Unternehmen, die ohne Chef auskommen und die auf Mitbestimmung der Angestellten setzen, sind längst kein Traum realitätsferner Theoretiker mehr. Es gibt diese Firmen, die einen an “volkseigene Betriebe” erinnern und andere nachhaltiges, grünes Wirtschaften assoziieren lassen.
Dabei handelt es sich um kleine, hochmotivierte Unternehmen, für die Ideologien sicher nicht das Wichtigste sind. Sie haben Fakten geschaffen, statt zu diskutieren und behaupten sich – entgegen der Prognosen konservativer Wirtschaftsexperten- am Markt.
Was sind das für Unternehmen, die zeigen, dass eine solche Firmenstruktur funktioniert?
Seit dem Jahr 2008 beweist Uwe Lübbermann mit seiner Firma Premium, dass es möglich ist ein Unternehmen als Kollektiv zu organisieren, auf Werbung, Schulden anhäufen und Gewinnziele zu verzichten und Entscheidungen durch eine Konsensdemokratie innerhalb der Firma zu organisieren.
Bekannt wurde das Unternehmen für sein Produkt “Premium Cola”, hergestellt nach dem leicht variierten Rezept der älteren Cola-Marke Afri-Cola.
Die Firma Premium stellt das normale Wirtschaftssystem auf den Kopf: Großabnehmer bekommen keine Rabatte wie üblich, kleine Händler werden belohnt, damit sie das Getränk verkaufen können. Der Besitzer will den “Kapitalismus reparieren”. Sein Ziel: Jeder soll gut behandelt werden.
Rund 1560 in irgendeiner Form Beteiligte dürfen bei Entscheidungen des Unternehmens mitreden. Trotzdem arbeitet das Kollektiv meist zielstrebig und hat wirtschaftlichen Erfolg. Das Konsensprinzip bei der Entscheidungsfindung funktioniert – laut Uwe Lübbermann- noch nicht immer, denn manchmal muss er die Entscheidungen treffen, wenn sich der Prozess festgefahren hat. Presseartikel und Vorträge des Besitzers haben auch andere Unternehmen auf das Konzept neugierig gemacht.
Deshalb berät Uwe Lübbermann inzwischen drei weitere Firmen: den Zahnbürstenhersteller Swak, einen Olivenölhersteller aus Wien und eine große niederländische Brauerei.
Ähnliche Experimente wagte Maren Hessler mit ihrem Beratungsunternehmen Kessels & Smit. Das erfolgreiche Unternehmen hat 50 Mitarbeiter. Sie haben alle die gleichen Rechte. Entscheidungen treffen die Angestellten basisdemokratisch und gemeinsam. Alle sechs Wochen treffen sich die Mitarbeiter für einen Tag, einmal im Jahr für mehrere Tage, um die grundsätzliche Ausrichtung der Firma zu besprechen.
In Offenbach arbeitet die Veranstaltungsagentur CPP Studios mit 20 Mitarbeitern nach einem ähnlichen Prinzip. Feste Arbeitszeiten gibt es bei CPP nicht. Auch keine festen Arbeitsplätze. Alle erhalten denselben Lohn und wechseln ihre Aufgaben. Eigentlich klingt das nach heillosem Chaos. Aber der Geschäftsführer Gernot Pflüger schwört, dass das Konzept funktioniert und Freiraum schafft, sodass die Menschen gerne, besonders engagiert und flexibel in der Firma arbeiten.
Fazit
Wirtschaftsexperten engagieren sich mittlerweile für alternative Konzepte. Seit 2008 findet die Internationale Degrowth-Konferenz für ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit (engl. International Conference on Degrowth for Ecological Sustainability and Social Equity) im Abstand von zwei Jahren statt.
Dort geht es um Themen der Wachstumskritik, Wachstumsrücknahme und neue Konzepte. Praktiker, Aktivisten und Wissenschaftler diskutieren und arbeiten gemeinsam an der Entwicklung neuer Ideen. In diesem Jahr 2016 findet in Budapest die nächste Konferenz statt. In Deutschland haben Christian Felber mit seinem Buch “Gemeinwohl Ökonomie” und Nice Paech solche Alternativkonzepte bekannt gemacht.
Niko Paech, Volkswirt und Gastprofessor am Lehrstuhl für Produktion und Umwelt an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, forscht im Bereich der Umweltökonomie, der Ökologischen Ökonomie und der Nachhaltigkeitsforschung. Auch ihm geht es um ein Wirtschaftssystem, das nicht auf Wachstum sondern Wachstumsrücknahme basiert. Menschen meint er, wären durch stetigen Konsum psychisch überfordert, ja letzten Endes unglücklich, während die Umwelt durch zunehmenden Ressourcenverbrauch immer weiter geschädigt würde.
Christian Felber ist ein österreichischer Autor, der sich auf Wirtschaft und Gesellschaft spezialisiert hat. Er gründete Attac Österreich mit, ist Initiator des Projektes „Bank für Gemeinwohl“ und erfand das Wirtschaftskonzept der „Gemeinwohl-Ökonomie“.
Die “Gemeinwohl Ökonomie” ist sogar eine internationale Bewegung geworden, in der sich Menschen zusammenschließen, “der nächsten Generation eine lebenswerte Erde” hinterlassen wollen, so Christian Kozina, zuständig für Internationale Koordination.
Utopie oder Realität? Es gibt Konzepte, Ideen und Unternehmen, die mittlerweile beweisen, dass es Alternativen zu einem Kapitalismus gibt, dessen destruktive Seiten wir immer stärker zu spüren bekommen. Und das Interesse an diesen Ideen wächst.