die Gutsherrenart der Bundesregierung muss ein Ende haben. Egal, ob es die Ermittlungen gegen netzpolitik.org sind, oder die lächerlichen Vorwürfe gegen die WAZ/Funke-Gruppe: die Bundesregierung muss einsehen, dass auch sie die Grundrechte zu achten hat. Immerhin war es ein und die selbe Person, die beide Verfahren initiiert hat: Der damalige Verteidigungsminister und heutige Innenminister Thomas de Maizière. Dies zeigt eindeutig, dass Generalbundesanwalt Range lediglich ein Bauernopfer ist und die wahren Schuldigen mit dubiosen Machenschaften eine Etage höher sitzen.”
Das Traurige ist, dass dieser Fall eindrucksvoll die Überwachungs- und Kontrollphantasien von Ministerien und Politikern offenbart. Aber wir Piraten werden weiter für Freiheit kämpfen und Pressefreiheit ist ein essenzieller Garant dieser Freiheit. Piraten wirken!