Die Beziehung zwischen einer Partei und ihrer Jugendorganisation ist oft kompliziert. Im Fall der Piraten muss im Jahr 2016 wohl von einem zerrütteten Verhältnis gesprochen werden. Ein Antrag zur Bundesmitgliederversammlung 2016.Q3 der Jungen Pirat*innen in Würzburg forderte nun “eine Zukunft der Jungen Pirat*innen abseits der Piratenpartei – und fand eine Mehrheit unter den elf akkreditierten JuPis. Die Reaktion des BuVo lies nicht lange auf sich warten: Stefan Körner wünschte der bisherigen Jugendorganisation auf ihrem neuen politischen Weg „Alles Gute und viel Erfolg“ und kündigte gleichzeitig die Gründung einer neuen Jugendorganisation der Piratenpartei an.
Tatsächlich ist es umstritten, ob die “Jungen Pirat*innen” überhaupt Teil der Piratenpartei waren. Auf der BMV 2016.Q3 waren Stimmen von “Die Spenden waren immer ohne festen Zweck, was wir jetzt mit dem Geld machen, ist unser Ding” bis zu “Wir waren noch nie fest an die Partei gebunden, wir waren immer schon unabhängig” zu hören. Das trotzige Schweigen zwischen den JuPis und der Partei, unterbrochen von mehreren Versuchen der Kommunikation, die wegen zu hoher Erwartungen beider Seiten zu nichts führten, war jedenfalls nicht zu ignorieren. Ob zukünftig die BGS in Berlin weiter genutzt werden darf oder kann, muss geklärt werden. Doch selbst falls die P9 dem “europe beyond division e.V.” als Versammlungs-, Verwaltungs- und Lagerort erhalten bleibt, könnten dem Verein Kosten wegen eines steuerlichen Vorteils entstehen.
Spannend dürfte auch die Frage sein, wem der Twitter-Account @JungePiraten gehört, wenn die Jungen Piraten keine Jungen Piraten mehr sind. Unklar ist auch die Zukunft der OpenMind, die in den letzen Jahren von den JuPis organisiert wurde. Einige Piraten kündigten inzwischen an, ihre Fördermitgliedschaft bei den Jungen Piraten zu beenden. Ob dies Einzelstimmen sind, oder weitere Gliederungen und andere Piraten ebenso verfahren, muss abgewartet werden.
Doch trotz aller unklaren Verfahrensfragen stecken in den getrennten Wegen, die nun beschritten werden, auch Chancen. Die Jungen Piraten denken “in Sachen Europa” wesentlich unverkrampfter als die “eigentliche Piratenpartei”, da für die meisten ihrer Mitglieder Grenzen und nationale Währungen nur eine Erzählung aus einer längst vergangenen Zeit sind. Kein Wunder, dass ihre Vorstellungen für ein zukünftiges Europa deutlich visionärer sind als das “wie wir Europa ausbauen wollen”-Wahlprogramm der Piraten. Für die besteht die Chance der Trennung darin, einer innerparteilichen Opposition “Mast-, und Schotbruch” zurufen zu können, um mit einer von Streitereien unbelasteten Jungendorganisation einen Neuanfang zu wagen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.